Russische Medienaufsicht droht Telegram-Entwickler

Russland droht Telegram mit Sperrung

Der Chef der russischen Medienaufsicht Roskomnadsor, Alexander Schurow, droht Telegram-Gründer Pawel Durow mit einer Sperrung des Instant-Messaging-Dienstes.

In einem offenen Brief auf der Roskomnadsor-Website erklärt Schurow: „Ich muss zugeben, dass derzeit alle vorhandenen Möglichkeiten zur offiziellen Kommunikation mit dem Team des Messaging-Dienstes ausgeschöpft sind.“ Eigenen Angaben zufolge bemühe sich die Behörde „praktisch jeden Tag“ darum, Pawel Durow zur Bereitstellung von Informationen zu bewegen.

Laut russischer Gesetzgebung sei der Entwickler in der Pflicht, einen Fragebogen zur Unternehmensstruktur an Roskomnadsor zu versenden. Doch das Telegram-Team habe jede Kontaktaufnahme ignoriert. Erst am heutigen Freitag nahm Durow Stellung auf seiner Seite im sozialen Netzwerk VK.com. Er bezeichnete das Verhalten der Medienaufsicht als „ironisch“.

„Sabotage staatlicher Interessen“

Ihm zufolge sei es verwunderlich, dass weder Facebook noch WhatsApp von einer Sperrung bedroht seien. Die Ursache dafür sehe er in einer speziellen Technologie zur Verschlüsselung von Nachrichten, die bei Telegram zum Einsatz komme. Zudem hätte ein Telegram-Verbot zur Folge, dass die Kommunikation zwischen russischen Staatsbürgern plötzlich über US-Server liefe.

„Was ist der Sinn [eines Verbots – Anm. d. Red.] in Bezug auf die nationale Sicherheit Russlands? Von außen sieht das aus wie eine bewusste Sabotage der staatlichen Interessen“, kritisierte Durow. Der Fokus des Messengers liege Eigenangaben zufolge auf Datenschutz. Es bestehe u. a. die Möglichkeit zum Versenden geheimer Nachrichten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung.

Original-Nachricht des Telegram-Gründers Pawel Durow, der übrigens auch das soziale Netzwerk VK.com gegründet hat.

Nutzung per Proxy-Server

Kürzlich ist bekannt geworden, dass sich Telegram bereits für den Notfall vorbereite. Russische Android-Nutzer sollen via Google Play auf eine modifizierte Version zugreifen können, die eine Nutzung des Messengers per Proxy-Server ermögliche, schreibt Wedomosti. Auch für iOS soll ein Update in Planung sein. Die Desktop-Version ist bereits mit dieser Funktion ausgestattet.

Dennoch sei Telegram in gängigen App-Stores nicht vor dem Zugriff des Staats geschützt, warnt ein Experte des Web-Analyse-Unternehmens Combot. Der Gesetzgeber könne Apple und Google anweisen, die Software aus ihren Katalogen zu entfernen. Am Ende bliebe nur die manuelle Installation des Messengers. Doch nur 10-15% aller Nutzer seien bereit, diesen Schritt zu gehen.

Hilfsmittel für Terroristen und Kriminelle

Inzwischen hat sich der Präsident der Teilrepublik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, in die Diskussion um Telegram eingemischt. Laut Interfax habe er den beteiligten Parteien angeboten, in der Hauptstadt Grosny über eine Lösung zu sprechen. Der Machthaber soll behauptet haben, ein „aktiver Nutzer“ der Software zu sein. Deshalb wolle er eine Telegram-Sperrung vermeiden.

Der Telegram Messenger habe laut Eigenangaben weltweit über 100 Millionen Nutzer. In der Vergangenheit geriet die anonyme Blogging-Funktion der App in Kritik, da sie von Terroristen und anderen Kriminellen als Hilfsmittel benutzt werde. Administratoren blockieren angeblich monatlich 2.000 Nutzerkonten, die mit dem Islamischen Staat in Verbindung stehen sollen.

Titelbild
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