Aktuelle Prognosen zur russischen Wirtschaft auf einen Blick

Prognosen über Prognosen zur Entwicklung der russischen Konjunktur

Seit Mitte März häufen sich die Prognosen zur Entwicklung der russischen Wirtschaft. Unter anderem legten die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF), aber auch die russische Zentralbank und die deutschen „Wirtschaftsweisen“ („Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“) neue Einschätzungen vor. Zuletzt äußerten sich auch die deutschen Konjunkturforschungsinstitute in ihrer „Gemeinschaftsdiagnose“ zu den Perspektiven der russischen Wirtschaft. Noch im April wird voraussichtlich das russische Wirtschaftsministerium neue Prognosen veröffentlichen.


Hier folgt nun eine Übersicht in Tabellenform für Sie. Die Tabelle lässt sich ordnen und durchsuchen. Stand: 15.04.2016

Prognosen gesamtwirtschaftliche Produktion in Russland

Schätzung des Bruttoinlandsprodukts, real gegenüber dem Vorjahr, angegeben in Prozent.
InstitutDatum201620172018
Gemeinschaftsdiagnose2016/04/14-1.30.9
IWF, Washington2016/04/12-1.80.8
Deka Bank, Frankfurt2016/04/12-1.61.1
Focus Economics-Poll2016/04/12-1.31.2
Economist-Poll2016/04/09-1.51.3
Allianz, München2016/04/08-11.5
Commerzbank, Frankfurt2016/04/08-2.51.3
Berenberg Bank, Hamburg2016/04/08-2.6-0.6
Unicredit, Wien2016/04/07-2.51.2
BNP Paribas, Paris2016/04/07-1.80.6
Weltbank, Basisszenario2016/04/06-1.91.11.8
Wirtschaftsministerium, Basisszenario2016/03/31-0.31.42.3
Bloomberg-Poll2016/03/31-1
Sachverständigenrat2016/03/23-1.80.8
Sberbank; Investor Presentation2016/03/22-2.2
Bank of Finland, BOFIT, Helsinki2016/03/21-301
Zentralbank, Basisszenario2016/03/18-1,3 bis -1,5-0.5 bis +0,51,5 bis 2,0
Danske Bank, Kopenhagen2016/03/18-2.11.8
Standard & Poor‘s2016/03/18-1,4
WIIW Wien2016/03/17-0.80.81.8

Rezession hält an – erst 2017 schwaches Wachstum zu erwarten

Im Jahresdurchschnitt 2016 wird von allen Beobachtern weiterhin ein erneuter Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion erwartet. Auch in Umfragen bei Bank-Analysten wird in diesem Jahr mit einer Abnahme zwischen 1,0 Prozent (Bloomberg) und 1,5 Prozent (Economist) gerechnet.

Erst 2017 erwarten fast alle Beobachter wieder Wachstum, das aber nach Meinung der meisten Experten schwach bleiben dürfte. Am optimistischsten ist die Danske Bank, die eine Erholung um 1,8 Prozent für möglich hält (was allerdings nicht einmal den Rückgang um 2,1 Prozent im laufenden Jahr ausgleichen würde). Einige Beobachter rechnen aber selbst 2017 noch mit Rezession. Auch die russische Zentralbank äußerte sich Mitte März sehr vorsichtig. In ihrem Basisszenario erwartet sie im nächsten Jahr eine annähernd stagnierende Produktion.

IWF und Weltbank etwas skeptischer als Geschäftsbanken

IWF und Weltbank nehmen eine etwas skeptischere Position als der Durchschnitt der befragten Bank-Analysten ein. Der IWF rechnet in seinem am Dienstag veröffentlichten Weltwirtschaftsausblick in Russland nach einem weiteren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 1,8 Prozent mit einer schwachen Erholung im nächsten Jahr (+ 0,8 Prozent). Ganz ähnlich war das Basisszenario der Weltbank eine Woche zuvor ausgefallen.

„Gemeinschaftsdiagnose“ erwartet 2016 Rückgang um 1,3 Prozent

Die am 14. April veröffentlichte „Gemeinschaftsdiagnose“ der deutschen Konjunkturforscher sieht die Entwicklung im laufenden Jahr etwas optimistischer als IWF und Weltbank. Sie rechnet nur mit einem Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Produktion um 1,3 Prozent. 2017 erwarten aber auch die deutschen Institute nur eine sehr schwache Erholung in Russland (+ 0,9 Prozent).

