Selbstisolation in Moskau: QR-Code fürs Müll-Rausbringen
In Moskau wurde die Selbstisolation eingeführt. Doch das ist erst der Anfang. Die Stadtregierung feilt an einem strengen Überwachungssystem, das die Einhaltung der Auflagen gewährleisten soll.
Von Patrick Volknant
Spätestens jetzt befindet sich die russische Hauptstadt endgültig im Ausnahmezustand. Neben der von Präsident Wladimir Putin ausgerufenen arbeitsfreien Woche gelten in Moskau seit diesem Montag die Regeln der Selbstisolation. Erst nach und nach kristallisiert sich heraus, was noch auf die Bevölkerung zukommt. Insbesondere spekulierte man in den russischen Medien über die mögliche Einführung eines QR-Codes zu Kontrollzwecken.
Die russische Tageszeitung „Kommersant“ hat nun Genaueres zu dem Vorhaben in Erfahrung gebracht. Sie beruft sich dabei auf Präsentationen des Moskauer Rathauses, deren Glaubwürdigkeit zwei Offizielle der städtischen Regierung bestätigten. Diese betonten jedoch, dass es sich hierbei nicht zwangsläufig um die endgültige Form des Konzepts handeln muss. Nichtsdestotrotz lassen die Pläne auf eine strenge Durchsetzung der Quarantäne-Maßnahmen schließen.
Wer raus will, muss sich registrieren
Die Präsentation bestätigt das bisherige Gerücht: Wer in Moskau seine Wohnung während der Selbstisolation verlassen will, wird einen gültigen QR-Code benötigen. Nur der kann die Ausgeherlaubnis gegenüber den russischen Behörden verifizieren. Eine einmalige Beschaffung des digitalen Schlüssels reicht jedoch nicht aus. Jeder neue Trip ins Freie erfordert eine Aktualisierung der Genehmigung. Dies betrifft auch Lappalien wie beispielsweise das Rausbringen des eigenen Mülls.
Um einen QR-Code zu erhalten, sollen sich die Bürgerinnen und Bürger auf der Seite der Moskauer Regierung registrieren. Dort wird dann der aktuelle Aufenthaltsort abgefragt, anhand dessen die Grenzen des Heimbereichs festgelegt werden. Zusätzlich verlangt die Webseite ein Foto der oder des Registrierten. Um die eigenen vier Wände verlassen zu können, muss der Grund des Ausflugs angegeben und spezifiziert werden. Erst wenn die anschließende Zustimmung von öffentlicher Seite aus kommt, darf man nach draußen.
Datenbanken helfen bei den Kontrollen
Die ausgestellten QR-Codes können auf dem Handy oder als Ausdruck mit sich geführt werden. Welche Lösung das Konzept für Menschen ohne die nötigen technischen Mittel vorsieht, scheint bislang noch unklar zu sein. Zumindest aber können sich Bürgerinnen und Bürger, die nach wie vor zur Arbeit müssen, einen permanent gültigen Code beschaffen.
Die Präsentation liefert außerdem einen Einblick in das, was die Moskauer Bevölkerung während der Selbstisolation an Kontrollmaßnahmen erwarten könnte. Der Staat beabsichtigt, nicht nur die Präsenz von Polizei und Nationalgarde auf den Straßen zu erhöhen, sondern auch in großem Stil auf elektronische Überwachung zurückzugreifen. So will man Standortdaten von Mobilfunkanbietern sowie Aufnahmen von Überwachungskameras, etwa an Hauseingängen, Innenhöfen und im öffentlichen Verkehr, auswerten. Auch Interaktionen an Bankautomaten fallen unter die Kontrollen.
Auch automatisierte Strafen möglich
Den Planungen zufolge soll das Kontrollsystem ab dem vierten April in Kraft treten. Bei einem festgestellten Verstoß gegen die Auflagen drohen unter anderem automatisierte Bußgelder. Das russische Unterhaus, die Duma, hat heute Morgen bereits ein Gesetz verabschiedet, das mögliche Strafzahlungen regelt. Diese reichen von 1000 Rubel bei kleineren Verstößen bis hin zu einer Million Rubel bei gesundheitlicher Gefährdung der Mitmenschen.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Moskauer Deutschen Zeitung.
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