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„Über die Kunst, Business und Schauspiel zu verbinden“ – Philipp Rowe im Interview (Teil 1/2)


Im ersten Teil dieses zweiteiligen Interviews gewährt Philipp Rowe einen faszinierenden Einblick in sein außergewöhnliches Leben. Er ist nicht nur der Gründer und Herausgeber von Ostexperte, sondern auch Unternehmer und Schauspieler. Was auf den ersten Blick wie eine ungewöhnliche Kombination erscheint, erklärt Philipp mit seiner persönlichen Geschichte und seiner Fähigkeit, verschiedene Lebensbereiche miteinander zu verbinden. Seine Erfahrungen aus der Welt des internationalen Business, der Schauspielerei und seiner tiefen Verbindung zu Russland prägen sowohl sein berufliches als auch persönliches Leben.

Leser dieses Interviews erhalten eine einzigartige Perspektive auf die Herausforderungen und Chancen, die diese vielseitige Karriere mit sich bringt. Zudem erzählt Philipp von seinem aktuellen Projekt, dem Film „Die Rebellenromanze“ („Ополченский Романс“) von Regisseur „Oleg Lukichev“ („Олег Лукичёв“), der sich mit einem wichtigen politischen Thema – dem Konflikt in der Ostukraine – auseinandersetzt. Wer sich für die russische Filmszene, die Bedeutung von Medienberichterstattung und die Kunst eines facettenreichen Lebens interessiert, sollte dieses Gespräch nicht verpassen.


Philipp Rowe. Ein Mann mit vielen Facetten. Wie vereinbart er Business und Schauspiel miteinander?
Philipp Rowe. Gründer von Ostexperte, Businessman und Schauspieler.

Philipp, schön dass du die Zeit gefunden hast, dass wir miteinander Sprechen. Wie geht es dir? 

Ja, das ist eine gute Frage zum Einstieg. Mir geht es sehr gut, weil ich nämlich hier in Montenegro gerade bin, auf meinem Wochenendhäuschen in den Bergen. Ich habe die letzten Tage damit verbracht, auf meinem Grundstück am Waldrand Aufräumarbeiten durchzuführen. Wie zum Beispiel altes Holz einsammeln, mit ein paar Freunden von mir zusammen, ein paar Rußen und Ukrainern, die auch hier in Montenegro leben. Danach haben wir ein schönes, riesengroßes Feuer gemacht, das ganze Zeug da verheizt. Danach haben wir uns noch zusammengesetzt in meine Blockhütte, die da steht. Dann war ich noch in der Sauna, ja, und so war der Tag gestern. Und das gibt mir die Energie oder diese ökologische Energie zurück, die ich dann nutze, um in den großen Städten, wo ich unterwegs bin, als Schauspieler und auch als Geschäftsmann, also vor allem Moskau, Berlin und Podgorica, Action zu machen, sowohl im Business als auch als Schauspieler. Deswegen geht’s mir sehr gut. 

Du bist nicht nur der Gründer und Herausgeber von Ostexperte, sondern hast auch deine eigene Consulting Firma und bist Schauspieler. Wie kommt es zu dieser ungewöhnlichen Kombination? 

