Corona-Krise bremst Russlands BIP 2020 um rund 5 Prozent

Der Rückgang dürfte erst 2022 aufgeholt sein

Die Prognosen zum diesjährigen Rückgang des russichen Bruttoinlandsprodukts pendeln sich bei rund 5 Prozent ein. Die Weltbank (- 6 bis – 9,6 Prozent) und der Internationaler Währungsfonds (- 6,6 Prozent) rechneten zuletzt allerdings mit einem stärkeren Einbruch. Demgegenüber gehen führende russische Banken (Sberbank, Vnesheconombank, Alfa Bank) davon aus, dass sich die gesamtwirtschaftliche Produktion um weniger als 5 Prozent abschwächen wird. Auch sie erwarten aber keine rasche Erholung der Wirtschaft. Erst 2022 werde der Rückgang der Produktion in der „Corona-Rezession“ ausgeglichen werden können.

Die beginnende Erholung der russischen Wirtschaft nach der Aufhebung des „Lockdowns“ zeigte sich im Juli im weiteren Anstieg des Einkaufsmanager-Indexes für den Dienstleistungsbereich. Gleichzeitig beschleunigte sich der Anstieg der Verbraucherpreise auf 3,4 Prozent. Die DekaBank geht aber trotz der Zunahme des Inflationstempos davon aus, dass die Zentralbank Mitte September den Leitzins zur Belebung der Konjunktur weiter auf 4 Prozent senken wird.

FocusEconomics-Umfrage ist bei minus 5 Prozent angekommen

Die monatlich vom Research-Unternehmen FocusEconomics befragten Analysten rechnen in der am 4. August veröffentlichten Umfrage im Durchschnitt jetzt mit einem Rückgang um 5,0 Prozent. Am Beginn des Lockdowns im März/April hatten sie nur einen Rückgang um 1,4 Prozent erwartet. Zuletzt hat sich ihre durchschnittliche Prognose aber nur noch um 0,1 Prozentpunkte verschlechtert. Das aktuelle Umfrageergebnis liegt jetzt genau in der Mitte der Prognose der russischen Zentralbank, die einen Rückgang des BIP um 4,5 bis 5,5 Prozent erwartet. Die Zentralbank hatte bereits Ende April ihre Prognose auf minus 4 bis minus 6 Prozent zurückgenommen.

Rating-Agentur Fitch sieht Russlands BIP etwas weniger als bisher sinken

Der 5 Prozent-Marke nähert sich auch die jüngste Prognose der Rating-Agentur Fitch vom 07. August. Sie sieht die Konjunktur in Russland jetzt allerdings etwas günstiger als bisher. Hatte Fitch Ende Juni noch einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,8 Prozent erwartet, rechnet die Agentur jetzt mit minus 5,2 Prozent. Die beiden anderen weltweit führenden Rating-Agenturen erwarten einen ähnlich starken Rückgang (Moody’s: – 5,5 Prozent; Standard & Poor’s: – 4,8 Prozent).

Viele russische Konjunkturexperten bleiben relativ optimistisch

Mit einem merklich weniger starken Rückgang um 3,8 Prozent rechnen die russische Rating Agentur Expert RA und auch die Alfa Bank (- 3,0 Prozent). Das Forschungsinstitut der Vnesheconombank liegt mit seiner Prognose (- 4,5 Prozent) am unteren Rand der Prognosespanne der Zentralbank. Noch optimistischer ist weiterhin die Sberbank (- 4,2 Prozent). Auch eine Ende Juli veröffentlichte Interfax-Umfrage lässt 2020 einen etwas schwächeren Rückgang des BIP erwarten (- 4,2 Prozent) als die Zentralbank und die Regierung annehmen.

