Tagesübersicht Russlandgeschäft: 24.06.2016
Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft an diesem Freitag, den 24. Juni 2016. Es ist unmöglich, es nicht mitbekommen zu haben: Großbritannien hat sich in einem Referendum für den den Austritt aus der EU ausgesprochen. Es ist wohl einer dieser Tage, an den man sich erinnert wird: Was habe ich damals gemacht?
- Erste Brexit-Reaktionen,
- Das sagen russische Politiker zum Brexit,
- Deutsch-russische Strategische Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen tagt heute in Berlin,
- 2. Russisch-Deutsche Unternehmerplattform.
Erste Brexit-Reaktionen
Die Ereignisse überschlagen sich momentan. Premierminister Cameron kündigte seinen Rücktritt an – allerdings erst im Oktober.
Fest steht schon jetzt: Die internationalen Märkte haben katastrophal auf den Brexit reagiert. Der DAX lag bei der Eröffnung über 11 Prozent im Minus. Mittlerweile hat er sich auf rund -7 Prozent stabilisiert. Auch an den asiatischen Aktienmärkten fallen die Kurse. Der Goldpreis steigt dagegen stark. Die Anleger flüchten sich in sichere Häfen.
Die Rating-Agentur Standard & Poor’s kündigte an, aller Wahrscheinlichkeit nach die Bonitätsnote Großbritanniens von derzeit AAA zu senken.
Die russischen Aktienindizes RTS und MICEX fielen bei der Eröffnung um 5,4 bzw. 3,1 Prozent.
Der Pfund ist zum Dollar nun so wenig wert wie seit 1985 nicht mehr. Auch der Dollar-Rubel-Kurs wurde vom Brexit in Mitleidenschaft gezogen. Der Dollar gab um 2 Rubel nach. Das war der deutlichste Rückgang seit Mai. Der Euro-Rubel-Kurs blieb hingegen weitgehend gleich, weil der Euro ebenfalls klar gegenüber dem Dollar nachgab (siehe auch diesen Artikel von Bloomberg).
Eine weitere für Russland bedeutende Auswirkung ist, dass der Ölpreis für die Sorte Brent (ICE; Lieferung August) von über 50 Dollar pro Barrel um 4,8 Prozent auf rund 48,5 Dollar abstürzte.
Das sagen russische Politiker zum Brexit
Der stellvertretende russische Finanzminister Alexej Moisejew versicherte am Freitag, dass es für Russland keine großen Risiken mit sich ziehen werde, dass Großbritannien die EU verlasse. Jedoch schrecken die Investoren dadurch zunehmend vor Risiken zurück. Den Einfluss auf die Finanzmärkte werde man umgehend sehen.
Es sei allerdings nicht klar, inwiefern das Ergebnis des Referendums auch in einen tatsächlichen Austritt umgesetzt werde. Soweit er wisse, gebe es kein praktisches Prozedere für einen EU-Austritt [Anm. d. Red: Das gibt es. Der Austritt ist durch Artikel 50 des EU-Vertrags geregelt. Praxiserfahrungen gibt es selbstverständlich keine].
„Für Russland ist die Europäische Union der Haupt-Partner… Wenn die EU fehlschlägt und vor weitere Krisen und Problemen steht, würde das auch unsere Handelsbeziehungen beeinflussen, die schon von den Sanktionen betroffen sind“, sagte der Vorsitzende des Komitees für Internationale Angelegenheiten des Russischen Föderationsrats, Konstantin Kostschew gegenüber einem Fernsehsender.
Auch Ex-Finanzminister Kudrin kommentierte schon bei Twitter: „Der Brexit beeinflusst Russland nicht signifikant. Wir haben eigene Probleme, die viel sensibler sind.“
На Россию Brexit существенно не влияет. У нас свои проблемы, более чувствительные
— Алексей Кудрин (@Aleksei_Kudrin) June 24, 2016
Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin äußerte sich auf Twitter: Ohne Großbritannien wird es niemanden in der EU geben, der die Sanktionen gegen uns [Russland] so eifrig verteidigt.“
Без Великобритании в ЕС уже некому будет так рьяно отстаивать санкции против нас https://t.co/1pOmYRXDX5
— Сергей Собянин (@MosSobyanin) June 24, 2016
Strategische Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen tagt heute in Berlin: Dabei sollen auch zehn Verträge unterzeichnet werden
Die deutsche und die russische Wirtschaft treffen sich heute auf offizieller Ebene, um ihre Zusammenarbeit zu verbessern. Dafür wurde die Deutsch-Russische Strategische Arbeitsgruppe für Wirtschaft und Finanzen (SAG) wiederbelebt, die 2000 auf Initiative von Bundeskanzler Schröder und Präsident Putin gegründet wurde. Auch der damalige Ost-Ausschuss-Vorsitzende Klaus Mangold hatte sich dafür eingesetzt.
