CEO Wheely: „Wir vertrauen auf deutsche Qualität“

CEO Wheely: „Wir vertrauen auf deutsche Automarken“

Wheely ist ein russischer Premium-Fahrdienstleister, der unter anderem in Moskau und London operiert. Zum Service des Uber-Konkurrenten gehört der Transport in einer deutschen Limousine, Sonderwünsche wie Musik und Temperatur, ein Fahrer im Business-Anzug und die persönliche Abholung am Flughafen. Im Ostexperte.de-Interview spricht CEO Anton Chirkunov über deutsche Automarken, das Marktpotential im Luxussegment und die Auswirkungen der Wirtschaftskrise.

Wheely
Wheely ist ein russischer Online-Fahrdienstleister in der oberen Mittelklasse und im Luxussegment. Er operiert laut Eigenangaben in London, Moskau, Sotschi und St. Petersburg. Zum Fuhrpark gehören Fahrzeuge der Marken Mercedes-Benz, Audi und BMW.

Herr Chirkunov, wann haben Sie Wheely gegründet?

Ich habe das Unternehmen im Jahr 2010 gegründet. Kurz davor studierte ich in der Schweiz an der Universität St. Gallen. Damals war der Markt für Ride-Hailing noch sehr frisch. Am Anfang hatten wir noch nicht das optimale Geschäftsmodell gefunden. Nach zahlreichen Versuchen sind wir schließlich im Premiumsegment angekommen. Derzeit liegt unser Bruttoumsatz durch Bestellungen bei rund 50 Millionen Dollar pro Jahr. Der jährliche Zuwachs übersteigt 100%, obwohl der Markt in Moskau extrem umkämpft ist. Aber Wheely war schon immer stärker international orientiert als andere Start-ups in Russland. Wir operieren auch in London.

Welche Dienstleistungen bieten Sie an?

Wir sind ein Fahrdienstleister im Premiumbereich. Rund 80% unserer Fahrzeuge sind von Mercedes-Benz, darunter E- und S-Klasse sowie Maybach. Deutsche Leser können Wheely am ehesten mit dem Berliner B2B-Fahrzeugdienstler Blacklane vergleichen, wobei wir stärker auf das B2C-Segment fokussiert sind. Wir bieten On-Demand-Dienstleistungen und Vorbestellungen an. Unser Service wird hauptsächlich von Privatnutzern verwendet, die innerhalb einer Stadt von A nach B fahren wollen. Nur rund 10% aller Fahrten entfallen auf Flughafentransfers.

Warum können Wheely-Nutzer nur deutsche Automarken bestellen?

Für uns ist es wichtig, den Nutzern die höchsten Standards anzubieten. Wir sind sehr wählerisch bei den Automodellen, die wir auf unserer Plattform bereitstellen. Vor kurzem haben wir ein Pilotprojekt mit dem Volvo S90 gestartet, um herauszufinden, ob das Modell den Ansprüchen unserer Kunden entspricht. Aber tatsächlich stammen die meisten unserer Fahrzeuge von den drei deutschen Top-Automarken Mercedes-Benz, BMW und Audi.

Wo gibt es denn einen Bedarf für Ihren Service?

Unser Service wird vor allem in Großstädten wie Moskau benötigt. Dort ist die Nachfrage viel stärker als zum Beispiel in Jekaterinburg oder Kasan. Aber auch Metropolen in Westeuropa wie London und Paris haben ein großes Potential. Großbritanniens und Russlands Hauptstädte sind relativ ähnliche Märkte. Deshalb gab es Anfang 2018 einen Relaunch unserer Dienstleistung in London. In Zukunft wollen wir weitere Städte erobern. Sie sollten jedoch mindestens 10 Millionen Einwohner haben, weil dort die höchste Konzentration an Wohlstand vorzufinden ist.

Wie unterscheiden Sie sich von anderen Diensten wie Yandex, Gett oder Uber, die ebenfalls Business- und VIP-Optionen anbieten?

Wir haben eine starke Marke, die unsere Nutzer zu schätzen wissen. Viele Dienstleistungen werden Sie bei anderen Anbieten nicht finden. Kürzlich haben wir zum Beispiel die Möglichkeit eingeführt, Kunden mit einem Namensschild am Flughafen abzuholen. Der Name auf dem Schild darf beliebig verändert werden, weil einige Nutzer aus Gründen der Privatsphäre nicht möchten, dass der echte Name öffentlich angezeigt wird. Selbstverständlich haben wir bei den Fahrern eine sehr strenge Qualitätskontrollen, um den bestmöglichen Service zu gewährleisten.

Wer ist denn Ihre Zielgruppe?

Der wichtigste Faktor ist das Einkommen. Unsere Kunden sind Menschen, die hohe Qualität zu schätzen wissen. Sie sind bereit, für Sicherheit und Komfort mehr zu bezahlen als bei anderen Anbietern. Alter und Geschlecht wiederum sind keine ausschlaggebenden Faktoren.

Wie beliebt ist Wheely bei Touristen?

Touristen sind nicht unsere Kernzielgruppe. Aber selbstverständlich haben wir bemerkt, dass immer mehr Touristen und ausländische Geschäftsleute unseren Service verwenden.

In welchen russischen Städten gibt es die höchste Nachfrage?

Das größte Volumen verzeichnen wir in Moskau und St. Petersburg. Auch Sotschi ist während der Urlaubssaison im Winter und Sommer wichtig für uns, obwohl es im Vergleich ein kleiner Markt ist. Andere Städte in Russland sind tendenziell eher keine Schlüsselmärkte.

Wie hat sich die Fusion von Yandex und Uber auf dem russischen Markt auf Ihr Geschäft ausgewirkt?

Gar nicht. Die meisten Nutzer der Premiumfunktion Uber Black sind Gelegenheitskunden, die üblicherweise den günstigen Tarif uberX auswählen. Unsere Kunden dagegen wählen uns aus, weil sie explizit einen Luxusservice wollen. Deshalb gibt es kaum Überschneidungen zwischen Wheely und Uber bzw. Yandex. Außerdem wächst der Markt derzeit rasant.

Welchen Einfluss hatten Krise und Rubelabwertung auf Wheely?

Trotz Wirtschaftskrise ab 2014 sind unsere Zahlen in Russland um über 100% pro Jahr gewachsen. Auch in Krisenzeiten gibt es Kunden, die nicht auf Qualität verzichten möchten.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Chirkunov.

Dieses Interview führte Ostexperte.de-Chefredakteur Thorsten Gutmann.

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Titelbild: © Wheely