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Benimmregeln für Russland: Nicht zu viel lächeln!

Auf den ersten Blick können Russen für Deutsche unfreundlich und verschlossen wirken. Das liegt unter anderem daran, dass es in Russland nicht üblich ist, fremde Menschen anzulächeln. Einen kurzen Blickkontakt aufnehmen und ein Lächeln andeuten – so geht man in Europa miteinander um. Doch in Russland ist das unverbindliche Lächeln so gut wie unbekannt.

Warum fällt es einem Russen so schwer, einfach nett zu sein, möchte man fragen? Doch seien Sie nicht zu schnell mit Ihrem Urteil. Die Russen sind nicht unfreundlicher oder unhöflicher als die Deutschen. Sie legen nur den Schwerpunkt anders. Und zwar auf die persönliche Ebene.

Wer in Russland fremde Menschen ohne besonderen Grund anlächelt, kann sogar für geistig behindert gehalten werden. „Warum grinst Du wie ein Idiot?“, heißt es im Volksmund. Denn ein Lachen muss vom Herzen kommen, und nicht nur „vorgetäuscht“ oder unverbindlich sein.

Die Russen lieben eben keine Zwischentöne: „Wenn schon lieben, dann von Herzen, wenn schon drohen, dann nicht zum Scherzen,(…) Wenn schon strafen, dann gerecht, Wenn schon feiern, dann bezecht!“, schrieb der Dichter Alexej Tolstoi über den russischen Charakter.

Dazu kommt natürlich, dass viele Menschen in Russland tatsächlich nicht viel zu Lachen haben. Fast jeder hat mit schwerem Alltag und irgendwelcher Willkür zu kämpfen. Und dabei soll man nett lächeln? Die Russen sehen darin keinen Sinn. In modernen Nobelboutiquen wird zwar immer wieder versucht, den Kunden auf „westlicher“ Art zu begrüßen, doch das Lächeln der Verkäufer, wirkt meist sehr künstlich.

Erst sobald sich ein Russe Ihnen öffnet, ändert sich das fundamental. Er kann dann eben von Herzen lachen. Überhaupt wird der Begriff „Erzogenheit“ in Russland anders verstanden und hat wenig mit dem westlichen „guten Ton“ oder der offiziellen Etikette zu tun. Höfliches Benehmen in öffentlichen Verkehrsmitteln, Galanterie den Frauen gegenüber, sowie das Bemühen, für einen „Kulturmenschen“ gehalten zu werden, werden in Russland ganz groß geschrieben.

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25 Kommentare

  1. Sehr richtig Sergey, die Deutschen sollen nicht krampfhaft versuchen wie Russen zu wirken und umgekehrt auch nicht. Ich habe gegenüber Russen/-innen nie meine deutsche Erziehung und Sozialisation verleugnet, und warum sollte ich das auch tun? Ich mache alles zu 100% genau (auch wenn’s ewig dauert), ich achte wie ein Spießer auf Pünktlichkeit und ich zahle auch nicht Nadeshdas Essen im Restaurant, wenn ich dafür anschließend meine Uhr verkaufen muss. Ich stehe zu meiner Kultur und es geht mir ganz gut, habe Arbeit, spare viel, gehe früh ins Bett. Und die meisten Russen hier in Berlin machen ja auch keinen Hehl aus ihrer Mentalität, die lesen bestimmt keine Interkulturalitäts-Leitfäden: Lächeln wenig, feiern laut, bis der Arzt kommt, finden Zar Putin super und erzählen dir, dass die Juden an allem Möglichen schuld seien. Die Deutschen sind wohl mit Fleiß und Sorgfalt ein sehr reiches Land geworden, aber wenn wenn hier jetzt alle Russen, Türken und Italiener interkulturell-kompetent (also deutsch) werden, dann gute Nacht, dann sterben wir bald vor Langeweile!