Wachstumsprognosen 2020 bis 2022
Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr in Prozent

   202020212022
Helaba, Frankfurt08/14/2020-33
OPEC, Wien08/12/2020-4.72.9
ING Bank, Amsterdam08/11/2020-2.522.2
Berenberg Bank, Hamburg08/10/2020-53.52.5
DekaBank, Frankfurt08/07/2020-5.63.5
Commerzbank, Frankfurt08/07/2020-41.8
FocusEconomics
Consensus Forecast
08/04/2020-53.42.7
Interfax-Umfrage07/30/2020-4.23.1
Sberbank, Moskau07/30/2020-4.23.22
Rating Agentur Expert RA07/29/2020-3.83.52.2
Russische Zentralbank,
Basisszenario
07/24/2020- 4,5 bis - 5,5
Urals 38 $/b
3,5 bis 4,5
Urals 40 $/b
2,5 bis 3,5
Urals 45 $/b
VEB Institut07/24/2020-4.52.52.4
BNP Paribas07/23/2020-4.23.5
Standard & Poor’s07/17/2020-4.84.53.3
Economist Intelligence Unit, London07/14/2020-6.11.61.8
OPEC, Wien07/14/2020-4.52.9
Alfa Bank, Moskau07/07/2020-3
Weltbank, Basisszenario07/06/2020-62.73.1
Weltbank, Stress-Szenario07/06/2020-9.60.1
Internationaler Währungsfonds06/24/2020-6.64.1
Russisches Wirtschaftsministerium, Basisszenario laut RBK06/17/2020-4.8
Urals 39,9 $/b
3.2
Urals 43,3 $/b
2.9
Urals 45,6 $/b

Neue Prognosen des Wirtschaftsministeriums kommen Ende August

Über die Entwürfe des Wirtschaftsministeriums für Prognosen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zur Vorbereitung der Haushaltsplanung war Mitte Juni berichet worden, das Wirtschaftsministerium rechne für 2020 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 4,8 Prozent. Wirtschaftsminister Reshetnikov teilte in der letzten Woche mit, Ende August werde sein Ministerium neue Prognosen vorlegen. TASS berichtete, das Ministerium erwarte in seinen neuen Prognosen, dass das Bruttoinlandsprodukt 2020 um 5 Prozent sinkt. 2021 werde es um 2,8 Prozent steigen, 2022 um 3 Prozent und 2023 um 3,1 Prozent.

Russlands BIP sank im zweiten Quartal weniger als erwartet

Gestützt wird eine relativ optimistische Sicht der Produktionsentwicklung durch die am 11. August mitgeteilte erste Schätzung des Statistikamtes Rosstat zum Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im zweiten Quartal. Danach war das BIP „nur“ 8,5 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Das Wirtschaftsministerium hatte den Rückgang ebenso wie befragte Analysten auf 9,6 Prozent geschätzt. Noch stärker war Russlands BIP in der Weltfinanzkrise im 2. Quartal 2009 im Vorjahresvergleich gesunken (minus 11,2 Prozent).

Nach Einschätzung des Forschungsinstituts der finnischen Zentralbank BOFIT dürfte insbesondere ein scharfer Rückgang des Verbrauchs zum Einbruch des BIP beigetragen haben. Der Verbrauch sei auch durch die schwache Entwicklung der Einkommen und die steigende Arbeitslosigkeit gedrückt worden.

In der Euro-Zone war der BIP-Rückgang stärker

Die folgende BOFIT Abbildung zeigt, dass Russlands BIP (schwarze Linie) im zweiten Quartal im Vorjahresvergleich schwächer zurückging als das BIP der USA (blaue Linie) und das BIP der Eurozone (rote Linie). Chinas BIP (graue Linie) stieg im zweiten Quartal bereits wieder.

Russian GDP contracted slightly less in the second quarter than in the US or the euro area

BOFIT, Bank of Finland: Sharp second-quarter contraction in Russian GDP; BOFIT weekly; 14.08.2020

Den im internationalen Vergleich geringen Rückgang des BIP in Russland erklärt Dmitry A. Zaitsev im wöchentlichen Bericht des Rechnungshofes zu Konjunktur und Wirtschaftspolitik in Russland in erster Linie mit der Struktur der gesamtwirtschaftlichen Produktion. Der Dienstleistungssektor habe einen geringeren Anteil am BIP als in in den USA und in der Eurozone. Außerdem sei der Anteil kleiner Unternehmen in Russland im Vergleich mit den meisten „entwickelten“ Volkswirtschaften gering.

Nachdem Russlands BIP im ersten Quartal 2020 noch um 1,6 Prozent gestiegen ist, war es im gesamten ersten Halbjahr 2020 3,5 Prozent niedriger als vor einem Jahr.

