Russlandtag 2016 in Rostock: Gabriel und Sellering gegen Sanktionen

Am gestrigen 25. Mai fand in Rostock der Russlandtag 2016 statt. Gäste waren unter anderem der russische Industrie- und Handelsminister Denis Manturow, der stellvertretende Wirtschaftsentwicklungsminister Russlands, Alexej Lichatschow, der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und der Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns, Erwin Sellering (ebenfalls SPD). Sowohl Gabriel als auch Sellering sprachen sich dabei für ein baldiges Ende der Sanktionen aus. Die russische Seite ebenfalls. 

Ministerpräsident Sellering sagte in seiner Eröffnungsrede in Rostock:

„Ich halte es für ein vordringliches politisches Ziel, dass Deutschland und Russland, dass die EU und Russland zu einer vertrauensvollen, guten Partnerschaft und zu einem Handelsaustausch ohne Sanktionen zurückkehren.“

Dies sei wichtig, um die Wirtschaftsbeziehungen weiter ausbauen zu können. Gespräche dazu müssten auf nationaler Ebene geführt werden. Kontakte auf regionaler Ebene (wie zwischen Mecklenburg-Vorpommern und der Leningrader Region) könnten aber zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen. Er nehme wahr, dass es auf beiden Seiten den Wunsch nach einer Wiederannäherung zwischen Deutschland und Russland gebe. „Vielleicht kann unser Russlandtag dazu einen kleinen Beitrag leisten. Ich würde mich sehr darüber freuen.“

Exporte nach Russland 2015 wider den Bundestrend gewachsen

Ein ebenfalls interessantes Detail erwähnte Sellering in seiner Rede: 2015 seien die Exporte aus Mecklenburg-Vorpommern nach Russland entgegen dem Bundestrend gewachsen. „Russland stand im letzten Jahr auf Platz 4 der wichtigsten Außenhandels­partner Mecklenburg-Vorpommerns. Das ist ein Beleg für unsere verlässlichen Handels­beziehungen, auch unter schwierigen Bedingungen.“

2015 stiegen die Exporte nach Russland um 30 Prozent auf 311 Millionen Euro. Die Importe aus Russland sind allerdings im Vergleich zu 2014 um 51 Prozent auf 406 Millionen Euro zurückgegangen – vor allem wegen der russischen Öleinfuhren über Rostock.

Gemeinsame Absichtserklärung unterzeichnet

Denis Manturow (l.) und Erwing Sellering (r.) bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung beim Russlandtag 2016 in Rostock. © Thomas Häntzschel
Denis Manturow (l.) und Erwing Sellering (r.) bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Absichtserklärung beim Russlandtag 2016 in Rostock. © Thomas Häntzschel

Mit Manturow unterzeichnete Sellering zudem eine gemeinsame Absichtserklärung „über die Zusam­menarbeit zwischen dem Ministerium für Industrie und Handel der Russischen Föderation und der Regierung des Landes Mecklen­burg-Vorpommern der Bundesrepublik Deutschland im industriellen Bereich“.

Manturow nannte Deutschland in seiner Rede den „wichtigsten europäischen Partner“ für sein Land und warb um Investitionen in die russische Industrie. Explizit nannte Manturow die deutschen Unternehmen Siemens und Claas, die in Russland in großem Maße investieren, als Vorreiter.

Mit Blick auf die Sanktionen sagte er: „Man sollte die Nachfrage der Wirtschaft im Blick haben.“ Die Wirtschaft auf beiden Seiten sei daran interessiert, die Beziehungen weiter zu entwickeln, Partnerschaften zu schließen, Handel und Investitionen zu stärken. Wenn man die gegenseitigen Sanktionen beende werde es zusätzliche Investitionen in Deutschland und in Russland geben. Man daher warte auf das “Wunder” einer Abschaffung der Sanktionen.

Lichatschow, der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung meinte: „Es ist an der Zeit, dass die Wirtschaft [der Politik] sagt, wie sie den eurasischen Raum entwickeln wollen.“

Als ein gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit bezeichneten Sellering und Manturow die neue Produktionsstätte der Deutschen Großwälzlager GmbH im Rostocker Fischereihafen, die am Mittwoch offiziell eröffnet wurde (siehe auch diesen Beitrag des ZDF heute Journals vom 25. Mai). Das Tochterunternehmen der Kirov-Werke in Sankt Petersburg füge große Metallkränze mit bis zu 6,50 Metern Durchmesser zu Lagern zusammen, die in Windrädern, Krantürmen oder Tunnelbohrern eingesetzt würden, berichtet der NDR. Rund 15 Millionen Euro habe die Kirov-Gruppe in das neue Werk investiert. Davon seien rund 830.000 Euro Fördermittel des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

Gabriel: Schrittweise Sanktionen abbauen, aber nur mit Minsk 2

Der deutsche Wirtschaftsminister Gabriel plädierte im Rahmen des Russlandtages ebenfalls für einen schrittweisen Abbau der Sanktionen: „Wir wissen alle aus unserer Erfahrung, dass Isolation auf Dauer gar nichts bringt. Am Ende hilft nur Dialog.“

Er machte jedoch deutlich, dass eine weitere Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen nur möglich sei, wenn die Verabredungen von Minsk für den Friedensprozess in der Ukraine auch eingehalten werden. Dauerkonfrontation sei der  falsche Weg.

Umstrittener 1. Russlandtag 2014

Am 2. Russlandtag, der auf Initiative der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern zustande kam, und gemeinsam mit der IHK Mecklenburg-Vorpommern und dem Ostinstitut Wismar ausgerichtet wurde, nahmen über 600 Gäste teil.

Das waren deutlich mehr als die 400 Teilnehmer, die zum 1. Russlandtag in Rostock 2014 kamen. Der war damals von heftigen Diskussionen begleitet, weil er kurz nach der Einführung der Sanktionen stattfand. Außer Altkanzler Gerhard Schröder nahmen damals kaum Politiker an der Veranstaltung teil. Schröder hatte im Oktober 2014 gesagt, er sei stolz ein Russland-Versteher zu sein.