  2. Hallo, da ich jetzt bald das erste mal in meinem Leben nach Russland reisen werde, dachte ich mir, ich informier mich mal im Vorraus was als höflich oder nicht so höflich angesehen wird. Ich denke, das für den Anfang hier schon mal ganz nützliches mitgeteilt wurde so das ich nicht gleich bei Betreten des Landes ins Fettnäpfchen trete.
    Das sowohl aus der Pro- Russischen als auch der Pro-Deutsche Seite solche feindlichen Kommentare und Herabwürdigungen des Anderen kommen, finde ich absolut schade und im Sinne der allgemeinen Völkerverständigung kontraproduktiv.
    Viele Grüße

  3. Danke für die Info – Ich war mit meiner Familie im Urlaub in einem Hotel, das – zumindest zeitweise – fest in russisch/ukrainischer (was vermutlich in keinster Weise das selbe ist) Hand. Die hier angeführten Benimm-Regeln erklären sehr viel von dem, was ich im Urlaub z.T. als extrem befremdlich wahrgenommen habe. Ich bevorzuge zwar die immerhöfliche Thai-Variante des Umgangs miteinander, werde aber beim nächsten Anlass die Ruppigheit nicht als Unhöflichkeit interpretieren.

  4. Meine KOmmentare werden hier leider gelöscht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass die Deutschen sehr primitiv und mental unterentwickelt sind. Sind sind krankhaft korrekt uns brauchen keinen Spass oder Freiheit im Leben. Ihr Grinsen hier oft als Lächeln benannt) ist ehe nicht ehrlich gemeint und hinter dem Rücken wird sofort schlecht über die Person geredet.

    so, und nun könnt ihr meinen Beitrag wieder löschen, weil nicht in euer schema passt ;,)

    1. Überall auf der Welt sind Menschen unterschiedlich. So auch innerhalb der Länder. Ich habe sehr nette Erfahrungen mit den Menschen in Russland gemacht und genauso in Deutschland. Auch hier leben sehr viele flexible Menschen, die Spaß am Leben haben und die Freiheit genießen. Toi,toi,toi, dass Du hiervon ein paar kennenlernst:-).

    2. Da gebe ich dir Recht. Diese künstliche vorgetäuschte Freundlichkeit der Deutschen geht mir auch auf die Nerven, obwohl ich Deutscher bin oder vielmehr einen deutschen Pass besitze. Ich denke aber, dass Russen und Deutsche viel zu wenig voneinander wisssen und etliche Vorurteile auf beiden Seiten bestehen

    3. Ich gebe dir Recht, muss aber dazu sagen dasich selber Deutscher bin aber das hinter den Rücken reden ist eine Katastrophe von den Deutschen, mit Lächeln angeschaut und Hinterrücks schelcht gesprochen

  5. Kulturelle Unterschiede…, keine Lust zum Lächeln…, das Leben ist so schwer…., es ist unseriös oder sogar unmännlich. Alles Unsinn. Die sind nach 100 Jahren Bolschewiken einfach schlecht erzogen. Das gleiche gilt für Taliban, Albaner und andere.
    Sich als Deutscher anpassen, dann würde man „angenommen“ und fände sogar Kontakte? Dasselbe gilt auch für den Knast, die Gesellschaft von Kesselflickern und Tagelöhnern oder sogar ein Rudel von Strassenkötern.
    Die europäische Galanterie war schon immer etwas „Feines“ in Russland, was man selbst eben aufgrund mangelnder Erziehung nicht hinbekommt. Das ist schon seit Peter dem Grossen so. Es kostet eben Stärke angesichts von Leid zu Lächeln und zuvorkommend zu sein obwohl das Ego danach schreit sich nur noch um sich selbst zu sorgen. Es ist eben eine Form von Heldentum im Mangel auch noch abzugeben. Auch gute Laune. Es ist ein Ausdruck von Überlegenheit sogar einem Feind Geschenke zu machen.
    Russen sind im Vergleich zu Deutschen primitiv. Da hilft auch kein Studium. Mein Vater sagte immer haue ihnen eins in die Fresse und mache klar wer der Chef ist. Dann kommt man gut miteinander aus!

