Chefin der ukrainischen Notenbank tritt nach Morddrohungen zurück

Chefin der ukrainischen Notenbank tritt nach Morddrohungen zurück

Die oberste Währungshüterin der ukrainischen Zentralbank, Walerija Gontarjewa, hatte ihre Arbeit dem Kampf der Korruption gewidmet. Nun ist sie nach Todesdrohungen gegen ihre Person von der Position zurückgetreten. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Walerija.

Am Montag hat die seit 2014 amtierende Walerija Gontarjewa ihr Rücktrittsersuch an den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko geleitet. Die 52-Jährige erarbeitete sich einen Ruf als konsequente Reformerin, die mit harter Hand gegen Korruption im Finanzwesen vorgeht.

Jede zweite Bank des Landes musste im Verlauf ihrer Amtszeit geschlossen werden, viele davon mit Verdacht auf Unterstützung von Geldwäsche. Als Ergebnis ihres Kurses befinden sich nun gut 50 Prozent des Banksektors in staatlicher Hand. Zuspruch für ihr Vorgehen fand Gontarjewa unter anderem beim Internationalen Währungsfonds, welcher der Ukraine mit finanziellen Unterstützungen in Milliardenhöhe aushilft.

Feinde durch rigiden Kurs

Ein Höhepunkt der Umstrukturierung durch Gontarjewa fand sich in der Verstaatlichung der „Privatbank“ im Dezember des vergangenen Jahres. Das größte Geldinstitut des Landes hatte fast 100 Prozent der bewilligten Kredite aus Kundengeldern an Unternehmen seiner eigenen Inhaber, zwei der mächtigsten Oligarchen des Landes, ausgegeben. Mit diesem Schritt machte sich die oberste Währungshüterin vor allem in einflussreichen Kreisen unbeliebt, verlor aber ebenso innerhalb der Bevölkerung zunehmend an Ansehen.

So stellte eine Umfrage der Stiftung „Democratic Initiatives Foundation“ fest, dass ihr vier Fünftel der Bevölkerung kein Vertrauen mehr entgegenbrachten. Auch für die Freigabe der Landeswährung Hrywna erntete sie Missgunst in der Bevölkerung, deren Kaufkraft unter der dadurch ausgelösten Inflation schwer zu leiden hatte.

Sarg mit Puppe als Drohung

Dementsprechend wuchs das Missfallen an Gontarjewas Strukturmaßnahmen beständig und führte zu Diffamierungen ihrer Person. Man warf ihr vor, selbst der Korruption erlegen zu sein, im Interesse Russlands zu agieren und sich mit Vorliebe ukrainische Banken zum Ziel zu machen. Diese Aggressionen kulminierten letztlich, als sich eine Menschenmenge vor ihrem Wohnsitz versammelte und lauthals „Handlager Russlands“ skandierte.

Zudem wurde ein Sarg vor den Toren der Nationalbank gefunden – in ihm eine Puppe mit dem Abbild Gontarjewa. Schon 2006 war der Vize-Gouverneur der russischen Zentralbank, Andrej Koslow, der auf ähnliche Art und Weise gegen Korruption vorgegangen war, auf offener Straße ermordet worden.

Vorgehensweise soll dieselbe bleiben

Die als Folge dieser Einschüchterungen scheidende Währungshüterin hat verkündet, dass es trotz ihres Rücktrittes kein Abweichen von der bisherigen Antikorruptionslinie geben werde. Nach wie vor stellt die Korruption ein großes Problem in der Ukraine dar, wie eine jüngste Studie des Unternehmernetzwerks „Ernst & Young“ unterstreicht. Dennoch hat sich Walerija Gontarjewa zum Abschied zufrieden gezeigt: „Meine Mission ist erfüllt. Die Reformen wurden durchgeführt.“

Titelbild
Quelle: Alexandr Zykov, National Bank of Ukraine, Kiev, Size chnaged to 1040x585px., CC BY-SA 2.0 [/su_spoiler]