2018 könnte ein gutes Jahr für die Wirtschaft werden

Ost-Ausschuss-Kolumne: 2018 könnte ein gutes Jahr für die Menschen und die Wirtschaft werden

Es ist noch so früh im Jahr, dass ich die Gelegenheit nutzen möchte, mich bei allen Lesern dieser Kolumne für Ihre Treue, Ihre Kommentare und Anregungen zu bedanken. Bleiben Sie uns weiter gewogen. Vor allem aber wünsche ich Ihnen ein glückliches, erfolgreiches, gesundes und vor allem friedliches neues Jahr 2018.

Da es aber ganz offensichtlich zur menschlichen Natur gehört sich zu fürchten und zu gruseln, waren die Nachrichten im neuen Jahr – so wie im alten – schon wieder gespickt mit Katastrophenmeldungen, Horrorszenarien und geprägt von Untergangsstimmung. Trotz dieser allgemeinen Lust zur morbiden Weltsicht, wagen wir doch einmal gemeinsam einen Blick in die Realität und einen Ausblick auf dieses Jahr.

Das Ende des globalen Handels

Für 2017 haben zahlreiche, nennen wir sie, Experten das Ende des Welthandels wie wir ihn kennen vorausgesagt. Allen voran Twitter-Präsident Trump hat keine Gelegenheit ausgelassen, um sich über Ungleichgewichte im Welthandel, unfaire Behandlung der Vereinigten Staaten, inklusive America first, und im Besonderen über die Deutschen zu beklagen, die „Bad, very bad!“ im globalen Handel agieren würden.

Von Sanktionen gegen China, Iran, die Europäische Union, Kanada und und und war da die Rede. Aber es sind nicht allein die Vereinigten Staaten, die den Welthandel beschränken wollen und über Protektionismus, tarifäre und nicht tarifäre Hürden die eigene Wirtschaft glauben, schützen zu müssen. Dieser Trend scheint allgegenwärtig zu sein. Droht uns also eine Rückkehr in den Zustand vor der Globalisierung, eine Abschottung der Märkte und ein Rückfall in den Merkantilismus?

Dichtung und Wahrheit

Die Sozialpsychologie kennt so wunderbare Begriffe wie selektive Wahrnehmung und kognitive Dissonanz. Der eine beschreibt die Ausblendung eines Teils der Realität, der andere ein Gefühl des Unwohlseins mit sich widersprechenden Empfindungen. So gesehen ist es vielleicht gar nicht verwunderlich, dass die Zahlen dem gefühlten Zustand deutlich widersprechen. Laut WTO und IWF hat die weltweite Konjunktur 2017 gegenüber dem Vorjahr noch einmal deutlich zugelegt, um etwa vier Prozent.

Der Indikator für die Entwicklung des weltweiten Handels, der Containerumschlag-Index, hat nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstitutes RWI im November 2017 ein neues Allzeithoch erreicht und ist, auf das Jahr berechnet, stärker als 2016 gestiegen. „Dies weist darauf hin, dass der Welthandel bis zuletzt deutlich ausgeweitet wurde“, heißt es in der Pressemeldung des RWI. Im vergangenen Jahr gab es weniger neue Handelsbeschränkungen als in den neun Jahren davor.

Und Trump? Chinas Exporte in die USA sind 2017 dramatisch gestiegen, der Handelsüberschuss gigantisch. Aus Deutschland wurden von Januar bis Oktober Exporte in Höhe von über 92 Milliarden Euro in die USA geliefert, was im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einer Steigerung um etwa 4,8 Prozent entspricht.

Auch an anderer Stelle zeigt sich, dass die globale Entwicklung positiver ist als kolportiert. Die Armut geht seit Jahrzehnten deutlich zurück. 1980 waren noch 44 Prozent der Weltbevölkerung von extremer Armut betroffen, 2015 weniger als zehn Prozent. Das ist immer noch deutlich zu viel angesichts des Reichtums in der Welt, aber es ist ein Fortschritt.

Weltschmerz oder German Angst

Was macht den Menschen Angst? Laut einer Studie der R+V Versicherung fürchten sich die notorisch Glashalbleer-Deutschen vor einem Einbruch der Wirtschaft, der Überdehnung der Sozialsysteme, Altersarmut, Schadstoffen in Lebensmitteln und vor Terrorismus, Spannungen durch den Zuzug von Ausländern, Naturkatastrophen.

Interessanterweise fürchten sich die wenigsten Bundesbürger vor dem Zerbrechen Ihrer Partnerschaft, und das obwohl die Scheidungsrate in Deutschland bei fast 40 Prozent liegt und kaum etwas so sehr boomt wie Partnervermittlungsportale. Jean Paul hat für diese diffuse Gefühlslage den wunderschönen Begriff des Weltschmerz‘ ersonnen, um den uns nicht nur die Engländer beneiden.

