Lewada-Zentrum darf keine Wahlumfragen veröffentlichen

Russland: Lewada-Zentrum darf als „ausländischer Agent“ keine Umfragen zur Wahl 2018 veröffentlichen

Das Meinungsforschungsinstitut Lewada-Zentrum kündigte an, keine Umfragen zur russischen Präsidentschaftswahl im März 2018 zu veröffentlichen. Die englischsprachige Online-Zeitung Moscow Times bezeichnet die Entscheidung als „Selbstzensur“. 

Das staatliche Allrussische Zentrum zur Erforschung der öffentlichen Meinung (WZIOM) erklärte am Montag, ein Forschungsprojekt zur Präsidentschaftswahl zu starten.

Eine erste Umfrage ergab, dass 73,8% der Bevölkerung bereit wäre, am 18. März für Wladimir Putin zu stimmen. Der Kandidat der kommunistischen Partei, der erfolgreiche Agrarunternehmer Pawel Grudinin, kam in der Umfrage auf 7,2%. Darauf folgte Wladimir Schirinowski, Chef der rechtsextremen Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR), mit einem Ergebnis von 4,7%. Weit abgeschlagen lagen die TV-Moderatorin Xenia Sobtschak (1%), der Jabloko-Gründer Grigori Jawlinski (0,6%) sowie der Geschäftsmann Boris Titow (0,3%).

In der Vergangenheit hatte das unabhängige Lewada-Zentrum häufig eine Alternative zu den Umfragen des staatlichen Instituts WZIOM bereitgestellt. Doch zur Wahl 2018 wird es auf eine Veröffentlichung von Forschungsergebnissen verzichten, erklärte der Direktor Lew Gudkow. Anfang September 2016 ist das Lewada-Zentrum als „ausländischer Agent“ registriert worden. Russlands Justizministerium hatte den Soziologen vorgeworfen, Gelder aus dem Ausland angenommen zu haben. Auch die Kooperation mit einer US-Universität wurde kritisch beäugt.

Wettbewerb zwischen Lewada-Zentrum und WZIOM?

Das Gesetz verbiete es, als „ausländischer Agent“ Forschungen über Wahlen in Russland zu publizieren, sagte der Institutsdirektor gegenüber der Zeitung Wedomosti. Ein Verstoß könne zu hohen Strafen oder gar zur Schließung des Instituts führen. WZIOM-Leiter Waleri Fjodorow äußerte Bedauern über die Entscheidung des Lewada-Zentrums, auf die Veröffentlichung von Umfragen zu verzichten: „Zwischen uns gab es keinen Wettbewerb. Wir haben unterschiedliche Kunden. Es ist schade, dass es nun weniger Daten gibt. Je mehr davon, desto besser.“

Die Umfragen der beiden Meinungsforscher wiesen in der Vergangenheit häufig starke Unterschiede auf. Im Dezember 2016 ermittelte das Lewada-Zentrum, dass 28% der Russen „definitiv“ und 30% „wahrscheinlich“ zur Wahl gehen. Im selben Zeitraum führte das WZIOM eine ähnliche Umfrage durch, bei der angeblich 70% bzw. 11% der Russen erklärt hatten, im März „definitiv“ bzw. „wahrscheinlich“ zu wählen. Karina Pipija, Sprecherin des Lewada-Zentrums, könne laut RBC nicht ausschließen, nach der Wahl Umfragen bereitzustellen.

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Titelbild: Justizministerium der Russischen Föderation (VLADJ55 / Shutterstock.com)