Wie Moskau mit 5G, Blockchain & Co. zur Smart City werden soll

Interview mit IT-Experte: Wie Moskau mit 5G, Blockchain & Co. zur Smart City werden soll

Eldar Tuzmukhametov ist Leiter des Smart-City-Labs in der IT-Abteilung der Stadt Moskau. Er ist verantwortlich für die Umsetzung innovativer Spitzentechnologien in der russischen Hauptstadt. Im Ostexperte.de-Interview spricht er über die Modernisierung und Entwicklung Moskaus. 

Moskauer IT-Abteilung
Die IT-Abteilung der Moskauer Regierung beschäftigt sich mit der Umsetzung staatlicher Programme in den Bereichen IT und Telekommunikation. Geplant ist die Modernisierung aller Schlüsselbereiche wie Medizin und Bildung. Bis zum Jahr 2030 soll Moskau unter Einsatz von Technologien wie Künstlicher Intelligenz, Blockchain, Big Data, 5G sowie Virtual Reality zur Smart City umgebaut werden.

Begriffe wie „Künstliche Intelligenz“ und „Blockchain“ liegen heutzutage im Trend. Doch welche Bedeutung haben sie eigentlich für die Entwicklung von Städten? 

Letztes Jahr haben wir Projekte in diesen Bereichen durchgeführt. Es geht aber nicht darum, kluge Wörter zu verwenden. Im IT-Bereich wird ganz konkret damit gearbeitet. Ein gutes Beispiel für Blockchain sind Online-Abstimmungen und Wahlen. Welche Bäume sollen im Park gepflanzt werden? Welche Metro-Stationen sollen gebaut werden? Wo soll ein neuer Spiel- oder Trainingsplatz entstehen? Ein ähnliches Konzept wird angewandt bei Straßenmärkten. Hier gibt es ein entsprechendes Online-Anmeldesystem für Händler und Zulieferer. Unser Ziel ist es, möglichst viele Prozesse online durchzuführen, z. B. das Erteilen von Baugenehmigungen und Zulassungen für Restaurants. Früher musste man fast den ganzen Sommer warten, bis man Tische nach draußen stellen durfte. Heute geht dieser Prozess nur noch drei Tage.

Die Mobilfunk-Generation 5G soll datenhungrige Verbraucher und Unternehmen glücklich machen. Zur Fußball-WM haben Sie den Mobilfunkstandard getestet. Was ist Ihr Fazit?

Wir haben das 5G-Pilotprojekt zur Fußball-WM gemeinsam mit dem russischen Unternehmen MegaFon durchgeführt. Es war sehr erfolgreich. Nun arbeiten wir an einer schnellen Einführung der Mobilfunk-Generation in Moskau. Es geht nicht nur um schnelles Internet für mobile Geräte, denn inzwischen gibt es überall WLAN-Verbindungen – egal ob in Cafés oder in der U-Bahn. Vor allem der Infrastruktur-Sektor könnte in Zukunft profitieren. Stichwort: Autonomes Fahren.

Welche aktuellen Entwicklungen gibt es in Moskaus Infrastruktur?

Seit drei Jahren gibt es in Moskau ein Entwicklungsprojekt unter dem Titel „Meine Straße“. Wir haben zum Beispiel intelligente Ampelanlagen eingeführt, die sich an die aktuelle Verkehrslage anpassen. Zudem hat die Stadt viel Geld in die Entwicklung öffentlicher Verkehrsmittel investiert: Mehr Routen, mehr Stationen sowie bessere Züge mit Internet, Klimaanlagen und USB-Anschlüssen. Darüber hinaus gibt es immer mehr Carsharing-Anbieter in Moskau.

Wie steht es um das Thema Elektromobilität? Viele Städte in China sind deutlich weiter.

Je mehr Unternehmen ihre Elektrofahrzeuge in Russland verkaufen, desto relevanter wird das Thema für uns. Es gibt einige asiatische Hersteller, die am russischen Markt interessiert sind. Eine große Herausforderung ist, anders als in China oder Singapur, der russische Winter. Bei Temperaturen von -30 Grad Celsius müssen die Batterien funktionsfähig bleiben.

Wie wollen Sie das Wohnen in Zukunft angenehmer gestalten?

Unsere Abteilung entwickelt „smarte“ Standards für Neubauten und unterstützt Baufirmen bei der Umsetzung. Früher war es in Russland häufig der Fall, dass diverse Kabel von der Wand hingen, weil man Technologien nicht frühzeitig eingebaut hatte. Heute überlegen wir uns im Vorfeld, wie die Infrastruktur verlegt werden soll. In Zukunft wollen wir überall 5G-Stationen einbauen und Auflade-Stationen für elektrische Autos vor allen Gebäuden montieren.

Auch das Thema E-Health wird von der Regierung immer mehr beachtet.

Seit mehreren Jahren sammeln wir relevante Daten über Ärzte, Patienten und Kliniken. Die im Jahr 2018 eingeführte elektronische Gesundheitskarte gibt uns neue Möglichkeiten. Dadurch können Ärzte individuell nachvollziehen, wie es um die Gesundheit ihrer Patienten steht.

Sie haben auch ein Online-Portal an Schulen eingeführt.

Ähnlich wie beim E-Health spielt die Personalisierung auch in Schulen eine große Rolle. Wir können besser verstehen, über welche Talente die Kinder verfügen und sie gezielt fördern.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Tuzmukhametov.

Dieses Interview führte Ostexperte.de-Chefredakteur Thorsten Gutmann. Aus dem Englischen übersetzt von Nadia Resnikova.

Titelbild
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