Die entspanntesten Bundesbürger leben übrigens in Berlin, die sorgenvollsten in Sachsen-Anhalt. Als Neuberliner kann ich das nur so deuten, dass die täglichen Herausforderungen in dieser Stadt die Grundgelassenheit deutlich fördern.

„In der deutschen Wirtschaft herrscht Feststimmung“

Zur Erinnerung: Die deutsche Wirtschaft wuchs 2017 zum fünften Mal in Folge, die Arbeitslosigkeit ist auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Es waren noch niemals so viele Arbeitnehmer in Deutschland in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis angestellt. Die Vermögen der Deutschen haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, mit 6,1 Billionen haben die Rücklagen den höchsten Wert aller Zeiten erreicht.

Die Renten sind innerhalb der letzten Dekade um 15,9% im Westen und 24% im Osten gestiegen. Und als ob das nicht reichen würde, sind wir Deutschen nach einer Studie der GfK jetzt auch noch die beliebtesten weltweit. Dass der Export auch 2017 wieder höher ausfällt als im Jahr zuvor, versteht sich von selbst. Das ifo Institut konstatiert: „In der deutschen Wirtschaft herrscht Feststimmung.“

Osthandel zieht deutlich an

Aber nicht nur die Deutschen haben wenig Grund zu Pessimismus. Mit den Ländern des Ost-Ausschusses ist der Handelsumsatz Deutschlands von Januar bis August 2017 gewachsen. Mit 14,6 Prozent auch deutlich über dem Zuwachs des gesamten deutschen Handels (7,6%). Das gilt besonders für die Russische Föderation, Kasachstan, die Ukraine, die Republik Moldau und Tadschikistan.

Russland hat den Turnaround ganz offensichtlich geschafft, und auch die deutsche Wirtschaft sieht das Geschäftsklima in Russland nachhaltig positiv. Damit einher geht auch eine deutlich gestiegene Bereitschaft, wieder im Land zu investieren. Und das trotz der Tatsache, dass sich am gesamtwirtschaftlichen Umfeld bisher eher wenig geändert hat. Die größten Herausforderungen sind nach wie vor der schwache Rubel, ein Übermaß an Bürokratie, Korruption und ein extremer Mangel an qualifizierten Zulieferern und Fachkräften.

Was ändert sich 2018?

Stellt sich also die Frage, was gibt’s 2018 Neues, was bleibt wie es war? Die beiderseitigen Sanktionen sind noch vor dem Jahreswechsel verlängert worden. Dort wird es eher wenig Bewegung geben. Auch bei der Frage nach der Führung im Land wird der alte Präsident wohl der neue werden. In Deutschland deutet sich bei der Regierungsbildung ähnliches an. Es gibt im Übrigen nicht wenige deutsche Firmenlenker, die diese Szenarien mit einigem Wohlwollen betrachten. Wissen sie doch zumindest, was bei einer weiteren Amtszeit Putins und Merkels auf sie zukommt.

Mit entscheidenden wirtschaftlichen Weichenstellungen ist in Russland, wenn überhaupt, wohl erst im Frühsommer zu rechnen. Allerdings eröffnet der stetig steigende Ölpreis wieder mehr Möglichkeiten für staatliche Initiativen und Investitionen. Wenn die positive Entwicklung auch die Bevölkerung erreichen sollte, die in den letzten Jahren stark unter der Rezession gelitten hat, dann könnte auch die Binnenkonjunktur wieder anziehen. Alles in allem sind die wirtschaftlichen Aussichten in und für Russland und für die deutsche Wirtschaft also durchaus positiv.

Machen wir also das Beste aus 2018. Es könnte ein ganz gutes Jahr für die Menschen und die Wirtschaft werden.


Jens Böhlmann, Leiter Kontaktstelle Mittelstand für Russland beim Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Foto: zVg
Jens Böhlmann, Leiter Kontaktstelle Mittelstand
im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft

Die Kontaktstelle Mittelstand ist eine Initiative zur Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen im Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft. Sie nahm im Mai 2013 ihre Arbeit auf. Ziel der Kontaktstelle ist die Unterstützung deutscher mittelständischer Unternehmen, die einen Markteintritt oder den Ausbau ihrer Geschäftsaktivitäten in den durch den Ost-Ausschuss vertretenen Ländern, insbesondere jedoch in Russland planen.

Anfragen richten Sie bitte an: j.boehlmann@bdi.eu