Also, ich selbst bin Deutscher, komme aus Berlin und habe Volkswirtschaftslehre studiert. Bin aber vor dem Studium mal nach Russland gefahren, um es mir anzuschauen. Mein Großvater hatte mich damals dazu überredet, er hat selbst in Moskau studiert, in den 50er oder 60er Jahren und hat das in unserer Familie immer versucht, an die nächsten Generationen, diese Begeisterung für Russland weiterzugeben. Aber ich selbst hatte nie einen Bezug zu Russland und deswegen wollte ich da gar nicht hin und habe diese, sage ich mal, diese Promotion oder diese Überzeugungsarbeit von meinem Großvater immer abgeblockt und konnte da keine Begeisterung für entwickeln. Irgendwann aber, nach dem Abitur hat mein Großvater wieder zu mir gesagt „Philipp, was willst du jetzt machen in den Ferien? Willst du hier in Berlin rumhängen?“ So zwischen Abitur und Universität waren da so, vier Monate Zeit. Dann habe ich gedacht, hier in Berlin kenne ich alles. Ich kenne die Partys, ich kenne die Locations, ich weiß, wie es hier ist. Guck dir doch mal was Neues an. Und habe mich dann mit einer Mischung aus Neugierde und Abenteuerlust darauf eingelassen und habe dann mit meinem Großvater die nächsten Schritte besprochen.
Nachdem er mein Ja hatte zu Russland, war seine erste Ansage : „wenn du russisch lernen willst, fängst du nicht in Moskau an, sondern in der Provinz. Nach Moskau kannst du auch gehen, wenn du schon richtig russisch sprichst, aber du fängst in der Provinz an, weil da siehst du das wahre Russland, das wahre russische Leben.“ Dann hater mir organisiert dort, dass ich bei einer Familie wohnen kann, einem Professor, den er kennt, der da auch an der Universität arbeitet und so weiter. Und die zweite Ansage von ihm war: „wenn du nach Russland fährst, fliegst du nicht mit dem Flugzeug, sondern fährst du mit dem Zug“. Es gibt ein russisches Sprichwort, das sagt: fahre ruhig und komme weiter. Na gut, dann war die Sache sozusagen abgemacht.

Gut, los ging es mit dem Zug Ostbahnhof Berlin nach Moskau. Ich bin aber nur gekommen bis Brest, bis zur weißrussischen Grenze. Da kam dann das Russlandbild, was ich vorher im Kopf hatte, was ich so kannte, so aus Arnold Schwarzenegger, Red Heat oder Rocky vier mit bösem russischen Boxer, so ungefähr. Also ich hatte dieses Negative natürlich im Kopf. Wenn man Russland nicht kennt, hat man meist solche negativen Assoziationen. Und dann, als wir dann in Weißrussland angekommen sind, konnte ich da nicht weiterfahren, weil ich hatte nur ein Visum für Russland und kein Transitvisum für Weißrussland. Als ich die Reise gebucht hatte brauchte man das noch nicht. Das wurde erst eine Woche später eingeführt, ein paar Tage bevor ich da ankam. Und weißrussische Grenzsoldaten kommen rein in den Zug mit ihren coolen Uniformen. Schäferhund an der Leine. Gucken auf dem Pass, kein Transitvisum, zack, raus. Dann habe ich auf der auf der Zollstation übernachtet. Der nächste Zug zurück nach Polen ging erst am nächsten Morgen. Und die haben uns sozusagen da wieder abgeschoben. Und das war so der erste so Eindruck. Ich dachte mir dann: „mein Gott, ich habe mir so eine Mühe gegeben, nach Russland zu kommen und jetzt funktioniert es nicht. War vielleicht eine schlechte Idee. Ich fahr nach Hause. Ich lasse diese ganze Russlandsache sein.“ Dann bin ich am nächsten Morgen sehr übermüdet im Zug, zurück nach Warschau. In Warschau bin ich ausgestiegen, habe mir erstmal ein Hotel gesucht, habe da eine Nacht im Hotel gewohnt und habe mir dann gedacht, am nächsten Tag, wenn es so schwierig ist, nach Russland zu kommen, dann will ich dahin. Dann bin ich am nächsten Tag raus aus dem Hotel, um die Ecke war gleich ein Aeroflot Büro. Damals gab es noch kein Online Booking oder ich kannte das jedenfalls nicht. Rein in dieses Aeroflot Büro. Ich kein Wort polnisch, kein Wort russisch, will denen erklären, dass ich einen Flug haben will nach Moskau. Zu meinem Glück war in der Schlange vor mir eine Nonne, die sprach französisch und ich wusste nur noch „Avion, Moskou“. Hat sie verstanden und hat denen das erklärt auf polnisch. Dann haben die mir ein Ticket gegeben für nächsten Tag nach Moskau.