    1. Die Primitiven sind immer diejenigen, die mit dem Finger auf andere zeigen und diese primitiv nennen… ich weiß ja nicht, was du für eine Erziehung genossen hast, aber deine Art zu schreiben ist WIRKLICH primitiv… aber ich hoffe doch, da der Artikel am 01.04. geschrieben wurde, dass du es nicht so gemeint hast und es nur ein schlechter Aprilscherz gewesen ist…

      1. „aber ich hoffe doch, da der Artikel am 01.04. geschrieben wurde, dass du es nicht so gemeint hast und es nur ein schlechter Aprilscherz gewesen ist…“
        Ja, genau so sehe ich das auch. Joachim scheint zu jenen Menschen zu gehören, die sich bierbauchkratzend vor dem Fernseher sitzend darüber beschweren, wie kalt das Wiener Schnitzel ist/war und schlecht der Empfang ist – schließlich haben sie doch „MALLORKA-ALL-INCLUSIVE“ gebucht.
        Ich bin aus beruflichem Grund seit einem halben Jahr in Moskau und werde noch drei Jahre bleiben. Meine Erfahrungen geben dem Ursprungsautor Recht. ja, die wirken total unfreundlich – aber frag mal nach dem Weg. Und wenn du es geschafft hast, dass man dich privat einläd, da explodiert das Herz in menschlicher Wärme. Nein, ich bin kein ausgesprochener Russlandfreund. War ich nie. Werde ich wahrscheinlich auch nicht. Dafür ist mir diese Welt zu fremd. ich hätte im Leben kein Ticket nach Moskau gekauft. Warum ich dann hier bin? Weil ich es kennen lernen wollte. Weil es spannend ist. Weil ich das Fremde kennen lernen will um Dummgeschwätz keinen Glauben schenken zu müssen. Aber ich bin auch so erzogen -und meinen Eltern sehr dankbar dafür!- dass ich andere Menschen in ihren anderen Kulturen und anderen Ländern einfach so nehme, wie sie sind. So wie meine Mutter immer sagte: In 99% der Länder bist DU der Ausländer!“ Und da hat sie wohl Recht.
        Und ja – ich habe ein paar Menschen kennen gelernt, die ich als meine Freunde bezeichnen würde. Sind wir doch mal ehrlich: Im Leben zählt die Sympathie. Nicht die Nationalität.

    2. Sehr lustig – da sagen sehr viele ganz ähnliches über „die Deutschen“.
      Das ist natürlich Schwachsinn, es gibt überall gute oder schlechte Menschen, ich behaupte sogar, dass das Verhältnis auf der ganzen Welt ganz ähnlich aussieht. Dumm ist nur, wenn man Menschen aufgrund der unterschiedlichen kulturellen Spielregeln falsch beurteilt…

  6. bei den russen musst du stärke beweissen…du musst achten was und wie du redest und vieles mehr…ich hoffe hier gibts einen der das erklären kann vllt ja der Sergey…

  7. Als ich meine mittlerweile Verlobte in Rostov na Donu im Jahr 2008 zum ersten Mal besucht habe, habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass Freundlichkeit in Russland relativ ist.
    Geht man in einen Laden, so sucht man sich was man kaufen will, geht an die Kasse, zahlt, und zwar alles mit möglichst wenig Euphorie und ohne unnütz Worte.
    Der Kassierer begrüsst einen nicht, es wird nicht gefragt ob alles in Ordnung war, es wird weder „Danke“ noch „Bitte“ gesagt, auf Kundenservice wird einfach keinen Wert gelegt.

