Aus Anlass der Unsicherheiten, die sich für deutsche Unternehmen in Russland durch die Ukraine Krise und die damit zusammenhängenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland ergeben, lud die deutsche Außenhandelskammer am 20.08.2014 zu einer Informationsveranstaltung in den Räumen der deutschen Botschaft in Moskau ein. Dabei wurden die Sanktionen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und eine politische, wirtschaftliche und rechtliche Beurteilung der Lage von den Vortragenden Michael Harms (Vorstandsvorsitzender der AHK), Thomas Brandt (Vorsitzender der Rechtskomitees der AHK) und Gernot Kleckner (CEO Chairman of the Board Commerzbank Eurasija ZAO) vorgenommen.
Schon im Eingangsstatement wurde deutlich, dass sich viele deutsche Unternehmen bei der AHK über den zu wenig genauen Wortlaut der Sanktionsbestimmungen beklagen. Die deutsche Politik setze zwar auf Dialog zur Lösung, dennoch sei hier vor allem die EU gefragt.
Herr Brandt gab zu bedenken, dass die Sanktionen der Russischen Föderation gegen die EU, in Deutschland nur den Landwirtschaftssektor betreffen. Wer landwirtschaftliche Güter nach Russland exportiere, könne sich aber über einige Möglichkeiten und Gegebenheiten Gedanken machen. Die Möglichkeiten bestünden unter anderem aus folgenden Punkten:
- Zwischen Russland, Weißrussland und Kasachstan besteht eine Zollunion. Wareneinfuhr nach Weißrussland und Kasachstan ist nicht verboten.
- Für die Russische Föderation ist die Einfuhr von Lebensmitteln verboten, nicht der Verkauf.
- Wird die Ware im Bereich der Zollunion veredelt, gilt sie als dort hergestellt.
Großen Zweifel hatte der Vorsitzende des Rechtskomitees der AHK generell an der Rechtmäßigkeit der Sanktionen.
Herr Kleckner betonte indessen, dass bei den Finanzsanktionen, welche Banken betreffen, die überwiegend in staatlichem Eigentum sind, vor allem die US – Sanktionen ins Gewicht fallen würden. Dies rühre daher, dass sobald eine Bank über ein Dollarkonto verfüge, auch US-Amerikanisches Recht Anwendung fände. Da dies bei praktisch jeder Bank der Welt der Fall sei, könne es sich kein Land der Welt leisten, Sanktionen der USA zu ignorieren. „Die Sanktionen betreffen zurzeit nur die mittel- und langfristige Finanzierung, wobei Russland hier wohl auch nicht auf Banken aus China oder anderen Ländern zurückgreifen kann. Schließlich verfügen auch diese über Dollarkonten und werden mit Vorsicht agieren.“, so Kleckner „Der Markt hat auf die Finanzsanktionen stärker reagiert als erwartet.“
In ihrem Abschlussstatement gingen die Vortragenden auf die mögliche künftige Entwicklung der Sanktionen ein. Darin herrschte Einigkeit darüber, dass eine Verbesserung der Verhältnisse sehr bald eintreten könne, sollten die Sanktionen der Stufe drei aufgehoben werden. Dafür seien die Chancen hoch, wenn sich der bewaffnete Konflikt in der Ukraine entspannte. Eine vollständige Aufhebung aller Sanktionen sei jedoch sehr wahrscheinlich erst mit der völkerrechtlichen Lösung für das Krim-Problem zu erwarten.
Trotz der Krise rechneten laut Angaben der deutsch-russischen AHK 50% der in Russland ansässigen befragten deutschen Unternehmen damit, das Jahr 2014 mit einem Gewinn abzuschließen. Für deutsche Firmen in Russland bestünden bis dato keine Finanzierungsprobleme. Der Verbleib am Markt sei also eher eine Willensfrage, so das abschließende Statement des Vortrags, worauf die Veranstaltung in eine Diskussion überging.
Interessant: 2001 sprach Vladimir Putin bei seiner Rede in Deutschland noch von einer baldigen Freihandelszone von Wladiwostok bis Lissabon.
[accordion open_icon=”camera-retro” closed_icon=”camera-retro”] [/su_spoiler] Quelle: Josef Heinrich Steger [/su_spoiler]