Dann war ich in Tambow (Тамбо́в), hab da eine Weile gelebt, ich wollte eigentlich nur einen Monat bleiben, bin dann aber vier Monate geblieben, da war gerade also Sommerpause an der Universität und ich war der einzige Student eigentlich, der drei Russischlehrer hatte im Einzelunterricht. Danach bin ich wieder zurück nach Berlin, habe meine Universitätssachen an der Uni gemacht, hatte auch eine Richtung mit Wirtschaftsrussisch und Schwerpunkt Russland und internationaler Handel und bin dann auch regelmäßig nach Russland gefahren, habe dann auch da mehrmals Auslandssemester gemacht in Tambow und in Sankt Petersburg. Und dann, habe ich zwei Praktika in Moskau gemacht. Als die anderen Studenten alle noch in der Bibliothek rumsaßen und ihre Diplomarbeit geschrieben haben, hatte ich schon einen Job in Moskau und habe meine Diplomarbeit, in der Nacht geschrieben. Nach ein paar Jahren angestellter Arbeit habe ich meine eigene Firma gegründet, eine Consulting Firma, die es bis heute gibt und habe als Selbstständiger mit meiner Consulting Firma internationale Unternehmen in Russland beraten.

Irgendwann, die Firma lief ganz gut, wurde mir das langweilig und 2018 habe ich angefangen mit einem Drehbuchseminar und hab Drehbuch schreiben gelernt und danach habe ich dann angefangen mit Schauspieltraining, weil ich das einfach auch so für mich machen wollte und dann, ich glaube das war im Jahre 2023, als ich das mit dem Schauspiel schon fast wieder so ein bisschen ad acta gelegt hatte, hatte ich eine Werbeanzeige geschaltet als deutscher Unternehmensberater für Russen. Und habe darauf Anfragen bekommen und eine war von einer Regisseurin, die mir dann nach zwei, dreimal hin und her E-Mails, wo ich ihr schon geschrieben habe, wie viel meine Consulting Leistung kostet, gesagt hat: „ja, sehr interessant, sehr schön, aber Entschuldigung bitte, wir möchten sie für einen Film engagieren, möchten sie das machen?“ Habe ich erstmal überlegt und dann gesagt, also so ungefähr, „ja, warum nicht, senden sie mir mal Drehbuch, schauen wir uns die Sachen mal an“. Dann hat sie mir das Drehbuch gesendet, dann habe ich mir die Sachen angeschaut, auch zusammen mit meinem Schauspielcoach in Berlin, Christine Kostropetsch , meine langjährige Schauspiellehrerin. Und dann habe ich die Entscheidung getroffen, das zu machen. Und seitdem bin ich jetzt im Schauspiel und habe ich ungefähr an sechs, sieben Kinoproduktionen mitgemacht. Russische Kinoproduktion, Streaming, Fernsehen, Serien, alles zusammen.

Wie lässt sich das vereinbaren, Business und Schauspielerei? Wie schaut so ein ‘normaler’ Tag für Philipp Rowe aus? 

Ja, also die Kombination Businessman und Schauspieler. Wie lässt sich das vereinbaren oder wie passt das zusammen? Also irgendwie passt alles immer irgendwie zusammenpassen, ist meine Erfahrung. Also wie kann das zusammenpassen: Volkswirt und Russland? Schauspieler und Businessman? Es ist nicht schlecht als Schauspieler auch einen anderen Beruf zu haben. Von diesen Erfahrungen profitiert man ungemein. Jedes Mal, wenn ich eine Rolle spiele, bediene ich mich meiner Erfahrung. Aus meiner Lebenserfahrung als Businessman zum Beispiel. Eine Frage, wenn man seine Rolle vorbereitet ist: Wer ist wem übergeordnet? Wer ist wem untergeordnet in der Szene? Das sind Sachen, die sind essentiell, um eine Rolle zu spielen. Das ist mein Training, meine Ausbildung. Und sofort erinnere ich mich dran, wie gebe ich Anweisungen in meiner Firma? Ich habe da Mitarbeiter, ich muss denen sagen, was zu tun ist. Wie kriege ich eine Anweisung von einem Kunden? Oder aus meiner Erfahrung, als ich früher selbst Mitarbeiter war. Wie mache ich das? Zweitens, habe ich 20 Jahre als international business consultant gearbeitet. Das heißt auch immer diese zwischenkulturellen Sachen, auch die Sprachen. Ich spreche fließend Deutsch, Russisch und Englisch auch. Dann kann ich noch ein paar andere Fremdsprachen. Aber auch dieses ist für Rollen immer gut, immer wichtig, diese interkulturelle Erfahrung.