Erstmals seit der Ukraine-Krise tagt die SAG nun wieder. Dazu treffen die Staatssekretäre der beiden Wirtschaftsministerien in Berlin zusammen. Konkret sind das Alexej Lichatschow, der stellvertretende Minister für Wirtschaftsentwicklung Russlands, und Uwe Beckmeyer, der parlamentarische Staatssekretär im deutschen Bundeswirtschaftsministerium.
Laut dem Ost-Ausschuss steht neben neuen bilateralen Investitionsvorhaben und der russischen Strategie zur Lokalisierung und Importsubstitution auch eine verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Umweltschutz, Berufsausbildung und zur Vernetzung von Führungskräften auf der Agenda der SAG.
Insgesamt zehn Verträge ständen im Zusammenhang mit der SAG zur Unterschrift an. Darunter seien Investitionsprojekte wie:
- der Aufbau einer Fabrik zur Holzverarbeitung im Gebiet Kaliningrad,
- die Gründung eines Gemeinschaftswerks zur Herstellung von Turmkränen in der Region Twer
- und die Gründung eines Gemeinschaftsbetriebs zum Recycling von Autoreifen.
Eine Reihe von Verträgen betreffe zudem die Intensivierung der Forschungszusammenarbeit: So soll in Kasan ein tatarisch-deutsches Engineering-Zentrum zur Steigerung von Energieeffizienz und Umweltsicherheit eingerichtet werden. Die Berliner Charité plant eine Kooperation mit der russischen Akademie der Wissenschaften zur stärkeren kommerziellen Vermarktung medizinischer Forschungsergebnisse und die Technische Universität von Kasan intensiviert die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik.
„Wir begrüßen dieses Zeichen der Wiederannäherung beider Länder“, erklärte dazu Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) in einer Mitteilung der Unternehmensvertretung. „Russland ist und bleibt ein strategischer Wirtschaftspartner.“
Auch der Ost-Ausschuss, der neben der AHK bei der Veranstaltung vertreten ist, zeigte sich hoffnungsvoll: „Wir sind sehr froh, dass dieses Herzstück der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen wieder seine Arbeit aufnimmt und wir die Anliegen unserer Unternehmen konzentriert mit den russischen Partnern abstimmen können“, kommentierte Ost-Ausschuss-Geschäftsführer Michael Harms das Treffen.
„Es gibt viel zu besprechen, denn in den vergangenen Monaten ist das Interesse der deutschen Wirtschaft an Investitionen in Russland spürbar gestiegen“, sagte Harms. „Dies liegt vor allem an den deutlich gesunkenen Arbeitskosten in Russland und der russischen Importsubstitutionsstrategie, die eine einheimische Produktion bevorzugt.“
Zuletzt hatten mehrere deutsche Unternehmen ihre Investitionen in die russische Wirtschaft und besonders in lokale Produktionen verstärkt.
2. Russisch-Deutsche Unternehmerplattform
Im direkten Anschluss an das Treffen der SAG findet am heutigen Freitag ab 14:30 Uhr die 2. Russisch-Deutsche Unternehmerplattform statt, die vom Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft in Kooperation mit der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, dem russischen Industrie- und Unternehmerverband (RSPP) und der Mittelstandsvereinigung Delowaja Rossija organisiert wird.
Hier stehen vor allem die praktischen Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit der Europäischen Union mit der Eurasischen Wirtschaftsunion im Mittelpunkt der Paneldiskussionen.
Erste Brexit-Reaktionen,
weil ich EU-Befürworter bin habe ich auf dieses Ergebnis gehofft, jetzt hat die EU die Möglichkeit zu besserer Politik für Europas Wirtschaft und seine Bevölkerung; bei der sich Britannien aus meiner Sicht viel zu oft quer gestellt hat und mit den USA zusammen bessere Politik für Europa verhinderte.
Man kann die Situation als neue Chance für Großbritannien/England, für die EU-Innenpolitik und die EU-Welt-Politik sehen, hoffentlich wird sie auch genutzt.