Großbritannien will gegen russisches Schwarzgeld vorgehen
Der Kampf Großbritanniens gegen russische Schwarzgelder im eigenen Land nimmt weiter Konturen an. Mehr als 120 Personen werden verdächtigt, ihren Reichtum nicht rechtmäßig erlangt zu haben. Die meisten von ihnen stammen aus Russland. Dies berichtet Wedomosti.
Nachdem die britische Regierung am Anfang des Jahres angekündigt hatte, entschieden gegen Geldwäsche im eigenen Land vorgehen zu wollen, präsentieren die Behörden nun erste Ermittlungsergebnisse. Wie die National Crime Agency (NCA) der britischen Times mitteilte, stünden zwischen 120 und 140 Privatpersonen unter Verdacht, bei denen es Probleme in der Rückverfolgung ihres Reichtums gebe. Laut einer anderen regierungsnahen Quelle handele es sich hierbei hauptsächlich um russische Staatsbürger, jedoch auch um Personen, die Geschäftsverbindungen nach Russland unterhielten.
Ermittler weisen politische Motive zurück
Nach dem Attentat auf den Ex-Spion Sergej Skripal, für das Russland verantwortlich gemacht wird, haben sich die schon zuvor beschädigten Beziehungen beider Staaten noch einmal erheblich verschlechtert. Es steht der Vorwurf im Raum, dass Großbritanniens Kampf gegen Geldwäsche zu einem gezielten Vorgehen gegen russische Staatsbürger missbraucht werde. Donald Thun, Vorsitzender der NCA, weist jegliche Zusammenhänge mit der Attacke in Salisbury zurück. Die Ermittlungen richteten sich allein gegen „korrupte Eliten und illegale Wohlfahrt“ und würden unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Zielpersonen vollzogen. Alle Verdächtigten verfügten über Vermögenswerte, bei denen sich eine „unklare Herkunft“ feststellen lasse.
Am 31. Januar dieses Jahres hatte das Vereinigte Königreich die sogenannten “Unexplained Wealth Orders” erlassen. Diese ermöglichen es den britischen Behörden, Gelder ab der Höhe von 50.000 Pfund unter Beschlag zu nehmen, sofern deren Herkunft vom Besitzer nicht nachgewiesen werden kann. Der russische Generalstaatsanwalt Juri Tschaika forderte Großbritannien im April dazu auf, das Gesetz “in Übereinstimmung mit den Normen eines zivilisierten Staates” zur Anwendung zu bringen. Hierfür müssten Vermögenswerte, die auf illegalem Wege dem russischen Fiskus vorenthalten wurden, nach der Beschlagnahmung an Moskau übergeben werden. Seit 2002 habe Russland Anfragen für die Auslieferung von mehr als 60 russischen Staatsbürgern geschickt, die in Russland bereits wirtschaftlicher Verbrechen überführt wurden.
Abramowitschs gescheiterter Visumantrag
Zusätzlich zur Durchsetzung der “Unexplained Wealth Orders” hat die britische Regierung angekündigt, Hunderte an Russen vergebene Visa überprüfen zu wollen. Roman Abramowitsch, Oligarch und Besitzer des englischen Fußballvereins FC Chelsea, zog vor kurzem seinen neuen Antrag auf ein britisches Visum zurück. Die Behörden waren einer Ausstellung des Visums zuvor nicht nachgekommen. Eine offizielle Stellungnahme gibt es bisher nicht. Britischen Boden kann Abramowitsch aber wieder betreten: Der Oligarch erlangte letzte Woche die israelische Staatsbürgerschaft, mit der er sich sechs Monate ohne Visum in Großbritannien aufhalten darf.