Und ja, so der Ablauf des Tages oder die Vereinbarung mit dem Arbeiten. Es war für mich anfangs eine Herausforderung. Wenn man den Kopf voll hat, um eine Rolle zu lernen, wann macht man dann noch die Sachen, die man fürs Business braucht? Ich organisiere viel über Routinen. Ich versuche immer zur gleichen Zeit aufzustehen, dann eine Checkliste zu machen. Was mache ich als erstes und so weiter und so fort. Ich mache jeden Tag gewisse Übungen. Auch wenn es nur fünf Minuten sind oder zehn Minuten. Text lernen oder Übungen für die Aussprache, so mit der Zunge und dem Korken im Mund. Letztendlich ist es natürlich so, dass man nicht immer alles schafft. Man hat eine Liste mit zehn Sachen und wenn man davon fünf am Tag schafft, ist es schon mal gut. Das spricht schon davon, dass man eine gewisse Disziplin und Routine hat.

Ich habe jetzt darüber gesprochen, wie schwer das ist oder was das für eine Herausforderung ist, aber es gibt auch eine Sache, wo einen das hilft und rettet. Ich sag sogar rettet. Ich habe meine Firma geführt und es kommt der Moment, wo du jeden Tag das gleiche machst und keinen Bock mehr darauf hast. Wie reagieren Leute in ihrem Leben auf sowas? Manche Leute kaufen sich ein Auto, damit sie schön als Entspannung mit dem Auto fahren oder machen ein gewisses Hobby oder Sport, wo sie dann so ein Ausgleich vom Business finden. Das Schauspiel hat mir auch so etwas gegeben. Ich wollte einfach mal was komplett anderes machen. Wenn ich immer nur das gleiche mache, wird es mir langweilig und dann habe ich irgendwann keinen Antrieb mehr. Das heißt, damals war das Schauspiel was, was mir auch Antrieb fürs Business gegeben hat, um da weiterzumachen. Jetzt wenn ich im Schauspiel bin, hilft mir dieses Business oder diese anderen Tätigkeiten, die ich habe, die Schwierigkeiten des Schauspielerdaseins auszugleichen. Die Ablehnung zu verkraften. Man macht laufend Castings und man kriegt mehr Ablehnung als Engagements. Damit umzugehen ist nicht leicht. Und wenn man dann immer noch was anderes hat, gibt das einem eine gewisse Ruhe. Und dieses Warten auf das nächste Projekt, ein Monat ohne Dreh, zwei Monate ohne Dreh, drei Monate ohne Dreh, das ist keine Seltenheit. Was macht man in der Zeit? Im Kopf kommen einem Gedanken. Ist es das Richtige, ist es nicht das Richtige? Zweifel. Und das Beste gegen Zweifel jeglicher Art, vor allem auch bei Männern, ist Action. Mach was und es geht dir gut. Das ist mein persönliches Erfolgsgeheimnis. 

Dein aktuelles Projekt, heisst ‘Die Rebellen Romanze’. Was kannst du darüber erzählen? 

‚Die Rebellen Romanze‘ (Ополченский романс (2024).

