US-Wahl 2016: Wie Putin jetzt Merkel und Obama die Welt erklären könnte
Wladimir Putin zitiert gerne mal russische Denker. Wenn er in diesem Leben noch einmal auf Angela Merkel und Barack Obama treffen sollte, sei ihm ein Zitat des deutschen Philosophen Hegel empfohlen: „Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig“, schrieb der vor 200 Jahren.
Kommentar von Bojan Krstulovic, Moskauer Deutsche Zeitung.
Zitate zusammengetragen und übersetzt von Birger Schütz und Simon Barthelmess.
Nicht erst seit dem nächsten „Schock“ für westliche Politiker und Medien – also der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten – dürfte Putin Lust verspüren, mit seinen Kollegen aus Berlin und Washington ein wenig über die Wirklichkeit zu plaudern. Waren diese doch bei einem Telefonat miteinander Anfang März 2014 darüber einig geworden, dass Putin den Kontakt zur Wirklichkeit verloren habe.
Tatsächlich dürfte sich eher Wladimir Putin im Einklang mit der Realität wähnen als seine westlichen Kollegen. Vieles ist Wirklichkeit geworden, was ihnen zuvor ganz und gar nicht vernünftig erschienen war. Der Brexit oder jetzt Donald Trump konnten ja nicht sein, weil sie nicht sein durften. Für höchst vernünftig hingegen verkauften sie und ihre Medien den „arabischen Frühling“ und die deutsche „Willkommenskultur“, zwei Phänomene unserer Zeit, die den Test der Wirklichkeit nicht bestehen sollten.
Putin könnte seinen Kollegen aus Berlin und Washington mit Hegel sagen: „Seht ihr, was Wirklichkeit geworden ist, kann nicht unvernünftig sein; und was nicht wirklich ist, das kann auch nicht vernünftig sein.“ Besser wäre es, das eigene Weltbild wieder zurechtzurücken, statt auf die Wirklichkeit zu schimpfen, weil man sie nicht versteht.
Doch auch Obama ist bekanntlich so belesen wie schlagfertig und könnte seine beiden Kollegen mit einer noch älteren Weisheit in Verlegenheit bringen: „Nichts ist so beständig wie der Wandel“, lehrte Heraklit im alten Griechenland. „Change“ ist das Einzige, worauf Verlass ist, würde man heute sagen. Millionen von Engländern und Amerikaner haben das jedenfalls in diesem Jahr mit ihren Stimmen zum Ausdruck gebracht, und auch Frau Merkel beginnt, die neue Lust der Menschen auf die Wirklichkeit zu spüren.
Doch mehr als sie dürfte diese neue Wirklichkeit im Kreml für Unbehagen sorgen. Das de facto Ein-Parteien-Parlament, das er im September wählen ließ, erscheint vielen als irreal und wenig vernünftig. Und schon bald muss er selbst eine Präsidentenwahl veranstalten. „Change“ könnte dann zwar vernünftig sein, aber trotzdem vorerst nicht Wirklichkeit werden.
Wie Politiker in Russland auf den Wahlsieg von Donald Trump reagieren
Wladimir Putin, russischer Präsident
»Wir haben den von ihm als Präsidentschaftskandidat geäußerten Wunsch, die Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern wiederherzustellen, vernommen. Wir sind bereit, auf unserer Seite alle Schritte zu machen und alles zu tun, damit die russisch-amerikanischen Beziehungen einen stabilen Pfad der Entwicklung einschlagen. Dies würde zum Nutzen des russischen wie des amerikanischen Volkes geschehen und sich positiv auf das allgemeine Klima in den internationalen Beziehungen ausüben.
Sergej Schelesnjak, Duma-Abgeordneter und stellvertretender Duma-Vorsitzender
» Die Wahl hat gezeigt, dass die Menschen müde von der künstlichen Konfrontation und der aufgezwungenen Globalisierung sind. Wir respektieren Amerikas Wahl und hoffen darauf, mit der neuen US-Führung konstruktive Beziehungen (…) zu etablieren.
Patriarch Kirill von Moskau und der ganzen Rus, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche
»Ich hoffe, dass die traditionellen Beziehungen zwischen der russisch-orthodoxen Kirche und den Vereinigten Staaten sich weiterhin positiv entwickeln. Davon profitieren unsere Völker, die durch gemeinsame christliche Werte und eine lange Geschichte verbunden sind.
Sergej Lawrow, russischer Außenminister
»Wir sind dazu bereit, mit jedem Präsidenten zu arbeiten. Ich habe viele Worte gehört, wir werden nach ihren Handlungen urteilen und auf ihre Handlungen reagieren.Wir bevorzugen niemanden.
Michail Chodorkowskij, russischer Unternehmer und politischer Aktivist
»Im Putinlager wollte man Trump. Da ist er. Ich hol mir Popcorn. Stellt euch schon mal auf einen fallenden Ölpreis ein. Und vergesst Reagan nicht.
Wladimir Schirinowskij, Parteivorsitzer der Liberal-Demokratischen Partei Russlands (LDPR)
» Wir sind natürlich sehr glücklich zu sehen, dass der bessere Kandidat gewonnen hat. Hillary hat mit Krieg gedroht. Für sie war Russland der Hauptfeind. Die meisten Amerikaner wollen einfach nur Frieden. Ruh dich einfach mal aus, Oma Hillary!
Leonid Sluzkij, Vorsitzender des Duma-Komitees für Internationale Beziehungen
» Es ist möglich, dass Trump es nur den Wählern recht machen wollte, die mit den harten Einstellung von Clinton gegenüber Russland nicht einverstanden waren.
Sergej Mironow, Vorsitzender der Partei „Gerechtes Russland“
»Im Januar tritt Trump sein Amt an und es beginnt ein neues Leben. Ich hoffe, dass das ein neues Kapitel in den Beziehungen der USA und Russlands markiert.
Gennadij Sjuganow, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Russlands, 72 Jahre alt. Trump ist 70.
»Es gibt eine Besonderheit: In den letzten 25 Jahren wurden in den USA ziemlich junge Kandidaten zum Präsidenten gewählt, aber die jetzigen zwei sind im hohen Alter. Ich versichere Ihnen, nichts wird sich wirklich ändern: Epochen, Technologien und das Wetter ändern sich – aber die Strategie der Amerikaner nicht.
[accordion open_icon=”chevron-up” closed_icon=”chevron-down”] [/su_spoiler]Quelle: flickr.com, Gage Skidmore (CC BY-SA 2.0)[/su_spoiler]