Gabriel erntet Kritik für Forderung nach Sanktionsabbau
Im Zuge der 54. Münchner Sicherheitskonferenz forderte Sigmar Gabriel abermals einen Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland. Für diese Aussage erhält der Bundesaußenminister vor allem aus der Union und von den Grünen heftige Kritik.
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, greift Außenminister Gabriel verbal an. Dessen Forderung nach einem Ende der Russland-Sanktionen sei ein „völlig falsches Signal“, sagte Röttgen dem WDR. Moskau habe im Konflikt mit der Ukraine „noch keinen Millimeter der Minsker Vereinbarung erfüllt“. Zunächst müsse Russland schwere Waffen von der Grenze abziehen. „Ansonsten versteht Putin diese Diskussion nur als Ermunterung, nichts an seiner Politik zu ändern.“
„Russland sollte in uns etwas anderes sehen als einen Gegner“, erklärte Gabriel auf der Münchner Sicherheitskonferenz kurz vor einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. „Wir müssen es schaffen, einen Waffenstillstand in der Ukraine durchzusetzen, schwere Waffen dort rauszukriegen“, so der deutsche Außenminister. „Wenn man Fortschritte macht, dann muss man Fortschritte auf beiden Seiten spüren.“ Im Klartext heißt das: Wenn Fortschritte beim Waffenstillstand erzielt werden, dann müsste die EU mit einem Abbau der Russland-Sanktionen entgegenkommen. Darüber hinaus sprach sich Gabriel erneut für einen Ausbau der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 aus.
Grüne und Union gegen Ende der Sanktionen
Auch der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul (CDU) kritisiert Gabriels Vorstoß gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. „Eine schrittweise Lockerung der Sanktionen kommt für uns nicht in Betracht. Von Minsk ist noch nichts umgesetzt.“ Eine Forderung nach einem Abbau der Sanktionen widerspreche dem Koalitionsvertrag, sagte er. Besonders empörend sei, dass sich Gabriel von der offiziellen Position der Bundesregierung distanziere. „Auch ein geschäftsführender Außenminister kann nicht zwischen einer ‘offiziellen’ und seiner Meinung unterscheiden. Verlässlichkeit gehört zu dessen Aufgabenbeschreibung.“
Außenminister Gabriel hat sich für den schrittweisen Abbau der EU-Sanktionen gegen Russland ausgesprochen – auch wenn er wisse, “dass die offizielle Position eine andere ist.” https://t.co/VIbD7wo8Q1 pic.twitter.com/fXXiAVJeik
— tagesschau (@tagesschau) 17. Februar 2018
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt teilt die kritische Position der Union. „Solange Russland das Völkerrecht bricht, können Sanktionen nicht gelockert werden“, sagte die Politikerin zu Bild am Sonntag. „Werteorientierte Außenpolitik braucht klare Haltung und Standhaftigkeit. Das darf wirtschaftlichen Interessen nicht untergeordnet werden.“ Die Journalistin Claudia von Salzen kommentiert im Tagesspiegel, dass Gabriels Haltung der deutschen Außenpolitik Schaden zufüge: „Ein Außenminister, der wider besseres Wissen einen schrittweisen Abbau der Sanktionen befürwortet, ist offenbar stärker an guten Wirtschaftsbeziehungen zu Russland interessiert als an einem Frieden in der Ukraine.“
Plötzlich vertritt @sigmargabriel die Position von @c_lindner : Er plädiert für einen schrittweisen Abbau der #Russland-Sanktionen, obwohl dies nicht die „offizielle Position“ sei.
Wer spricht da, noch der Minister oder schon der Privatmann? https://t.co/2qHfNUvqqC— Jochen Bittner (@JochenBittner) 17. Februar 2018
Rückendeckung aus der SPD
Rückendeckung erhält Gabriel aus seiner eigenen Partei. Niels Annen, der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sagte dem Spiegel: „Der neue Koalitionsvertrag schließt aus Sicht der SPD nicht ausdrücklich eine schrittweise Lockerung der Sanktionen aus, sofern es Fortschritte bei der Erfüllung des Minsker Vertrags gibt und darüber eine Verständigung mit unseren EU-Partnern erfolgt. Insofern verstehe ich die Kritik der Union an Sigmar Gabriel nicht.“ Auch der früher Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) verfolgte eine ähnliche Linie wie Gabriel. Wenn signifikante Fortschritte erzielt werden, dann spreche „nichts dagegen, die Sanktionen sukzessive zu lockern“, sagte er vor zwei Jahren.
Bereits kurz nach dem Jahreswechsel äußerte Gabriel den Vorschlag, die Sanktionen schrittweise zu lockern. Der Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin, eine UN-Friedensmission in die Ostukraine zu entsenden, dürfe nicht kleingeredet werden. Falls ein Waffenstillstand gelinge, müsse der Westen entgegenkommend reagieren. „Die Vorstellung, erst 100 Prozent Umsetzung des Minsker Abkommens und dann auf einen Schlag 100 Prozent Aufhebung der Sanktionen halte ich für weltfremd“, sagte Gabriel dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft.