Russlands Wirtschaft „Kriegsboom“ flaut jetzt ab.
Der folgende Artikel beleuchtet die jüngste wirtschaftliche Entwicklung Russlands und zeigt, wie sich das BIP-Wachstum, die Industrieproduktion und das Konsumenthalten im Jahr 2025 entwickeln. Sie erfahren, warum das Wirtschaftswachstum nach dem starken Jahr 2024 nun spürbar nachlässt, welche Rolle die Rüstungsindustrie spielt und welche langfristigen Herausforderungen die russische Wirtschaft belasten. Zudem wird beleuchtet, wie sich die Abhängigkeit Russlands von China verstärkt und welche Prognosen Analysten für die kommenden Monate abgeben. Wer verstehen will, wie sich Russlands Wirtschaft unter den aktuellen Bedingungen entwickelt und welche Faktoren die Zukunft prägen, sollte diesen Artikel nicht verpassen.
Hier die wichtigsten Punkte zur aktuellen Wirtschaftsprognose Russlands:
- BIP-Wachstum 2024 und 2025
Das BIP-Wachstum 2024 war mit 4,1 % noch stark, sank aber im Januar 2025 auf nur 3 %. Der Anstieg der Industrieproduktion in 2024 war größtenteils auf das Wachstum der Rüstungsindustrie zurückzuführen. Für das Jahr 2025 wird ein moderates BIP-Wachstum von nur 1,0 bis 2,0 % erwartet. - Langfristige Herausforderungen
Steigende Kreditkosten und ein Arbeitskräftemangel stellen große langfristige Herausforderungen dar. Der Krieg hat die russische Wirtschaftspolitik stark beeinflusst und die langfristigen Wachstumsziele beeinträchtigt. - Wirtschaftliche Unsicherheit und Inflationsbekämpfung
Eine straffere Geldpolitik zur Bekämpfung der Inflation führt zu höheren Kreditkosten und bremsender Investitionstätigkeit. Im Januar 2025 fiel die Industrieproduktion und andere Sektoren wuchsen langsamer als noch im Dezember 2024. - Abhängigkeit von China
Russland wird durch den Krieg zu einer geschlosseneren Volkswirtschaft, stärker abhängig von China.
Kriegsgetriebenes BIP-Wachstum gerät ins Stocken
2024 ist die russische Wirtschaft laut ersten Berechnungen des Statistikamtes wie bereits 2023 um 4,1 Prozent gewachsen. Dabei hat sich der Produktionsanstieg im Dezember unerwartet stark beschleunigt. Laut dem Wirtschaftsministerium stieg das reale Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vormonat November saisonbereinigt um 0,9 Prozent. Im Vergleich zum Dezember 2023 wuchs das BIP im Dezember 2024 um 4,5 Prozent. Im vierten Quartal war es im Vorjahresvergleich 3,8 Prozent höher.
Starke Wachstumsimpulse erhielt die russische Wirtschaft 2024 vor allem vom Anstieg der Industrieproduktion. Hier sank zwar die Produktion im Bereich „Bergbau, Förderung von Rohstoffen“ (-0,9 Prozent gegenüber 2023). Die Produktion im „Verarbeitenden Gewerbe“ stieg 2024 aber um 8,5 Prozent. Viele Analysen weisen jedoch darauf hin, dass sich dieser starke Anstieg aus dem Wachstum der „Rüstungsindustrie“ ergab.
Im Januar 2025 übertraf Russlands gesamtwirtschaftliche Produktion ihr Vorjahresniveau laut einer ersten Schätzung des Wirtschaftsministeriums allerdings nur noch um 3,0 Prozent. Für das erste Quartal 2025 erwartet die russische Zentralbank eine Abschwächung des jährlichen BIP-Wachstums auf 2,9 Prozent. Im gesamten Jahr 2025 wird die Produktion der russischen Wirtschaft laut der Prognose der Zentralbank nur 1,0 bis 2,0 Prozent höher sein als 2024. Rund 1,5 Prozent Wachstum im Jahr 2025 ergaben sich auch als durchschnittliche Prognose bei aktuellen Analysten-Umfragen. Russlands Wirtschaftsministerium erwartet hingegen in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent.
BOFIT, das Forschungsinstitut der finnischen Zentralbank, stellt in einem „Policy Brief“ zum Jahrestag des Beginns des Ukraine-Krieges vor drei Jahren fest, der Krieg verschlinge „enorme Ausgaben“. Welche ohne Krieg für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und einen höheren Lebensstandard eingesetzt werden könnten. Priorität hätten derzeit für Russlands Wirtschaftspolitik die Anforderungen des Krieges. Die Aussichten für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung Russlands würden deshalb von der Regierung als weniger wichtig betrachtet.
Russlands Industrieproduktion: Nach dem Höhenflug folgen erste Schwächen
Im Jahr 2024 trug vor allem der Anstieg der Industrieproduktion zum starken Wirtschaftswachstum Russlands bei. Sie war 2024 um 4,6 Prozent höher als 2023, wobei sie im Dezember ihr Vorjahresniveau sogar um 8,2 Prozent übertraf.
Nach dem „Wachstumsboom“ im Dezember 2024 stieg die Industrieproduktion laut dem Statistikamt Rosstat im Januar 2025 im Vorjahresvergleich aber nur noch um 2,2 Prozent.
Im Vergleich zum Dezember 2024 sank die Industrieproduktion saison- und kalenderbereinigt im Januar um 3,2 Prozent. Diesen Rückgang zeigt in der folgenden Wiedergabe einer Rosstat-Abbildung die mittlere graue Linie (die weitgehend durch die von Rosstat berechnete hellblaue Trendlinie überlagert wird).

Diesen von Rosstat errechneten saison- und kalenderbereinigten Rückgang der Industrieproduktion um 3,2 Prozent im Vergleich Januar/Dezember zeigt auch die obere rote Linie in der folgenden Abbildung des Moskauer Forschungsinstituts „Center for Macroeconomic Analysis and Shortterm Forecasting, CMASF“. Die blaue Linie zeigt die Entwicklung der saisonbereinigten Industrieproduktion laut den eigenen Schätzungen des CMASF. Beiden Statistiken zufolge fiel die Industrieproduktion im Januar annähernd auf das Niveau vom September 2024 zurück.

Von Waffen getragen: Rüstungsindustrie als treibender Faktor
Die Abbildung macht deutlich, dass das Wachstum der russischen Industrie seit Mitte 2023 fast völlig vom Anstieg der Produktion der „Rüstungsindustrie“ getragen wurde. Die untere braune Linie in der obigen Abbildung zeigt die Entwicklung der Industrieproduktion ohne die Produktion der „Rüstungsindustrie“. Erkennbar ist, dass die Produktion der Industrie ohne die Produktion von Rüstungsgütern seit April 2023 mit geringen Schwankungen stagnierte.Zur „Rüstungsindustrie“ rechnet das CMASF dabei u.a. folgende Industriezweige:
Herstellung von Metallprodukten (die nicht in anderen Bereichen enthalten sind) Herstellung von Computern, elektronischen und optischen Produkten Herstellung von Flugzeugen.
Im Jahresvergleich 2024/2023 wuchsen die rüstungsnahen Branchen laut Rosstat weitaus stärker als die Industrieproduktion insgesamt, die um 4,6 Prozent stieg. Die höchsten Produktionszuwächse wiesen 2024 folgende rüstungsnahe Branchen auf:
Metallfertigprodukte, ohne Maschinen und Ausrüstungen (+ 35,3 %); Computer, elektronische und optische Produkte (+ 28,8 %); Fahrzeuge ohne Kraftfahrzeuge (+ 29,6 %);Kraftfahrzeuge (+ 16,5 %).
„Die zivile Industrie stagniert seit fas zwei Jahren“
Evgeniy Kogan
Chairman-Supervisory Board & Deputy CEO-Law at BANK URALSIB PJSC
Der Investmentbanker Evgeniy Kogan veröffentlichte auf seinem Telegram-Kanal zur Bedeutung der Rüstungsproduktion für die gesamte Industrieproduktion folgende Abbildung. Darin vergleicht er die Entwicklung des Rosstat-Indexes für die gesamte Industrieproduktion (schwarze Linie) mit der Entwicklung eines Indexes der „zivilen“ Branchen der Industrieproduktion (blaue Linie) .

Kogan weist darauf hin, dass der Index der „zivilen“ Industriebranchen im Januar 2025 auf das Niveau vom Frühjahr 2023 zurückgefallen ist. Seit fast zwei Jahren stagniere die Industrieproduktion außerhalb des Rüstungssektors. Er meint, dass es in den kommenden Quartalen sogar einen Rückgang der Produktion der „zivilen“ Industrie geben könne. Seine Argumente:
1. Der Wirkungshöhepunkt der restriktiven Geldpolitik steht noch bevor – nämlich im 2. Quartal 2025.
2. In diesem Jahr wird eine strengere Finanzpolitik mit Steuererhöhungen und einer Reduzierung des Haushaltsdefizits zur restriktiven Geldpolitik hinzukommen.
3. Die Reserven an Produktionsfaktoren sind erschöpft. Es stehen praktisch keine freien Kapazitäten oder Arbeitskräfte zur Verfügung.
4. Ein vorübergehend negativer Faktor ist die Aufwertung des Rubels. da diese Produkte für ausländische Kunden teurer macht, was den Export erschwert.
Jahresabschluss mit Schwung: Russlands Gesamtwirtschaft Ende 2024
Wie die Industrieproduktion verzeichnete auch die gesamtwirtschaftliche Produktion in Russland im vergangenen Dezember ein beschleunigtes Wachstum. Das zeigt die folgende Abbildung mit Schätzungen des „Institute of Economic Forecasting“ der russischen Akademie der Wissenschaften (IEF-RAS).
blaue Säulen: Veränderung gegenüber dem Vorjahresmonat in Prozent (rechte Skala) schwarze Linie: Index des realen Bruttoinlandsprodukts, 2019=100 (linke Skala)

Zwischen Aufschwung und Risiken: Experten bewerten Russlands Wirtschaftslage
Dmitry Kuvalin, stellvertretender Direktor des Instituts für Konjunkturprognosen der Russischen Akademie der Wissenschaften, äußerte sich in einem Interview mit Kommersant zur Lage der russischen Wirtschaft Anfang 2025. Laut Kuvalin gibt es positive Entwicklungen:
- In vielen Regionen verbessere sich die Infrastruktur, besonders die Straßen.
- In der Industrie und Technologie seien strukturelle Verbesserungen sichtbar.
- Russische Firmen hätten Marktlücken gefüllt, die durch den Abzug ausländischer Unternehmen entstanden sind.
- Die Sanierung der Städte schreite voran.
Der beschleunigte Anstieg der Löhne, der in vielen Wirtschaftszweigen in den letzten drei Jahren zu verzeichnen sei, gebe Russland die Chance, aus der nachteiligen Position eines „Landes der Billigarbeitskräfte“ auszubrechen und die Modernisierung der Wirtschaft zu verstärken.
Die größten Herausforderungen für die russische Wirtschaft im Jahr 2025 werden nach Einschätzung Kuwalins die Fortsetzung der umfangreichen Sanktionen und die Verteuerung der Kredite sein. Die drastische Straffung der Geldpolitik der Zentralbank, die auf eine Senkung der Inflation abzielt, führe zu einem deutlichen Anstieg der Kreditkosten. Ein Teil der Finanzmittel fließe aus der Verwendung in der Realwirtschaft als Kapitalanlage in den Bereich der Banken. Die Investitionstätigkeit und die Produktion verlangsamten sich.
Als ebenfalls sehr ernste Herausforderung betrachtet Kuwalin den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften Außerdem gebe es eine „hohe wirtschaftliche Unsicherheit“. Sie hänge mit den Schwankungen des Rubel- und Leitzinskurses sowie mit dem Wachstum der Steuerlasten zusammen.