ING Bank und Alfa Bank erwarten 2021 nur eine schwache Erholung

Dmitry Dolgin, Chef-Volkwirt für Russland der ING Bank, merkt in seinem Kommentar zur BIP-Entwicklung an, dass sich der Rückgang des Einzelhandels im Verlauf des zweiten Quartals deutlich abgeschwächt habe. Auch der Rückgang der Produktion der Bauwirtschaft und der Industrie (im „Verarbeitenden Gewerbe“) habe sich abgeflacht. Zudem ließen die Handelsbilanzdaten darauf schließen, dass sich die Ausfuhren besser als erwartet entwickelten, obwohl sich Russland an die Vereinbarungen zur Beschränkung der Ölausfuhren mit der OPEC+ halte.

Dolgin verweist aber auch auf mögliche „Bremsfaktoren“. So könne die Zuversicht der Unternehmen (und ihr Lageraufbau) durch den Rückgang der real verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte um 8 Prozent im zweiten Quartal gedämpft werden. Die Erholung der staatlichen Unternehmen könne beeinträchtigt werden, weil die Fiskalpolitik der Regierung wahrscheinlich Ausgaben von langfristigen Investitionsprojekten zu sozialen Hilfen für die Bevölkerung umschichten werde.

Der ING-Volkswirt bleibt bei seiner vergleichsweise sehr optimistischen Prognose, dass Russlands gesamtwirtschaftliche Produktion 2020 nur um 2,5 Prozent zurückgehen wird, sieht dabei aber weiterhin „Abwärtsrisiken“ für einen stärkeren Rückgang. Zudem rechnet er 2021 nur mit einer schwachen Erholung um 2,0 Prozent.

Auch Natalia Orlova, Chefvolkswirtin der Alfa Bank, meint, das Wirtschaftswachstum werde im nächsten Jahr 2,5 Prozent nicht überschreiten. Der scharfe Rückgang der Einkommen habe zu einem Einbruch der realen Einzelhandelsumsätze um 16,6 Prozent im zweiten Quartal 2020 im Vorjahresvergleich geführt. Da die Regierung schon im nächsten Jahr eine Konsolidierung des Staatshaushaltes erreichen wolle, werde sich diese Verschlechterung der Verbrauchskonjunktur wahrscheinlich nicht leicht ausgleichen lassen.

Die durchschnittliche Wachstums-Prognose für das Jahr 2021 der FocusEconomics-Umfrage nähert sich mit 3,4 Prozent inzwischen der Einschätzung der Zentralbank, die mit einem Wachstum von 3,5 bis 4,5 Prozent rechnet.

Eine kräftige Erholung der russischen Wirtschaft, die den Einbruch des Jahres 2020 bereits im nächsten Jahr weitgehend wettmachen könnte, erwartet kaum jemand. Die Mehrzahl der vorliegenden Prognosen geht auch nicht davon aus, dass sich das Wachstum 2022 beschleunigt. Die meisten Analysten erwarten im Gegenteil wie die Zentralbank bereits für 2022 eine leichte Abschwächung des Wachstums. Laut der FocusEconomics-Umfrage wird es dann nur noch 2,7 Prozent erreichen (Zentralbank-Prognose: 2,5 bis 3,5 Prozent).

Das langfristige Wachstumspotenzial bleibt auf 1,5 bis 2 Prozent beschränkt

Kirill Tremasov, Direktor der Abteilung für Geldpolitik der Zentralbank, meinte in einem Interview mit RBC-TV zur Wachstumsentwicklung, seit Juni erhole sich die Wirtschaft. Vor allem gebe es eine Belebung der Verbrauchernachfrage. Zum einen handele es sich um eine während der Quarantäne aufgestaute Nachfrage. Erhebliche Bedeutung hätten aber auch die staatlichen Hilfen. Nach Schätzungen der Zentralbank glichen sie den Rückgang der Einkommen im zweiten Quartal zu etwas mehr als der Hälfte aus. Zusätzlich werde ein Teil der früheren Ausgaben für Auslandsreisen jetzt in Russland nachfragewirksam.