Es geht um den Konflikt im Jahre 2014 in der Ostukraine. Es geht um den Bürgerkrieg, der damals begonnen hat, nachdem in Kiew die Revolution war und der alte Präsident vertrieben wurde. Das heißt in der Ukraine, eine schnelle, extreme, rapide radikale Abwendung von Russland und Hinwendung zum Westen. Das ist der Hintergrund der Geschichte. Es beruht auf einer wahren Gegebenheit. Die Geschichte ist folgende. Ein junger russischer, gutherziger und auch gutmütiger Journalist (gespielt von „Andrej Nazimoff“(„Андрей Назимов“), der eigentlich im Leben bisher nichts hingekriegt hat, geht dorthin als Journalist und schaut sich die Sache an und merkt dann wie ernst es ist und wie schlimm. Er arbeitet dort als Journalist für eine westliche Medienfirma und wird von dieser westlichen Medienfirma so ein bisschen ausgetrickst. Dahingehend, dass der „böse“ Geschäftsführer der Medienfirma ihm Versprechungen macht und dann hinhält. Und auch die Informationen, die er da bringt in den Medien dann anders berichtet werden, als er sie vor Ort sieht. Das heißt, der Film setzt sich damit auseinander, wie Medien über solche Konflikte berichten und wie tief dieser Konflikt einfach ist, wie nicht einfach zu verstehen dieser Konflikt ist. Medien wollen ja immer eine gewisse Vereinfachung der Sachen zeigen, damit die Leute das verstehen und gehen dann meistens auch in eine Richtung. Natürlich, wenn man zwei Seiten hat in einem Krieg, in einem Bürgerkrieg, berichtet jeder aus seiner Richtung. Das erste was im Krieg stirbt, ist die Wahrheit.   

Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Und das Beste, in dem Film ist es ein Russe, aber in der wahren Begebenheit ist es ein Deutscher. Ein deutscher Journalist war im Jahre 2014 der erste oder der einzige westlicher Journalist, der über diesen beginnenden Bürgerkrieg in der Ostukraine von vor Ort berichtet hat. Und im Nachhinein gab es eine Diskussion, eine kritische Diskussion in den deutschen Medien. ARD hat was dazu gebracht oder norddeutscher Rundfunk, ZAP oder und gewisse Journalisten Räte haben damals scharf kritisiert, wie diese Informationen unrichtig oder unvollständig, ich sag’s mal so vorsichtig, dargestellt wurden und haben gleichzeitig kritisiert, wie der Zuschauer von den Medien über solche Konflikte einseitig oder nicht ausgewogen informiert wird.

Philipp Rowe am Set von 'Die Rebellen Romanze'.
Philipp Rowe am Set von ‚Die Rebellen Romanze‘.