Russlands Wirtschaft im Januar 2025: Deutlicher Dämpfer für Schlüsselbranchen
Am 05. März veröffentlichte Rosstat nach der Statistik der Industrieproduktion weitere Daten zur Produktionsentwicklung wichtiger Wirtschaftsbereiche im Januar 2025. Beim Vergleich zum Vorjahresmonat war das Wachstum der Produktion im Januar nicht nur in der Industrie mit 2,2 Prozent deutlich geringer als im Dezember (8,2 Prozent).
Auch im Transportgewerbe blieb das jährliche Wachstum des Frachtumschlages im Januar mit 1,1 Prozent weit hinter dem Zuwachs im Dezember (4,4 Prozent) zurück.
Der jährliche Anstieg der Bauproduktion war im Januar hingegen ähnlich stark (7,4 Prozent) wie im Dezember (7,5 Prozent).
Die Produktion der Landwirtschaft stieg im Januar um 2,1 Prozent, nachdem sie im Dezember noch 11,6 Prozent niedriger als im Vorjahr war.

2024 als Rekordjahr: Reallöhne und Konsumausgaben steigen rasant
Basis des kräftigen realen Anstiegs der Ausgaben der russischen privaten Haushalte waren im letzten Jahr die hohen Zuwächse von Löhnen und Einkommen. Die Reallöhne stiegen 2024 um 9,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr (ein Rekordwert in den letzten 16 Jahren). Der reale Einzelhandelsumsatz stieg im Jahresvergleich 2024/2023 um 7,2 Prozent, der Umsatz in der Gastronomie noch stärker um 9,0 Prozent. Die Dienstleistungen verzeichneten ein reales Umsatzplus von 3,3 Prozent.
Im Dezember stiegen die Reallöhne gegenüber dem Vormonat November nach Berechnungen des Forschungsinstituts der „Wneschekonombank“, der staatlichen Bank für Außenwirtschaft, saison- und kalenderbereinigt um 4,1 % (siehe graue obere Linie in der folgenden Abbildung)
Indizes von Reallöhnen, realem Einzelhandelsumsatz und realem Umsatz mit kostenpflichtigen Dienstleistungen (Jan. 2014=100)

Die Einzelhandelsumsätze stiegen laut VEB-Institut im Januar 2025 gegenüber dem Vormonat Dezember um 0,8 Prozent (nach einem Rückgang um 0,9 Prozent im Dezember; siehe untere schwarze Linie in der obigen Abbildung). Im Vergleich zum Vorjahresmonat wuchsen sie im Januar insgesamt um real 5,4 Prozent (Lebensmittel: +5,6 %; Non-Food-Produkte: + 5,1 %).
Bei den kostenpflichtigen Dienstleistungen (grüne Linie) gab es laut VEB-Institut im Januar gegenüber Dezember einen realen Umsatzrückgang um 1,0 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg der Umsatz der Dienstleistungen im Januar um 2,5 Prozent.
Gestiegen sind die realen Umsätze im Einzelhandel und auch im Dienstleistungsbereich allerdings seit etwa Mitte 2024 deutlich weniger als im Verlauf des ersten Halbjahres 2024.
Schwächephase im neuen Jahr: Russlands BIP-Wachstum im Rückgang
Anders als üblich veröffentlichte das russische Wirtschaftsministerium im Januar keine Schätzung zur Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Produktion im Vergleich zum Dezember. Auch das VEB-Institut gab dazu keine Prozent-Schätzung ab. Es veröffentlichte jedoch folgende Abbildung zur saisonbereinigten Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Sie zeigt für Januar 2025 einen leichten Rückgang des realen BIP gegenüber Dezember.

Laut Schätzungen des VEB-Instituts sank der Anstieg des BIP im Januar im Vergleich zum Vorjahr von 4,9 Prozent im Dezember auf 3,5 Prozent. Auch das Wirtschaftsministerium schätzte einen Rückgang von 4,5 auf 3,0 Prozent.
Bei einer Ende Februar veröffentlichten Reuters-Umfrage erwarteten die Analysten im Durchschnitt für 2025 in Russland nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent. Die Teilnehmer einer Mitte Februar durchgeführten Umfrage der Moskauer „Higher School of Economics“ rechneten im Durchschnitt für 2025 mit einem BIP-Anstieg von 1,5 Prozent. Diese Prognose entspricht dem Mittelwert der Wachstumsspanne, die die russische Zentralbank als ihre Prognose für 2025 am 14. Februar nannte (+1,0 bis +2,0 Prozent).