Tremasov betonte aber, dass diese Nachfragefaktoren nur vorübergehend wirksam seien. Im nächsten Jahr werde der fiskalische Impuls schwächer werden. Stattdessen werde die Lockerung der Geldpolitik die Konjunktur zunehmend stützen.

Das längerfristige Wachstumspotenzial der russischen Wirtschaft bleibe allerdings sehr wahrscheinlich auf 1,5 bis 2 Prozent begrenzt. Nur in der Erholungsphase 2021/2022 werde das Wachstum voraussichtlich höher sein.

Internationale Rating-Agenturen stufen Russland trotz Rezession nicht ab

Trotz der Belastungen der russischen Wirtschaft durch die Corana-Pandemie und den Einbruch der Ölpreise bestätigte Fitch sein Rating für russische Staatsanleihen mit dem Investment-Grade „BBB-“ bei „stabilem Ausblick“. Mitte Juli hatte dies bereits die Agentur S&P Global Ratings getan.

Fitch lobte die russische Regierung. Ihre Wirtschaftspolitik sei „glaubwürdig und konsistent“. Russlands Staatshaushalt und die Zahlungsbilanz seien „robust“. Die Reaktion der Regierung auf den Schock der Pandemie und die extreme Volatilität der Ölpreise werde die Stabilität der Wirtschaft stärken und die Stabilität des Staatshaushalts bewahren.

Finanzminister Siluanow bezeichnete die Rating-Entscheidung der Agentur Fitch als weiteren Beweis, dass die Stabilität der russischen Wirtschaft trotz der außenwirtschaftlichen Turbulenzen gewährleistet sei. Er verwies darauf, dass Russland eines von wenigen Mitgliedern „der Gemeinschaft der unabhängigen Staaten“ sei, denen es gelungen sei, eine Verschlechterung des Ratings und des „Ausblick“ der Agenturen zu vermeiden.

Als Risiko für Russland stellte Fitch die von den USA insbesondere angesichts des Wahlkampfes drohenden Sanktionen heraus. Sie könnten sich vor allem auf Russlands Energieprojekte wie die Pipeline Nord Stream 2 richten, aber auch auf ausländische Investitionen in Rubel-Anleihen Russlands. Die Agentur erwartet aber nicht, dass die Sanktionen Dollar-Transaktionen russischer Banken treffen werden.

Wie die Agentur Fitch strich auch Apurva Sanghi, Lead Economist der Weltbank für Russland, in einem Weltbank-Blog jetzt noch einmal die Erfolge der russischen Wirtschaftspolitik heraus (siehe auch Ostexperte.de vom 13. Juli). Im Vergleich mit früheren Krisen sei der Kapitalabfluss aus Russland in diesem Jahr gering. Der nationale Wohlfahrtsfonds sei auf 12,5 Prozent des BIP aufgefüllt worden und das russische Bankensystem sei in die Corona-Krise aus einer Position „relativer Stärke“ gegangen. Auch die Weltbank gehe aber davon aus, dass die russische Wirtschaftsleistung bei einer schwachen Erholung im Jahr 2021 (Basis-Szenario: + 2,7 Prozent) unter ihrem Niveau vor der Krise bleiben werde.

DekaBank: Erste Belebungszeichen der Konjunktur

Anders als die Rating-Agentur Fitch blieb Daria Orlova, Russland-Expertin der Frankfurter DekaBank in ihrem monatlichen Russland-Bericht in den „Emerging Markets Trends“, Anfang August bei ihrer bisherigen Prognose zum Rückgang des BIP. Mit minus 5,6 Prozent liegt sie aber nur knapp außerhalb der Prognose-Spanne der Zentralbank.

Als „erste Belebungszeichen“ der Konjunktur verweist Orlova aber auf die Entwicklung der Einkaufsmanager-Indizes (Purchasing Manager Indices). Sie haben sich von ihren tiefen Einbrüchen im April inzwischen deutlich erholt.

Der Dienstleistung-PMI des Marktforschungsunternehmens IHS Markit stieg im August sogar deutlich über die „Wachstumsschwelle“ von 50 Punkten auf 58,5 Punkte. Dahinter steht die Belebung der realen Einzelhandelsumsätze. Sie waren im Juni nur noch 7,7 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Im Mai unterschritten sie das Vorjahresniveau noch um 19,2 Prozent.

