Print- und Onlinemedien in Russland: Freier aber kleiner

Print- und Onlinemedien in Russland

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Wenn man die Medienlandschaft in Russland grob zusammenfassen will, dann haben wir es hier mit einer Nation von TV-Zuschauern zu tun. Die Mehrheit der russischen Bevölkerung informiert sich über das Fernsehen über aktuelle Geschehnisse und mehr als die Hälfte der Russen vertraut den Informationen, die dort vermittelt werden.

Das größte Problem dabei ist, dass die Fernsehsender in Russland am ehesten durch die Regierung kontrolliert werden und viele der Programme so staatsnah sind, dass die Informationen schon beinahe an Propaganda grenzen.

Printmedien an dieser Stelle als veritable und unabhängige Alternative zu sehen, wäre naiv, denn die Reichweite ist nicht nur ein Bruchteil, sondern auch diese Medien haben mit Selbstzensur, Angst vor Repressalien und anderen Dingen zu kämpfen, die eine unabhängige Berichterstattung erschweren.

Dennoch ist es für Print- und vor allen Dingen Onlinemedien in Russland deutlich einfacher, sich der Kontrolle durch die Regierung zu entziehen, auch wenn das die Finanzierung erschwert und es manchmal fraglich ist, ob in der Bevölkerung dafür überhaupt Bedarf besteht.

Die Rolle der Printmedien

Wie bereits erwähnt, haben Printmedien in Russland eine deutlich geringere Reichweite als Fernsehsender. Seit Beginn der Neunziger ist die Bedeutung von Zeitungen immer weiter gesunken, sodass heute nur noch etwa 5 Prozent der Bevölkerung regelmäßig eine Zeitung lesen.

Die Situation von Zeitschriften sieht noch düsterer aus. Unter den vorhandenen Printmedien haben Boulevardblätter wie Argumenty i Fakty (Argumente und Fakten) noch den besten Stand. Das Blatt verkauft nach Eigenaussage etwa eine wöchentliche Auflage von zwei Millionen Zeitschriften. Was in einem Land mit mehr als 146 Millionen Einwohnern allerdings eine beinahe verschwindend kleine Zahl ist.

Dazu kommt noch, dass Argumenty i Fakty als ein staatsnahes Medium anzusehen ist, da es der Moskauer Stadtverwaltung gehört.

Dieses Schicksal teilen viele Printmedien und es ist auch nicht immer leicht, hier eine klare Grenze zu ziehen. Es kann durchaus vorkommen, dass auch in staatsnahen Zeitungen regierungskritische Stimmen stattfinden, aber es gilt immer abzuwägen, ob sich eventuelle Konsequenzen lohnen.

In Russland hat die Regierung nämlich jede Menge Möglichkeiten, um unliebsamen Medien das Leben richtig schwer zu machen. Verschiedene sogenannte Gummiparagrafen, die sich sehr lose interpretieren lassen und die bewusst schwammig formuliert sind können kritischen Stimmen schnell zum Verhängnis werden.

Das ist sicher auch einer der Gründe, warum es für unabhängige Medien immer schwieriger wird, sich zu finanzieren. Werbeeinnahmen lassen nicht nur aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten nach, sondern Unternehmen wollen es auch tunlichst vermeiden, mit kritischen Stimmen in Verbindung gebracht zu werden.

Kann das Internet der Retter sein?

Wenn man sich die Internetlandschaft anschaut, könnte man meinen, dass hier jeder einfach und ungefiltert verbreiten kann, was er will, ohne große Konsequenzen abgesehen von Gegenrede zu befürchten und in vielen Ländern ist das auch der Fall.

Auch in Russland sehen immer mehr Bürger die Vorteile des weltweiten Netzes und nutzen dieses nicht nur zum Informationsaustausch, sondern auch zum eigenen Vergnügen. Nimmt man zum Beispiel die Online Glücksspielindustrie, die in Russland gänzlich illegal ist, so sieht man, dass sich auch die Russen nicht scheuen, sich gegen etablierte Regeln zu stemmen, wenn es ihnen dient und die Angst vor Strafverfolgung nicht allzu akut ist.So melden sich viele russische Bürger mit Hilfe von VPN in einem Casino ohne Verifizierung an, wo sie dann auch mit russischem Rubel spielen können, obwohl das eigentlich nicht erlaubt ist.

Wenn es aber um tatsächliche Online Medien geht, ist die Sache wieder etwas schwieriger. Die unabhängigen Stimmen haben sich in den letzten Jahren wirklich vermehrt in Richtung Online-Welt bewegt und zwar nicht zuletzt aus Kostengründen. Da die Finanzierung von Printmedien, wie bereits erwähnt immer schwieriger wird, haben viele Zeitschriften ihre Printausgaben eingestellt und erscheinen mittlerweile nur noch als Online-Ausgabe.

Prominente Beispiele wären hier zum Beispiel Kommersant-Dengi und Kommersant-Wlast, die heutzutage als Online-Magazin Kommersant-Weekly erscheinen.

In vielen Fällen sind kleine Online-Ressourcen zunächst von Aktivisten gegründet worden, weshalb auch Informationen über Demos, Aktionen und andere zivilgesellschaftliche Aktivitäten oft im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen.

Soziale Medien als Alternative Informationsquelle

Einen Schritt weiter gehen viele unabhängige Stimmen in den sozialen Medien, wobei hier vor allen Dingen Facebook und die Messenger-App Telegram hervorgehoben werden sollten.

Und während bisher noch kaum jemand für einen Post bei Facebook juristisch verfolgt wurde, sieht das im Fall von Telegram schon etwas anders aus. Hier gab es schon Auseinandersetzungen mit der Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor, was sicher auch einer der Gründe ist, warum Gründer Pawel Durow mittlerweile ausgewandert ist und sich in Berlin niedergelassen hat.

Eine weitere Quelle aus dem Bereich soziale Medien ist Vkontakte, eine soziale Plattform, auf der Nutzer mit einem Profil mit anderen Benutzern Informationen austauschen können. Hier sind schon einige Privatpersonen juristisch verfolgt worden und teilweise sogar im Gefängnis gelandet.

Grundlage für diese Verfolgung ist einer der erwähnten Gummiparagrafen des russischen Strafgesetzbuches, der sich auf das „Schüren von Hass und Feindschaft sowie Erniedrigung von Individuen oder Gruppen beruft“. Das Gesetz ist scharf umstritten, da es wie im Fall von Vkontakte zu sehen ist, viel zu leicht verwendet werden kann, um unliebsame und kritische Meinungen zu unterdrücken.

All die Gefahren und Hürden, die es in der russischen Medienlandschaft zu umschiffen gilt, sorgen natürlich trotzdem nicht dafür, dass unabhängige und regierungskritische Stimmen völlig verstummen, aber es macht die Arbeit deutlich schwerer und im Angesicht der juristischen Verfolgung auch gefährlicher.

Dank des Internets gestaltet sich die Sache mittlerweile etwas einfacher, da zumindest viele Kosten eingespart werden können, die sich schwerlich durch Werbeeinnahmen auffangen lassen und so wird es immer auch kritische Stimmen in Russland geben, auch wenn diese vielleicht etwas leiser als die regierungsnahen Stimmen sind.

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Titelbild: Ostexperte.de
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