Umfrage: Fremdenfeindlichkeit in Russland wächst

Umfrage: Fremdenfeindlichkeit in Russland wächst

Nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum wollen immer mehr Russen den Zuzug bestimmter Nationalitäten und Ethnien beschränken.

Rund 37% der Befragten erklärten Sinti und Roma zur „unerwünschten“ Ethnie in Russland. Im Vorjahr lag der Wert noch bei 17%. Ebenfalls unerwünscht sind Chinesen (31%) und Vietnamesen (26%). Auch hier gibt es einen deutlichen Anstieg gegenüber 2017 (damals 15 bzw. 12%).

Laut Umfrage unterstützen rund 19% der Befragten die Losung „Russland den Russen“ (2017: 10%). Fast 40%  bewerten „diskriminierende“ Wohnungsanzeigen als positiv. Die Anzahl der Russen, die eine Beschränkung der Zuwanderung befürworten, stieg von 58 auf 67%. Auf dem Wohnungsmarkt kommt es oft vor, dass Vermieter explizit nach „slawischen“ Mietern suchen.

Rentenreform sorgt für Frustration

Nach Angaben von Karina Pipija, Soziologin des Lewada-Zentrums, könne in Russland ein starker Anstieg der Fremdenfeindlichkeit beobachtet weden. Viele Russen würden ihre Frustration über die geplante Rentenreform auf das Thema Migration umleiten, so die Expertin.

Kurz vor der Fußball-WM hat die russische Regierung angekündigt, das Rentenalter für Männer von 60 auf 65 Jahre bzw. für Frauen von 55 auf 63 Jahre anzuheben. Die Pläne sorgen landesweit für Unmut. Dennoch hat die Staatsduma dem Gesetzentwurf in erster Lesung zugestimmt. Rund 89% der Russen lehnen die Reform ab, stellte das Lewada-Zentrum im Juli fest. Auch die Zustimmung für Präsident Wladimir Putin ist auf ein Rekordtief von 67% gesunken.

Laut Alexander Werchowski, Leiter der auf Rassismus spezialisierten NGO „Sowa“, sei der Anstieg von xenophoben Ressentiments kein Zufall. „Möglicherweise hängt das mit den wirtschaftlichen Schwierigkeiten zusammen“, zitiert der oppositionelle TV-Sender Doschd. Die Unsicherheiten würden auf externe Faktoren oder andere Ethnien projiziert, so der Experte.

„Interne“ statt „externe“ Xenophobie

Die Soziologen analysieren eine mögliche Wechselwirkung zwischen Fremdenfeindlichkeit und antiwestlichen Tendenzen. Seit Beginn der Ukraine-Krise im Jahr 2014 sei die „externe Xenophobie“ und der Hass auf den Westen stärker geworden, erklärte Pipija. Doch im Zuge der Fußball-WM habe sich das Verhältnis zum Westen deutlich verbessert. Rund 61% der Russen wünschten sich Ende Juni, dass Russland den Westen „wie einen Partner“ behandeln sollte. Stattdessen erhalte die „interne“ Xenophobie wieder Aufschwung, bestätigt Werchowski.

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