Der PMI im exportabhängigeren „Verarbeitenden Gewerbe“ fiel hingegen etwas zurück und blieb mit 48,4 Punkten im „Kontraktionsbereich“. Die Industrieproduktion war im Juni im Vorjahresvergleich fast so stark gesunken wie im Mai (- 9,4 Prozent gegenüber Vorjahr nach -9,6 Prozent im Mai). Orlova erklärt das zum einen mit den Ölförderbeschränkungen im Rahmen des „OPEC+“-Vereinbarungen, zum anderen aber auch mit einer fehlenden Investitions- und Exportnachfrage (siehe auch Ostexperte.de-Bericht).

Daria Orlova; DekaBank: Russland: Erste Belebungszeichen bei der Konjunktur; in: Emerging Markets Trends; 07.08.2020

Der kombinierte Einkaufsmanager-Index stieg von 48,9 Punkten auf 56,8 Punkte und überschritt damit wie der Dienstleistungs-Index klar die „Wachstumsschwelle“. Auch FocusEconomics bietet dazu eine Abbildung.

Verbraucherpreisanstieg beschleunigte sich im Juli auf 3,4 Prozent

Die jährliche Inflationsrate stieg in Russland von 3,2 Prozent im Juni auf 3,4 Prozent im Juli. Das ist der stärkste Preisanstieg seit letztem November. Der Anstieg der Verbraucherpreise beschleunigte sich bei Lebensmitteln (+ 4,2 Prozent gegenüber +3,9 Prozent im Juni) aber auch bei anderen Produkten (+ 3,1 Prozent gegenüber + 3 Prozent). Die Inflationsrate bei den Dienstleistungen stagnierte hingegen (+ 2,5 Prozent). Gegenüber dem Vormonat Juni beschleunigte sich der Anstieg der Verbraucherpreise auf 0,4 Prozent (Juni/Mai: + 0,2 Prozent).

Da die jährliche Inflationsrate weiterhin unter der von der Zentralbank angestrebten Rate von 4 Prozent liegt, hält es DekaBank-Analystin Daria Orlova für „nahezu sicher“, dass die Zentralbank ihren Leitzins in einem weiteren Schritt um 25 Basispunkte auf 4 Prozent senken wird (nächste Leitzins-Sitzung am 18. September).

Orlova erwartet, dass der Anstieg der Verbraucherpreise im Jahresdurchschnitt 2020 mit 3,2 Prozent deutlich niedriger sein wird als 2019 (4,5 Prozent). Das entspricht der Prognose der Zentralbank (2020/2019: + 3,1 Prozent bis + 3,2 Prozent).

Bis Ende 2020 wird sich der Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat laut der Zentralbank-Prognose jedoch auf 3,7 bis 4,2 Prozent beschleunigen und damit deutlich höher sein als Ende 2019 (3,0 Prozent).

Anstieg der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat in Prozent

Weitere Leitzinssenkungen unter 4 Prozent dürften nach Einschätzung von Orlova nur möglich sein, wenn sich Russlands Konjunktur deutlich schlechter entwickelt, als es die Zentralbank erwartet. Die Zentralbank habe angekündigt, dass sie negative Realzinsen vermeiden wolle.

Prognosen der DekaBank für 2020 und 2021

Daria Orlova; DekaBank: Russland: Erste Belebungszeichen bei der Konjunktur; in: Emerging Markets Trends; 07.08.2020
Titelbild
Titelbild: Sonderwirtschaftszone Technopolis Moskau. Quelle: Wikimedia Commons
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Quellen und Lesetipps:

Ostexperte.de-Artikel zu Konjunktur und Wirtschaftspolitik in Russland von Klaus Dormann:

Periodisch erscheinende Konjunkturberichte (monatlich, vierteljährlich, halbjährlich)

Konjunktur und Wirtschaftspolitik in Russland

Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal 8,5 Prozent niedriger als vor einem Jahr

Verbraucherpreise im Juli 2020 3,4 Prozent höher als vor einem Jahr

Einkaufsmanager-Indizes: Kräftiger Anstieg bei Dienstleistungen, Rückgang in der Industrie

Zentralbank-Berichte und -Prognosen