Ukraine-Krieg belastet deutsch-russische Beziehungen

Ukraine-Krieg belastet deutsch-russische Beziehungen

Deutschland und Russland möchten eine gegenseitige Wiederannäherung. Der Stolperstein dafür ist der Krieg in der Ostukraine. Solange das Minsker Abkommen von allen Seiten blockiert wird, gibt es keine Rückkehr zur deutsch-russischen Partnerschaft.

Ein Gastbeitrag von Alexander Rahr.


Der Weg aus der Sackgasse ist vorgezeichnet. Eine UN-Friedensmission sollte im abtrünnigen Donbass stationiert werden. Moskau und Kiew sind dafür – gestritten wird darüber, ob die Blauhelme nur an der Frontlinie zwischen Separatisten und der ukrainischen Armee stationiert werden sollen, wie es Russland will, oder – so fordert es die Ukraine – direkt an der russisch-ukrainischen Grenze.

Das Gezerre um die Lokalisierung der Friedenstruppe lähmt den Minsker Prozess. Dieser darf nicht beerdigt werden, ansonsten können schwere Kampfhandlungen jederzeit wieder entflammen.

Die unterschiedlichen Ansinnen der russischen und ukrainischen Seiten sind verständlich. Die Russen wollen, dass die Separatisten durch eine Autonomielösung und nachfolgende Wahlen ihre Legitimierung erfahren – nicht als unabhängiger Staat, aber als autonomes Gebilde innerhalb einer ukrainischen Föderation. Moskau will verhindern, dass eine UN-Eingreiftruppe praktisch das Protektorat über den Donbass übernimmt, wie es die NATO in Ex-Jugoslawien getan hatte. Eine Entwaffnung der Separatisten und die Übergabe der politischen Oberhoheit der abtrünnigen Region unter ein UN-Mandat lehnen die Russen ab. Moskau fürchtet, dass unter solchen Umständen die Kiewer Führung mit den pro-russischen Aufständischen kurzen Prozess machen würde.

Kiew will kein pro-russisches Protektorat

Die Ukrainer hatten zwar zu Beginn des Minsker Prozesses der Autonomielösung für den Donbass zugestimmt, sich aber kurz danach von dieser Idee verabschiedet. Kiew will partout kein pro-russisches Protektorat im Osten seines Landes tolerieren. Kiew ist gegen einen permanent eingefrorenen Konflikt, wie in Transnistiren oder Bergkarabach. Kiew bezeichnet die Aufständischen als Terroristen und verweigert sich den Verhandlungen mit ihnen. Die Ukrainer setzen darauf, dass der Westen ihnen hilft, die abtrünnige ostukrainische Region über Sanktionen gegen Moskau oder militärische Unterstützung gegen die Separatisten zurückzugewinnen.

Trotzdem bleiben die UN-Friedenstruppen die einzig gangbare Option, um einen weiteren Krieg zu verhindern. Es kursieren mehrere Pläne zum UN-Einsatz. Sie werden am Rande von Konferenzen von Think Tankern probeweise durchdiskutiert. Möglicherweise könnte die Mission folgendermaßen aussehen:

Eine UN-Blauhelmtruppe wird im gesamten Donbass an den Stellen stationiert, wo die OSZE ihre Beobachterstützpunkte aufgeschlagen hat, d.h. sowohl an der Frontlinie, als auch an der ukrainischen Ostgrenze.

Lokale Wahlen in Donezk und Lugansk

Parallel zu den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2019 finden in Donezk und Lugansk lokale Wahlen unter OSZE-Richtlinien und unter UN-Schutz statt. Die so gewählten Vertreter der abtrünnigen Regionen erhalten exekutive Vollmachten in ihren Gebieten und werden von Kiew de jure anerkannt. Sie können nur durch direkte Wahlen abgesetzt werden. Sie dürfen ihre auswärtigen Wirtschaftsbeziehungen selbst bestimmen. Die gewählten Vertreter des Donbass arbeiten mit der UN-Friedensmission und der OSZE eng zusammen und erhalten internationalen Schutzstatus.

Daraufhin zieht sich die ukrainische Armee zurück. Russland tut das Gleiche mit seinen Instrukteuren und Waffen in der Ostukraine. Die UN-Friedenstruppen garantieren den Abrüstungsprozess. Sie verhindern, dass eine der Seiten mit ihren Kampftruppen die geräumten Stellungen wieder bezieht. Gleichzeitig setzt ein wirtschaftlicher Wiederaufbauprozess im Donbass ein, an dem sich Firmen aus Russland, der Ukraine genauso beteiligen, wie die westlichen. Sanktionen zwischen Russland und der EU werden abgebaut.

Zusammensetzung der UN-Blauhelmtruppen

Eine der entscheidendsten Fragen hierbei ist die nationale Zusammensetzung der UN-Blauhelmtruppen. Ein Übergewicht von Soldaten aus pro-ukrainischen NATO-Ländern ist ausgeschlossen. Der Vorschlag des russischen Militärexperten Alexei Arbatow, russische Truppen in die UN-Blauhelmmission zu integrieren, klingt unter gewissen Aspekten interessant, wird aber kaum realisierbar sein.

Wichtig wäre, dass sich die UN-Schutztruppe von ihrer Mentalität her in der Ostukraine zurechtfindet. Soldaten aus den balkanesischen Ländern, der Eurasischen Union und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten könnten den Kern der Blauhelme bilden. Nicht ausgeschlossen ist, dass China sich im Konflikt als neutrale Ordnungsmacht profilieren möchte.

Das nächste Treffen zwischen den Konfliktparteien und den Minsker-Prozess-Garantiemächten Deutschland und Frankreich im sogenannten Normandie-Format sollte endlich konstruktive Vorschläge erarbeiten. Angesichts anderer, drängender Probleme und Herausforderungen in der Weltpolitik, die eine Zusammenarbeit zwischen EU und Russland benötigen, sollte die Ukraine-Krise jetzt mit allen diplomatischen Mitteln überwunden werden.

Titelbild
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