Zu der für Russland sehr wichtigen Entwicklung der Ölpreise meinen sie:

„Die Erdölpreise haben sich wieder auf etwa 40 US-Dollar erholt, seit sich die großen Produzenten Saudi-Arabien und Russland Mitte Februar darauf einigten, ihre Produktionsmengen nicht weiter zu erhöhen. Damit ist das Risiko des Ausbruchs von schweren Krisen in ölexportierenden Volkswirtschaften ein Stück weit gesunken. Allerdings spricht gegenwärtig wenig dafür, dass die Rohstoffpreise in der kurzen Frist wieder kräftig steigen.“

Sie gehen deswegen bei ihren Prognosen von der Annahme aus, dass der Brent-Ölpreis im Jahresdurchschnitt 2016 lediglich 39 Dollar pro Barrel beträgt und 2017 mit 41 Dollar kaum höher sein wird.

Russische Regierung gibt sich optimistisch

Die russische Regierung hat sich im Wettbewerb der Konjunkturpropheten in diesem Jahr zwar noch nicht mit einer „offiziellen“ neuen Vorausschau zurückgemeldet. Das Wirtschaftsministerium ließ aber wiederholt seine Überlegungen an die Presse durchsickern, zuletzt Ende März. Danach sieht es die Entwicklung deutlich optimistischer als fast alle anderen Experten (was in der Vergangenheit durchaus nicht immer so war). Und während in einer im Januar bekannt gewordenen Prognose-Variante des Ministeriums für 2016 noch von einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 Prozent die Rede war, geht es jetzt laut Vedomosti-Bericht von einem Abflauen der Rezession auf nur noch 0,3 Prozent aus. Im Gegensatz dazu sehen fast alle anderen Beobachter die russische Konjunktur mit wachsender Skepsis und haben ihre Prognosen in den letzten Wochen etwas zurückgenommen.

Da Präsident Putin bei seinem Fernseh-Auftritt am 14. April bestätigte, dass die russische Regierung zwar 2016 noch mit einem leichten Rückgang der Produktion um 0,3 Prozent rechne, im nächsten Jahr aber 1,4 Prozent Wachstum erwarte, dürfte das Wirtschaftsministerium diese Prognosen auch bald veröffentlichen.

Auch IWF sieht verbesserte Bedingungen für Wachstum

Ein Vertreter des IWF begründete die Abwärtsrevision in der Pressekonferenz am 12. April damit, dass die Entwicklung in Russland im zweiten Halbjahr 2015 ein wenig schwächer als erhofft verlaufen sei. 2017 sei aber wieder Wachstum zu erwarten. Der Wendepunkt könne im Verlauf des Jahres 2016 erreicht sein. Die Bedingungen für Wachstum hätten sich verbessert. Dazu trage bei, dass die „Risikoscheu“ global abnehme und sich die Ölpreise erholten. Eindeutig hilfreich für eine Anpassung der russischen Wirtschaft sei auch, dass Russland zu einer Politik flexibler Wechselkurse übergegangen sei.

[accordion open_icon=”remove” closed_icon=”plus”] [toggle title=”Quellen” open=”yes”]

Titelbild: Flickr-Nutzer ruscow (CC BY 2.0)


Gemeinschaftsdiagnose Konjunkturforschungsinstitute: Aufschwung bleibt moderat – Wirtschaftspolitik wenig wachstumsorientiert; 14.04.2016

Internationaler Währungsfonds: World Economic Outlook; 12.04.2016

Focus Economics: Russia Economic Outlook; 12.04.2016

Daria Orlova (Deka Bank): Russland: Konjunkturentwicklung weniger schwach als erwartet; 12.04.16

Weltbank: Russia Monthly Economic Developments; 11.04.2016; Russia Economic Report; 06.04.16

Allianz: Russland: Kennzahlen und Prognosen; 08.04.2016

Johanna Melka (BNP Paribas): Russia: Growing risks; 07.04.2016

Vedomosti: New Ministry forecast: Russia will overcome the recession in four years; 31.03.2016

Russische Zentralbank: Monetary Policy Report; 18.03.2016

[/su_spoiler]