    Und erst jetzt, dank diesem Blog, verstehe ich warum. Und ich bin sicher, dass ich die Verkäuferin im kleinen Laden an der Ecke in Zukunft mit anderen Augen sehen werde 🙂

    Wie ich bereits erwähnte; Freundlichkeit ist relativ. Umso grösser ist die Gastfreundschaft und die Art der Russen, wenn man sie näher kennen lernt. An jener Gastfreundlichkeit könnte sich so mancher Deutsche eine Ecke abschneiden.

    Zu dem was Autor Ingul meinte: „Oder hat irgendjemand schon einmal einen Russen sagen hören, dass es ihm ausgezeichnet gehe? “
    -Nein.
    Ich antworte allerdings auf diese Frage gerne mit „Ausgezeichnet“… „Otlitschno“ 🙂
    Und die Reaktion meines Schwiegervaters ist grandios: Ein „Oho!“ gekoppelt mit einem breiten Grinsen.

  8. Ich würde da gerne noch ein Moskauer Perspektive einwerfen. Grundsätzlich stimmt es natürlich schon, dass in Russland weniger gelächelt wird als vielleicht in England oder Deutschland.
    Ich glaube jedoch, dass in Moskau mehr gelächelt wird als anderswo in Russland. Zwar nicht konstant und immer, aber immer mehr vor allem unter jungen Menschen. Und ich glaube nicht, dass das Lächeln in russischen Nobelboutiquen künstlicher ist als anderswo.
    Kulturen verändern sich, nehmen das von anderen Kulturen auf, was gerade passt und dem Alltag entspricht. Und ein Lächeln oder freundlicher Blick im Alltag schadet nicht, Kultur hin oder her. Und in Moskau leben seit so vielen Jahren verschiedene Kulturen miteinander, dass sich das Lächeln mehr eingebürgert hat als anderswo. Das heißt nicht, dass Russland deswegen seine kulturellen Eigenschaften verliert.
    Und ohne nun in allgemein gehaltene Kritik und grobe Kommentare verfallen zu wollen: Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass die Leute, die mein deutsches Lächeln auf der Strasse, im Geschäft oder sonst wo nicht erwidern, einfach keine Lust drauf haben. Denn ganz allgemein gesagt, ist Fröhlichkeit im Alltag in Russland nicht unbedingt schick. Nicht umsonst finde auf die Frage: «Как дела?» die Antwort «Нормально» als höchstes der Gefühle immer noch sehr gedämpft. Oder hat irgendjemand schon einmal einen Russen sagen hören, dass es ihm ausgezeichnet gehe? 😉

  9. Hallo Philipp, ist mir noch was eingefallen. Die Deutschen stellen sich beim Anrufen immer vor. Die Russen aber nicht. Es ist aber trotzdem gut sich in Russland beim Anrufen vorzustellen. Es sieht höfflicher aus. Нужно только лучше сказать – если ты еще не знаком с данным человеком – не „здравствуйте, это Мартин Шмитд“, а „здравствуйте, меня зовут Мартин Шмидт“. Generell kommt der höfflicher Umgang bei den Russen gut an. Und die Deutschen haben bestimmte Höfflichkeitsumgangsformen oft besser drauf.

    Viele Grüße,
    Sergey

  10. Auch wenn man als Deutscher schon lange in Russland ist, es gibt immer wieder Dinge, die einem hier unverständlich bleiben. Vielen Dank für die Insider-Tips.