Also der russische Journalist ist die Hauptrolle. Ich spiele den Geschäftsführer des westlichen Medienhauses, der heißt Klaus. Den Antagonisten kann man sagen, einen der Antagonisten. Der Film wurde gedreht 2023, also vor anderthalb Jahren waren die Dreharbeiten, wo ich teilgenommen habe in Moskau. Das war natürlich eine Zeit, wo die Beziehung zwischen Russland und Deutschland schon sehr problematisch waren. Natürlich stellt sich die Frage, macht man als deutscher Schauspieler bei so einem Film mit? Und die Regisseurin, also es waren zwei Regisseure, ein Mann und seine Gattin, seine Frau. Die Regisseurin, die mich dann damals, sage ich mal, aufgegabelt hat in der Business Werbeanzeige, die hat mir auch von vornherein reinen Wein eingeschenkt. Die hat gleich gesagt, ja, wir würden gerne, dass sie das spielen, aber natürlich auch nur, wenn es für sie keine Probleme macht. Weil es ist ganz klar, viele Leute könnten diesen Film nicht spielen, viele Deutsche, weil sie dann in Deutschland irgendwelche Nachteile hätten. Klar, es ist eine politisch aufgeladene, konflikthafte Realität. Und darüber habe ich auch nachgedacht natürlich. Das war so die Frage für mich. Machst du da mit? Ist das ein russischer Propagandafilm? Ich habe mir erstmal das Drehbuch durchgelesen. Mit meiner Schauspiellehrerin, habe ich mir das alles angeschaut. Ich habe das Drehbuch übersetzt auf Deutsch, ich habe die Szenen übersetzt auf Deutsch, also für meine Schauspiellehrerin. Und das war schon mal eine Arbeit, die sehr interessant war, diese Vorarbeit. Auf jeden Fall hat mich dieses Lesen des Drehbuchs schon mal überzeugt. Das ist ein guter Film, das ist kein schwarz-weiß Film, da gibt es mehrere Schichten. Und ich habe auch das Team kennengelernt, natürlich dann auch im Casting, schon bevor ich zugesagt habe, den Regisseur, die beiden Regisseure, die Drehbuchautorin. Ich habe denen auch Tipps gegeben, wie sie das Drehbuch ein bisschen besser machen können, hinsichtlich, wie Deutschland dargestellt wird. Die nächste Sache, die mich überzeugt hat, war natürlich auch das Thema, dass in den Medien Sachen falsch dargestellt werden oder nicht so dargestellt werden, wie sie sind und welche Wirkung das dann auf die Leute hat. Das habe ich nicht erst im Ukraine Krieg gemerkt, sondern das habe ich schon damals gemerkt, vor 20 Jahren, als ich zum ersten Mal in Russland war. Weil ich dachte, in Russland ist alles schlecht, aber es war sehr positiv und gut. Und ich habe damals, als ich nach vier Monaten aus Russland zurückkam, den Fernseher genommen und habe ihn in die Mülltonne geschmissen, weil ich vorher ein Russlandbild aus dem Fernsehen kannte und es in der Realität gesehen habe, wie es in Wirklichkeit ist. Ich will das gar nicht so auf die Medien abwälzen. Es gehören immer zwei dazu, die Medien, die zeigen und der Konsument, der sagt, Oh, ist okay, ich brauche da gar nicht hinfahren, mir das anschauen. Ich bin in Russland und Osteuropa Kenner und Reisender und habe gemerkt, die Leute sind sehr freundlich und es ist nicht alles so, wie im Fernsehen gezeigt.

Ich bin jemand, ich pfeife darauf, was die anderen sagen. Damals, als ich vor 20 Jahren nach Russland gegangen bin, haben alle gesagt, bist du verrückt? Was willst du da? Fahr lieber nach Spanien. Ich bin trotzdem hingegangen. Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Ich bin mein eigener Chef. Ich arbeite nirgendwo als Angestellter. Ich bin nicht darauf angewiesen, ob ich eine Rolle kriege oder nicht. Also was soll ich verlieren? Wenn mich einer engagiert, engagiert er mich. Wenn er nicht engagiert, engagiert er mich nicht. Dann mache ich halt ein anderes Business oder hack hier Holz in Montenegro, was sehr geil ist.

Phillip Rowe der Businessman mit seiner Firma „RC Montenegro Consulting“.

Teil 2/2 nächste Woche!

Die Veröffentlichung des zweiten Teils des Interviews mit Philipp Rowe ist für die nächste oder übernächste Woche geplant. P:S. Newsletter-Abonennten bekommen den Link zum Interview bereits einige Tag vor Veröffentlichung auf der Webseite. Tragen Sie sich hier in den Ostexperte-Insider-Newsletter ein.

Im nächsten Teil des Interviews geht es um noch tieferen Einblicken und weiteren Projekten weiter. Ebenso wird Philipp über seine persönlichen Erfahrungen, wie die Menschen (in Russland und in Deutschland) auf ihn als deutschen Schauspieler in russischen Filmen reagieren sprechen. Freuen Sie sich auf spannende und lustige Geschichten und noch mehr Hintergrundinfos zu den Herausforderungen und Chancen, die sein außergewöhnlicher Lebensweg mit sich bringt. Bleiben Sie dran!


Über den Autor:

Benedict Hösl ist als professioneller Schauspieler in Großbritannien und Deutschland tätig. Er besitzt einen BA (hons) in ‚Acting‘ von der MGA Academy of Performing Arts in Edinburgh, Schottland, (jetzt: The Scottish institute of Theatre, Dance, Film and Television.) und arbeitet als Redakteur für Ostexperte.


Photos by Philipp Rowe.

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