Müllkrise bei Moskau führt zu gewalttätigen Protesten

Müllkrise bei Moskau führt zu gewalttätigen Protesten

Nach der Freisetzung gefährlicher Gase in einer Mülldeponie in der Moskauer Region demonstrieren die Einwohner der Kleinstadt Wolokolamsk für die Schließung der Anlage. Doch die russische Regierung stellt sich quer und lässt die Proteste eskalieren. Dies berichtet die Wirtschaftszeitung Wedomosti.

Bereits seit einem Jahr beschweren sich die Anwohner der russischen Stadt Wolokolamsk über die örtliche Mülldeponie namens „Jadrowo“ – jedoch ohne Gehör bei der Regierung zu finden. Nun ist es zu einer Katastrophe gekommen: Am gestrigen Mittwoch klagten Dutzende Schüler der vor Moskau gelegenen Kleinstadt über körperliche Beschwerden. Insgesamt 57 Kinder wurden mit Schwindel und Übelkeit ins Wolokolamsker Krankenhaus zur Untersuchung gebracht. Hunderte Menschen versammelten sich vor dem Gebäude und forderten eine Diagnose, welche die Ärzte jedoch verweigerten. Auch die Anzahl der Kinder wurde anfangs noch zurückgehalten.

Bürger fordern Schließung der Deponie

Für die Demonstranten und den Bürgermeister der Stadt, Pjotr Lasarew, ist die Ursache für die Erkrankungen offensichtlich: Schuld sei eine etwas mehr als dreieinhalb Kilometer von der Schule entfernte Mülldeponie, mit der es seit Wochen immer wieder Probleme gibt. Schwefelwasserstoff und Stickstoffmonoxid würden aus der Anlage austreten und die Luft verpesten. „In der Nacht und am Morgen lag ein fürchterlicher Geruch über der Stadt, der es unmöglich machte zu atmen“, erinnert sich Lasarew an den 21. März.

Die Anwohner fordern jetzt die endgültige Schließung der Anlage – einen Schritt, den auch der Bürgermeister empfiehlt, der aber außerhalb seiner Zuständigkeit liegt. Schon vor dem Krankenhaus wurde deutlich, dass die Geduld der Bewohner in Wolokolamsk ihr Ende erreicht hat. „Tötet nicht unsere Kinder“ und „Wir ersticken“ stand auf den Schildern, die an Moskau gerichtet sind. Der Gesundheitsminister der zuständigen Moskauer Region, Dmitrij Markow, stritt zunächst einen Zusammenhang mit der Deponie ab. Erst später erkannte der Vize-Vorsitzende des Moskauer Gebietes, Alexander Schuprakow, die Freisetzung von Deponie-Gasen an.

Die folgenden Schlichtungsversuche der Politik stießen auf eine aufgeheizte Stimmung, die zum Teil eskalierte. Andrej Worobjew, Gouverneur der Moskauer Region, und Jewgeni Gawrilow, Chef des Wolokolamsker Distrikts, besuchten sowohl die Mülldeponie von Jadrowo als auch das Krankenhaus. „Mörder!“ und „Schande!“ schlug es den Offiziellen vor der Klinik entgegen. Im Gespräch mit den Demonstranten kam es auch zu Handgreiflichkeiten.

Handgemenge mit politischem Besuch

„Wenn mein Enkel stirbt, werde ich dir deine Brille in den Arsch stopfen, verstanden?“, drohte laut Kommersant ein älterer Herr dem angereisten Gawrilow. Es folgte eine kurze Rangelei zwischen beiden Männern, bevor beide durch die Menge voneinander getrennt wurden. Die Politiker wurden außerdem ausgepfiffen und mit Schneebällen beworfen. Vor der Mülldeponie trafen die Demonstranten mit der Polizei aufeinander, nachdem die Bürger versucht hatten, die Zufahrt zur Anlage zu blockieren. Spezialeinheiten lösten die Versammlung schließlich auf.

Die regionalen Stellen geben an, bis zum 24. März mit dem Bau einer neuen Deponie fertig zu sein und die Lieferungen nach Jadrowo zu stoppen. Anschließend wolle man sich um Entgasungssysteme kümmern. Worobjew kündigte an, die Sorgen der Anwohner ernst nehmen zu wollen. Ob dies die Proteste in Wolokolamsk beruhigen wird, bleibt abzuwarten.

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