Schröder: „Wir können froh sein, einen Putin zu haben“

Gerhard Schröder: „Verglichen mit Trump können wir froh sein, einen Putin zu haben“

Im Interview mit der Zeit (Donnerstagsausgabe) spricht Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder über das Verhältnis zu Russland. Mit einer positiven Aussage über Präsident Wladimir Putin sorgt er für Schlagzeilen.

Gerhard Schröder spricht sich im Zeit-Interview gegen die europäischen Russland-Sanktionen aus. Er könne nicht verstehen, weshalb Deutschland die treibende Kraft bei den Strafmaßnahmen sei. Aus historischen Gründen hätten die Russen wohl „mehr Dankbarkeit“ erwartet. Im Ukraine-Konflikt liefere auch Kiew „zu wenig“, erklärte der SPD-Altbundeskanzler.

Fortschritte wie der „Abzug schwerer Waffen aus dem Donbass“ würden nicht ausreichend gewürdigt. Die EU diskutiere „nicht über eine Lockerung“, sondern über eine „Verlängerung oder gar Verschärfung“ der Sanktionen. „Wer übt Druck auf Kiew aus?“, fragte Schröder. Auch Kiew führe einen Krieg gegen den Donbass und schneide Menschen von der Energieversorgung ab.

Kritik an Wirkungslosigkeit der EU-Sanktionspolitik

Die Sanktionspolitik habe bisher keine Erfolge gezeigt, „weder auf der einen noch auf der anderen Seite“. Über den Beginn des Ukraine-Konflikts sagte Schröder:

„Der große Fehler war zu Beginn, als die EU der Ukraine eine Assoziierung angeboten hat, mit Beitrittsperspektive. Über Assoziierung hätte die EU auch mit Russland sprechen müssen. (…) Man hat nicht einmal einen Versuch gemacht, mit Russland darüber zu reden.“

Im Umgang mit Präsidenten wie Wladimir Putin oder Recep Tayyip Erdoğan sei ein „hohes Maß an Rationalität“ notwendig. „Verglichen mit dem US-Präsidenten können wir froh sein, einen Putin zu haben“, so Schröder. In Hinblick auf Russland habe Europa zu wenig begriffen, dass das Land „nach anderen Kriterien“ zu beurteilen sei als Deutschlands „gefestigte Demokratie“.

Altkanzler glaubt nicht an „Mär der russischen Aggressionspolitik“

Der Altbundeskanzler glaube nicht an die „Mär der russischen Aggressionspolitik“. Angesichts der deutschen Historie halte er es für einen Fehler, die deutsche Bundeswehr an der russischen Grenze in Litauen zu stationieren. Er kritisierte die territoriale Einkreisung Russlands sowie das „amerikanische Bemühen, die Ukraine und Georgien in die Nato zu holen“.

Seit George W. Bush hätten die USA das Ziel der „Isolation“ verfolgt. Dies habe „Ängste“ in Russland ausgelöst. Die USA seien nicht an einem starken Russland interessiert. „Aber wollen wir Deutsche und Europäer ein schwaches Russland?“, so Schröder. Ihm zufolge sei die Vorstellung absurd, dass Russland „Appetit auf das Baltikum“ oder „gar auf Polen“ hätte.

Schröder über seinen Job als Aufsichtsratschef bei Rosneft

Deutschland benötige Russlands Markt und die Energie, bemerkte der Altkanzler. Auch politisch sei Russland unabdingbar, wenn man an globale Probleme denke. Über seine neue Position als Chef des Aufsichtsrats beim russischen Energiekonzern Rosneft sagte Schröder, dass er den Job „aus Überzeugung“ angenommen habe. Er lasse sich „nicht instrumentalisieren“.

Bei Rosneft sowie den Gazprom-Projekten Nord Stream 1 und 2 engagiere sich der Altkanzler für Energiesicherheit. „Die Pipeline-Gesellschaften sorgen für die sichere Energieversorgung“, so Schröder. Die EU und Deutschland seien auf russisches Gas „angewiesen“. Allerdings sei die Abhängigkeit von Russland kein Problem: „Die brauchen doch auch unsere Märkte.“

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Titelbild: Till Westermayer, Gerhard Schröder in the shadows, Zuschnitt auf 1040×585 px. CC BY-SA 2.0