Putin will Gesetz gegen Internet-Extremismus lockern

Putin will Gesetz gegen Internet-Extremismus lockern

Immer häufiger geht Russland juristisch gegen regierungskritische Beiträge im Internet vor. So muss Maria Motuznaya (23) mit einer sechsjährigen Haftstrafe rechnen. Grund: Im Jahr 2016 hatte sie auf dem russischen sozialen Netzwerk VKontakte kritische Memes über die orthodoxe Kirche gepostet. Nun will Russlands Präsident Wladimir Putin das umstrittene Anti-Extremismus-Gesetz lockern – doch Kritiker äußern Zweifel.

Wer im Internet zu „Hass und Feindschaft“ anregt, sollte beim ersten Vergehen nicht strafrechtlich belangt werden. Dies erklärte Putin am Mittwoch vor der Staatsduma.

Das sind gute Nachrichten für einen 35-jährigen Russen in Sibirien. Nachdem er im Internet kritische Beiträge über den russischen Präsidenten und religiöse Führer veröffentlicht hatte, drohten ihm bis zu fünf Jahre Haft. Der umstrittene Artikel 282 stellt unter anderem die Anstiftung zu Rassismus und Hass gegen Religionen unter Strafe. Kurz nach Putins Vorschlag entschieden die örtlichen Behörden in der Stadt Krasnojarsk, den Fall nicht weiter zu verfolgen.

Die Entscheidung könnte auch mit der geringen Reichweite seines Beitrags in Verbindung stehen: Keiner der 166 Online-Freunde des 35-Jährigen hatte auf die kritischen Postings reagiert.

Skeptiker äußern Zweifel an Kurswechsel

Pawel Tschikow, Chef der russischen Menschenrechtsorganisation Agora, bewertet die Entwicklungen positiv. „Auch wenn dieser Fall nicht direkt mit Putins Vorschlag zusammenhängt – er folgt einer allgemeinen Tendenz.“ Skeptiker glauben jedoch nicht an einen Kurswechsel.

So bemängelt Agora-Anwalt Damir Gainutdinow, dass Putin keine genaue Definition von Extremismus festlegt. „Wir haben eine sehr breite Definition. So ziemlich alles kann darunter [unter das Gesetz – Anm. d. Red.] fallen.“ Zahlreiche Russen würden aus Angst vor Verfolgung ihre Profile in den sozialen Netzwerken löschen. Putin gehe es darum, die Bürger zu besänftigen. Ein weiteres Problem sei, dass die Behörden an Erfolgsquoten gebunden seien, so Gainutdinow.

Die auf Rassismus- und Nationalismus-Forschung spezialisierte russische NGO SOWA sagte gegenüber Moscow Times, dass der Artikel 282 vor allem aus „bürokratischen Gründen“ beliebt geworden sei. „Es ist sehr simpel“, erklärte SOWA-Chef Alexander Werchowskij. „Innerhalb von nur 30 Minuten kann man Beweise finden allein durch die Suche auf VKontakte.“

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