Gabriel fordert europäische Annäherung an Russland
Sigmar Gabriel hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) eine schrittweise Aufhebung der Russland-Sanktionen gefordert. Um den Gefahren der politischen Weltlage entgegenzuwirken, benötige es eine Stärkung Europas und eine Annäherung an Moskau, so der Außenminister. Dies berichtet der Tagesspiegel.
Nur einen Tag nach der verkündeten Freilassung des Journalisten Deniz Yücel ist es Deutschlands amtierendem Außenminister gelungen, erneut im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen. In seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Freitag zog ein besorgter Sigmar Gabriel Bilanz zu den aktuellen geopolitischen Entwicklungen. Zu Beginn des Jahres 2018 stehe die Welt “an einem gefährlichen Abgrund”. Der Stellvertreter-Konflikt in Syrien habe neue Ausmaße angenommen und die Spannungen zu Nordkorea könnten zu einer nuklearen Eskalation führen.
Europa als “Vegetarier in einer Welt der Fleischfresser”
Die Weltordnung ist laut Gabriel im Begriff, sich nachhaltig zu verändern. Während sich die USA momentan als unzuverlässiger Partner erwiesen, formulierten China und Russland wachsende Führungsansprüche. Als Antwort auf die prekäre Situation sieht der SPD-Politiker eine Stärkung der europäischen Position: “Niemand sollte versuchen, die Europäische Union zu spalten, nicht Russland, nicht China, aber auch nicht die Vereinigten Staaten.” Europa befinde sich an einer historischen Weggabelung und müsse sich dazu entscheiden, globale Verantwortung zu übernehmen.
Allein China weise derzeit “eine globale geostrategische Idee” auf. Die “Systemalternative” Pekings entsprächen jedoch nicht den westlichen Werten, für die man sich in einer eigenen Opposition stark machen müsse. “Es geht wieder um die Freiheit”, verkündete der Außenminister nicht ohne Pathos. Um diese zu verteidigen, benötige es ein geeintes Europa, das eigene Interessen formulieren und durchsetzen kann. Hierbei verwies Gabriel indirekt auch auf eine militärische Stärkung des Kontinents: Als “einziger Vegetarier in einer Welt der Fleischfresser” könne man nicht bestehen.
Russland-Sanktionen: Europa soll den ersten Schritt machen
Zugleich schlug Gabriel wiederum versöhnliche Töne gegenüber Russland an: “Russland sollte in uns etwas anderes sehen als einen Gegner.” Bei einem anschließenden Treffen mit seinem russischen Pendant Sergej Lawrow plädierte er für eine eventuelle Lockerung der russischen Sanktionen. Voraussetzung sei jedoch eine Zustimmung Wladimir Putins zu einer UN-Blauhelmmission in der Ostukraine. “Wir müssen es schaffen, einen Waffenstillstand in der Ukraine durchzusetzen, schwere Waffen dort rauszukriegen”, so der deutsche Außenminister. “Wenn man Fortschritte macht, dann muss man Fortschritte auf beiden Seiten spüren.”
Auch wenn Gabriel betonte, dass seine Äußerungen nicht die “offizielle” Position widerspiegelten, erntete er Kritik aus den Reihen der Union. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), bezeichnete das Entgegenkommen als ein “völlig falsches Signal”. Man habe sich in den Koalitionsverhandlungen darauf geeinigt, dass Russland “jetzt als Erstes am Zug” sei. Auch der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin äußerte sich entsprechend: “Für uns steht fest: Die richtige Reihenfolge muss eingehalten werden. Zuerst muss Russland etwas Wesentliches leisten.”