Die Einschätzung vieler russischer Analysten, dass Russlands Wirtschaftswachstum nur etwa rund 1,5 Prozent betragen dürfte, wird derzeit auch von vielen westlichen Beobachtern geteilt. Bei einer Umfrage des in Barcelona ansässigen Research-Unternehmen FocusEconomics mit nur wenigen russischen Teilnehmern wurde im Februar im Durchschnitt für 2025 eine ähnlich niedrige Wachstumsrate für Russland erwartet (+ 1,6 Prozent) wie bei der HSE-Umfrage und der Reuters-Umfrage.
Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in Prozent

Der Krieg prägt Russlands Wirtschaft: BOFIT zieht kritische Zwischenbilanz
Nach drei Jahren Krieg gegen die Ukraine zieht das Forschungsinstitut BOFIT der finnischen Zentralbank eine Zwischenbilanz der Folgen des Krieges für die russische Wirtschaft und wagt einen Ausblick. Nach Meinung der Autoren des Policy Briefs des „Bank of Finland Institute for the Economies in Transition“ hat der Krieg „erhebliche Veränderungen“ in Politik und Wirtschaft in Russland verursacht. BOFIT stellt fest:
• Mit dem Aufbau der „Kriegswirtschaft“ hat der Staat eine noch zentralere Rolle in der Wirtschaft übernommen.
• Bei der Finanzierung des Krieges hat die Regierung ihre bisherige „konservative“ Haushaltspolitik verlassen und ist bereit, höhere Defizite in Kauf zu nehmen.
• Auch für Russlands Wirtschaftspolitik hat der Krieg oberste Priorität. Langfristig niedrigere Wachstumsraten werden nun akzeptiert.
• Außenwirtschaftlich ist Russland durch den Krieg zu einer zu einer deutlich isolierteren Volkswirtschaft geworden – mit einer verstärkten Abhängigkeit von China.
In Russland werden immer mehr wirtschaftliche Ressourcen für den Krieg bereitgestellt. Damit ist die Rolle des Staates in der Wirtschaft gewachsen. Ein Großteil der Wirtschaft funktioniert aber immer noch nach Marktprinzipien.
Mit dem Krieg haben sich die Herausforderungen des Geschäftsumfelds für die russischen Unternehmen weiter verschärft, vor allem für Unternehmen ohne enge Kontakte zur Regierung. Die russischen Unternehmen haben sich aber schnell auf die „neue Realität“ eingestellt.
Politische Kursänderungen und langfristige Herausforderungen
Mit dem Krieg gegen die Ukraine hat Russland eine Reihe tiefgreifender wirtschaftlicher Veränderungen durchlebt. Die russische Regierung hat ihre konservative Haushaltsdisziplin aufgegeben und ist nun bereit, erhebliche Defizite zu akzeptieren, um die Kriegskosten zu decken. Dies geschieht durch die Nutzung von Finanzreserven im „National Wealth Fund“ und eine zunehmende Staatsverschuldung im Inland. Trotz dieser Maßnahmen wächst die russische Wirtschaft auf kurze Sicht, doch langfristig wird das Wirtschaftswachstum durch die Kriegsausgaben stark gebremst. Die Priorität liegt klar auf der Kriegsführung, während die langfristige wirtschaftliche Entwicklung in den Hintergrund tritt. Die von Krieg verschlungenen Ressourcen verhindern eine nachhaltige Grundlage für zukünftiges Wachstum und Wohlstand. Zudem hat Russland durch den Krieg eine engere wirtschaftliche Bindung an China entwickelt, da das Land als wichtiger Handelspartner fungiert. Die Abhängigkeit von China wird zunehmend intensiver, während der Rückgang der Einwanderung und der Bevölkerungsrückgang die russische Wirtschaft zusätzlich belasten.
Über den Autor:
Klaus Dormann war von 2008 bis 2015 Mitarbeiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Ruhrgas AG und der E.ON SE.
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