  11. Die Sache ist die, dass die meisten Russen die Deutschen und somit ihre Mentalität nicht wirklich kennen. Ist ja auch verständlich: wir sprechen ja unterschiedliche Sprachen… und wir kommen einander recht fremd vor. Es gibt aber natürlich in Russland weit verbreitete Vorstellungen über die Deutschen. Sie sind zuverlässig in vielerlei Hinsicht, sie arbeiten fleißig. Sie sind aber diszipliniert und streng, somit aber aus menschlicher emotionaler Sicht recht kalt. Also, Fleiß, disziplinierte Arbeitsweise, Zuverlässigkeit sind die Eigenschaften, die auch von den Russen geschätzt werden. Und so kannst du dich als Deutscher ruhig präsentieren. In Gesprächen mit Russen würde ich aber auch z.B. auf das Thema Literatur eingehen, bzw. Respekt und Kenntnisse über die russische Literatur zeigen. Es wäre z.B. auch von Vorteil den deutschen Dichter Rainer Maria Rilke im Kontext seiner Vorliebe für Russland zu erwähnen. Man darf nicht vergessen, dass dem Literaturunterricht in der sowjetischen und auch russländischen Schule einen großen Stellenwert eingeräumt wurde. Einige russischen Schriftsteller und Dichter wurden in der Schule fast als Heiligen dargestellt. Also, die Russen sind stolz auf sie. Noch eine Sache zu erwähnen: Es gibt im Russischen das Wort эрудированный. Das Wort bezeichnet eine Person mit breitem Allgemeinwissen. Jemanden als очень эрудированный zu bezeichnen, wäre ein gutes Kompliment. Die Russen haben irgendwie nachwievor Respekt vor Menschen mit breitem Allgemeinwissen.
    Ich würde den Deutschen in Russland sehr empfehlen, trotz aller Schwierigkeiten möglichst mehr unter den Russen zu bleiben und vielleicht bei einer Feier mit Ihnen mal richtig krachen lassen. Am besten würde man vorübergehend auf Kontakt zu den Landsleuten gar verzichten. Nur so kann man eine Chance bekommen, von der russischen Gesellschaft tatsächlich angenommen zu werden und nicht als einen kalten und distanzierten deutschen Ausländer erscheinen. Ich wurde mal von einem Kerl in einer Kneipe in Kaliningrad angesprochen, ob es stimmt, dass die Deutschen so gut erzogen sind und nie Gläser und Bierflaschen zertrümmern würden. Also, ich würde in Russland nicht unbedingt Sachen zertrümmern wollen, aber ich würde doch ungerne unter den Russen ein „gut erzogener Deutscher“ bleiben. Es wurde mir mal über einen Fall mit einer neuen deutschen Mitarbeiterin in einem russischen Betrieb erzählt. Vorhin hatte man da eine andere Frau aus der ehemaligen DDR, die wiederum mit einem russischen Mann verheiratet war und lange Zeit in Russland lebte. Mit der kamen ihre russischen KollegInnen gut klar. Dann war sie aber weg. So musste man eine andere deutsche Mitarbeiterin einstellen. Also, was über die neue Deutsche im Betrieb erzählt wurde, lässt sich in zwei russischen Sätzen zusammenfassen “Нууу, не наша она. Не понимает она, как у нас это все.“ Es ist auch klar, dass wenn man von den Russen angenommen wird, dann besteht größere Wahrscheinlichkeit schließlich nützliche Informationen und gute Kontakte zu bekommen. Außerdem lernt man natürlich auch die Sprache besser.
    Die weit bekannte russische Gastfreundschaft hat aber direkt mit der Neugierde und einer auf russischer Art Offenheit zu tun. Die Deutschen als Westeuropäer (!) können diese Gastfreundschaft insbesondere in manchen abgelegenen Regionen recht gut genießen. Dies kann man natürlich gut nutzen. Im Umgang mit den russischen Männern muss aber wissen, hinter der herzlichen Aufforderung zum Wodka-Trinken kann sich der Wunsch verbergen, deine Fähigkeiten zu prüfen. Nochmal zu Gastfreundschaft: Ich habe das Gefühl, dass die Neugierde für die Deutschen und somit die Gastfreundschaft nachlässt und ist aktuell zumindest in großen Städten eher unter den älteren Menschen anzutreffen.

