Kommt das radioaktive Ru-106 aus Russland?
Ein Gastbeitrag von Dana Tenzler, Chemieingeniuerin der Fakultät für Angewandte Wissenschaften der TU Clausthal (Clausthal-Zellerfeld, Deutschland)
Ende September und Anfang Oktober haben verschiedene europäische meteorologische Stationen in der Luft einen erhöhten Gehalt an Ruthenium-106, einem radioaktiven Isotop, gemessen. Seine Konzentration an verschiedenen Orten war unterschiedlich – und deswegen war es möglich, eine ungefähre Rekonstruktion seines Transfers durchzuführen und die Herkunftsquelle zu prognostizieren.
Nach Angaben der deutschen und französischen Behörden für Strahlenschutz (IRSN und BfS) lag die Quelle des radioaktiven Isotops in Südrussland, im Süden des Urals. In die Atmosphäre geriet es höchstwahrscheinlich in der letzten Septemberwoche.
Russische Behörden (bzw. Rosatom) lehnen hingegen die Behauptungen der deutschen und französischen Ämter ab und leugnen, dass erhöhte Radioaktivität in der Luft in Russland gemessen wurde, mit Ausnahme von der Messstation in St. Petersburg, wo minimale Werte registriert wurden.
Höchste Konzentration in Rumänien
Rosatom wies auch darauf hin, die höchste Konzentration sei in Rumänien festgestellt worden (145.000 Mikrobecquerel pro Kubikmeter, in Italien – 54.300, in der Ukraine und Slowenien – 40.000, in Polen – 9,93). Die Körperschaft bestätigte, dass alle russischen Kernkraftwerke in einem normalen Modus betrieben werden und die Radioaktivität in ihrer Nähe auf dem Niveau der natürlichen Exposition liegt.
Im Süden des Urals seien keine erhöhten Radioaktivitätswerte gemessen worden. Aufgrund der Tatsache, dass Ruthenium in unserer Luft in niedrigster Konzentration gemessen wurde, bestand keine Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier. Obwohl unsere Gesundheit durch Ruthenium-106 nicht gefährdet wird, wäre es interessant herauszufinden, wie und wo das Leck tatsächlich aufgetreten ist.
Kein Unfall im Atomkraftwerk
Eines ist sicher: Ruthenium-106 gelang nicht wegen einer Atomexplosion oder eines Unfalls im Atomkraftwerk in die Atmosphäre. Es handelt sich nur um ein Isotop. Im Falle eines AKW-Unfalls oder einer Atomexplosion würden die Messestationen eine Reihe unterschiedlicher Isotope feststellen.
Vielleicht wird es jemanden überraschen: Grüne Aktivisten versuchen, bei ihren Mitbürgern den Eindruck zu erwecken, Atomenergie sei „schmutzig“ und Atomkraft produziere eine riesige Menge gefährlicher Abfälle, die Millionen Jahre auf unserem Planeten bestehen bleiben und unser Leben bedrohen. Es entstehen zwar Abfälle, aber schon heute können diese zum Teil in sehr nützliche Rohstoffe verwandelt werden.
Radioaktivität bei Zigaretten
Zum Vergleich führe ich ein Beispiel an, mit dem man jeden Tag konfrontiert wird: Die Radioaktivität, der Raucher und ihre Umgebung täglich exponiert werden. Es wird angenommen, dass ein aktiver Raucher innerhalb eines Jahres ein solches Volumen an radioaktiven Isotopen inhaliert, dass ihre Aktivität dem Wert entspricht, der 250-mal größer ist als der Strahlungswert beim Lungenröntgen. Es lässt sich also grob sagen, dass die Strahlung infolge dieser Ruthenium-Kontamination um ein Vielfaches niedriger war als die Strahlung, der Raucher normalerweise ausgesetzt werden.
Die ganze Wahrheit über den Ursprung der aktuellen Umweltverschmutzung werden wir wahrscheinlich nie erfahren, ähnlich wie es beim Nachweis des Iod-131-Isotops war. Wahrscheinlich handelt es sich um einen menschlichen Faktor oder illegale Abfallentsorgung im Bereich Medizin oder spezielle Technologien.