Zugfahren in Russland: Was Sie wissen sollten

So überstehen Sie eine russische Zugfahrt – 9 Tipps

Wenn Sie Russland wirklich kennenlernen möchten, empfiehlt es sich, eine Zugfahrt zu unternehmen. Für eine solche Reise sollten Sie Zeit mitbringen. Dafür bekommen Sie die Gelegenheit, die russische Seele zu verstehen. Bevor Sie sich jedoch in die Transsibirische Eisenbahn setzen (eine kleinere Strecke geht auch), sollten Sie diese Hinweise lesen, die RBTH für Sie hat

Von Witalij Subzow


1. In Russland ist es nicht üblich, die Dauer einer Zugfahrt in Stunden zu messen.

Hier gelten andere Maßstäbe: Man rechnet in Tagen. Es gibt natürlich Hochgeschwindigkeitszüge, etwa den Sapsan von Moskau nach St. Petersburg mit einer Fahrtzeit von vier Stunden. Der Sapsan jedoch ist ein Zug der gehobenen Klasse. Die meisten Russen sparen Geld und nutzen die gewöhnlichen Züge. Ist Ihr Reiseziel also nicht geschäftlicher Natur, sondern Russland selbst, dann laden Sie sich Filme und Bücher auf Ihr Tablet und machen Sie es sich bequem.

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2. Stellen Sie sich darauf ein, dass es im Zug wahrscheinlich kein Internet gibt.

Steckdosen finden Sie nur auf den Gängen. Die Russische Eisenbahngesellschaft hat zwar angekündigt, alle Züge in Russland mit WLAN-Hotspots auszustatten, wann dieses Vorhaben umgesetzt wird, ist jedoch ungewiss. Verschicken Sie daher besser alle wichtigen E-Mails vor Ihrer Reise. Auf der Fahrt könnte das nämlich schwer werden – außerhalb der größeren Städte gibt es oft keine Netzverbindung.

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3. Die Abteile sind in russischen Zügen in der Regel für vier Personen ausgelegt.

Am besten reisen Sie daher zu viert. So müssen Sie sich keine Gedanken über zweifelhafte Mitreisende machen. Der Verfasser dieses Ratgebers zum Beispiel fand sich auf der Strecke Sotschi-Moskau neben einer ziemlich angetrunkenen Dame wieder, die beharrlich behauptete, seine leibliche Schwester zu sein.

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4. Außer den Abteilwagen gibt es in Russland auch Platzkarten-Waggons.

Im Unterschied zu den Abteilwagen haben sie keine Trennwände und keine Türen. Ein Platzkartenticket ist wesentlich günstiger. Es ist jedoch nur für Reisende geeignet, die das Extreme suchen. Sie werden hier von kreischenden Kindern, Fußballfans, in Russland „Dembel“ genannten ausgedienten Soldaten und feiernden Studenten umgeben sein. Auf eine ruhige Nacht im Zug dürfen Sie nicht hoffen.

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5. Ihr Zugnachbar wird offen mit Ihnen reden wollen.

Andererseits sind Ihre Mitreisenden eine Chance, authentische Einblicke in das Wesen des Landes zu bekommen. Wundern Sie sich nicht, dass ihre Zugnachbarn mit Ihnen reden wollen und seien Sie kooperativ. Die Offenbarung im Zug ist eine Besonderheit der russischen Kultur. Wahrscheinlich erfahren Sie, dass Ihr Reisebegleiter von seiner Frau verlassen wurde, seinen Job verloren hat, dass seine Katze gestorben ist, ihn niemand wirklich liebt und er an einer Depression oder Trunksucht leidet. Ein Europäer oder Amerikaner würde an seiner Stelle zum Psychotherapeuten gehen. Ein Russe setzt sich in den Zug, hält sich kurz ein Wodkaglas an die Brust und schüttet seinem unschuldigen Abteilnachbarn sein Herz aus. Dass er diesen niemals wiedersehen wird, steigert seine Redseligkeit nur.

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6. Man isst Mitgebrachtes.

Nicht nur Gespräche über das Leben sind im russischen Zugabteil obligatorisch. Auch Bewirtungen gehören dazu. Das Preis-Leistungs-Verhältnis in den Zugrestaurants lässt zu wünschen übrig, die Russen besteigen den Zug daher meist mit eigenem Proviant. Standardmäßig besteht dieses aus gekochtem Huhn und Eiern. Man beginnt zu essen, sobald sich der Zug in Bewegung setzt. Das hat mit Hunger nichts zu tun, sondern mit Tradition. Wenn man Ihnen etwas anbietet, lehnen Sie es nicht ab. Ihr Abteilnachbar könnte Ihnen das übel nehmen und nachts mit doppelter Frequenz schnarchen.

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7. Man macht es sich gemütlich.

Während in Europa der Zug ausschließlich der Fortbewegung dient, ist er in Russland wegen der Länge der Reisen ein zweites Zuhause. Wundern Sie sich daher nicht, wenn Ihr Abteilnachbar in aller Ruhe eine Jogginghose und Pantoffeln aus der Tasche holt und sich umzieht. Russen reisen gerne bequem.

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8. Der Ort zwischen den Wagons ist sehr beliebt.

Früher, als man in der russischen Eisenbahn noch rauchen durfte, war der Wagenübergang der wichtigste Ort im Zug. Man ging dorthin nicht nur zum Rauchen, sondern auch, um über die Geschicke Russlands zu reden oder Gitarre zu spielen. Seit Kurzem ist das Rauchen in russischen Zügen verboten. Wenn Ihr Reisebegleiter das Abteil verlassen hat und länger nicht zurückkommt, finden Sie ihn jedoch höchstwahrscheinlich dort.

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9. Die Teeglashalter!

Eine besondere Erwähnung verdienen die Teegläser und ihre Halter. Dieses Element der russischen Kultur ist in seinem Bekanntheitsgrad irgendwo zwischen dem Roten Platz und dem „Schwarzen Quadrat“ angesiedelt. Wenn der Zug in Bewegung ist, klirren sie leise. Stellen Sie sich vor, es seien kleine Glöckchen. Dann begreifen Sie, warum in Russland so viele Menschen die Zugfahrt lieben. Es ist nämlich wahnsinnig romantisch: das Klingeln der Teeglashalter, der angesäuselte Nachbar mit einer unglücklichen Liebesbeziehung, die Standzeiten von fünf Minuten, die gerade so zum Rauchen reichen, und ansonsten nichts als die unermesslichen Weiten hinter dem Fenster…

Was sind Ihre Erlebnisse mit Zufahrten in Russland? Wir freuen uns auf Ihre Kommentare


Dieser Beitrag erschien zuerst bei Russia Beyond The Headlines.

[accordion open_icon=”remove” closed_icon=”plus”] [toggle title=”Titelbild” open=”yes”]Quelle: Flickr-Nutzer valdosilasol (CC BY-NC 2.0)[/su_spoiler]