    Сергей

    1. Sehr richtig Sergey, die Deutschen sollen nicht krampfhaft versuchen wie Russen zu wirken und umgekehrt auch nicht. Ich habe gegenüber Russen/-innen nie meine deutsche Erziehung und Sozialisation verleugnet, und warum sollte ich das auch tun? Ich mache alles zu 100% genau (auch wenn’s ewig dauert), ich achte wie ein Spießer auf Pünktlichkeit und ich zahle auch nicht Nadeshdas Essen im Restaurant, wenn ich dafür anschließend meine Uhr verkaufen muss. Ich stehe zu meiner Kultur und es geht mir ganz gut, habe Arbeit, spare viel, gehe früh ins Bett. Und die meisten Russen hier in Berlin machen ja auch keinen Hehl aus ihrer Mentalität, die lesen bestimmt keine Interkulturalitäts-Leitfäden: Lächeln wenig, feiern laut, bis der Arzt kommt, finden Zar Putin super und erzählen dir, dass die Juden an allem Möglichen schuld seien. Die Deutschen sind wohl mit Fleiß und Sorgfalt ein sehr reiches Land geworden, aber wenn wenn hier jetzt alle Russen, Türken und Italiener interkulturell-kompetent (also deutsch) werden, dann gute Nacht, dann sterben wir bald vor Langeweile!

  12. Hallo Sergey! Deine Kommentare aus russischer Sicht sind hier sehr wertvoll. Denn deutsche in Russland sehen es eben eher aus deutscher Sicht. Den Aspekt mit dem Lächeln und der Seriosität hatte ich so noch gar bedacht.
    Das, was Du über die Besonderheiten der Mentalitäten der verschiedenen Kulturen sagst ist sehr interessant. Meist fallen einem zuerst die negativen Besonderheiten der jeweils anderen Mentalität auf. Mir als Deutschem ist z.B. aufgefallen, dass die Russen sehr gastfreundlich sind.
    Sergey, kannst Du als Russe ein paar Besonderheiten der deutschen Mentalität nennen, die von den Russen besonders geschätzt werden?
    Viele Grüße,
    Philipp

  13. Hallo, ich möchte hier was ergänzen. Erstmal zum Thema Lächeln. Ich denke aber auch, dass man in Russland zum Teil aus dem Grund weniger lächelt, weil man die Seriosität der Situation bewahren will. Man hat doch in Russland oft Angst betrogen zu werden. Daher würde der Lächelnde nicht immer seriös ankommen. Dies bezieht sich eher auf die Geschäftswelt oder so und oft unter den Männern. Das männliche Lächeln würde bei den russischen Frauen wiederum sehr positiv ankommen.

    Zum Thema: interkulturelle Kommunikation. Meiner Meinung nach, muss man nicht versuchen, die Deutschen russischer zu machen. Es wird meistens sowieso nicht klappen. Als Russe werde ich z.B. auch nie ein Deutscher sein können. Den Deutschen würde ich eher erklären, welche von Ihren Mentalitätseigenschaften gut bei den Russen ankommen würden. Und ich denke, dass wenn beispielsweise ein Deutscher einen Russen mit einem Lächeln begrüßt, wirkt das anders als unter den Russen. Der Deutsche wirkt natürlich in dem Moment fremd, somit aber auch interesseweckend.

    Was mir auch etwas schade ist, können die Nicht-Russischmuttersprachler die sprachlichen Bedeutungskonnotationen der Vornamen sowie Vatersnamen schwer verstehen. Man weißt ja, dass die russischen Vornamen viele Formen mit verschiedenen Bedeutungsschattierungen haben. Diese kleinen Bedeutungsunterschiede stellen aber ein kleines Werkzeugkästchen dar, mit dessen Hilfe man die Russen bei einem Gespräch gewinnen kann. Versuch doch mal z.B. in Deutschland eine deutsche Nadine nach einer halben Stunde Bekanntschaft als Nadinechen zu nennen…  Es wird oft komplett anders ankommen, als wenn du in Russland in der gleichen Situation einer Надежда Наденька sagst.

    Würde mich freuen, wenn andere Meinungen dazu gesagt oder persönliche Erfahrung erzählt werden.

    Viele Grüße,
    Sergey

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