Schröder: Bundeswehr im Baltikum ist „falsches Signal“

Gerhard Schröder: Kein russischer Präsident wird die Krim wieder aus Russland ausgliedern

Gerhard Schröder spricht im Interview mit dem Wochenmagazin Stern über die Nato-Präsenz im Baltikum sowie den Anschluss der Halbinsel Krim an Russland. Zuvor hatte der SPD-Altkanzler durch eine Nominierung als Chef des Aufsichtsrats beim russischen Energiekonzern Rosneft für Schlagzeilen gesorgt.

Der frühere Bundeskanzler kritisierte die Präsenz der Bundeswehr im Baltikum. Sie sei „ein vollkommen falsches Signal, wenn deutsche Soldaten an der russischen Grenze stationiert sind, weil dies ein Gespür für unsere gemeinsame Geschichte vermissen lässt“, erklärte Schröder.

Zum Hintergrund: Im Rahmen des Nato-Abschreckungsmanövers “Enhanced Forward Presence” sind derzeit 450 Bundeswehrsoldaten in Litauen. Außerdem führten russische Streitkräfte bis zum 20. September 2017 das Militärmanöver „Sapad“ in Russland und Belarus durch. Dabei soll es zu einem Zwischenfall gekommen sein. Nach Angaben des oppositionellen TV-Kanals Doschd soll ein Helikopter versehentlich auf einen Parkplatz geschossen haben.

Der wegen seines Rosneft-Engagements in Kritik geratene Altkanzler sagte zudem, dass er den „inzwischen negativ besetzten“ Begriff „Putin-Versteher“ für „gefährlich“ halte. Ihm zufolge sei es notwendig, sich mit seinem Gegenüber auseinanderzusetzen: „Natürlich muss man Russland und seinen Präsidenten verstehen wollen.“

Deutsche Ostpolitik

Ebenfalls äußerte sich Schröder über den Krim-Anschluss an die Russische Föderation. „Aufgrund unserer gemeinsamen Geschichte sind viele Russen von der deutschen Haltung, insbesondere von der Sanktionspolitik enttäuscht“, sagte er.

Zudem höre er in Gesprächen immer wieder: „Wir haben Deutschland doch bei der Wiedervereinigung geholfen.“ Die Halbinsel Krim sei seit dem 18. Jahrhundert ein Teil Russlands gewesen. Dazu erklärte Schröder: „Ich prophezeie, dass es keinen russischen Präsidenten geben wird, der die Krim wieder aus Russland ausgliedern wird.“

Zum Thema Ostpolitik sagte er, dass „die Erfolge Willy Brandts“ nichts aufs Spiel gesetzt werden dürfen. Deutschland sollte sich dabei insbesondere nicht „an den Interessen der USA“ orientieren. Ihm zufolge seien die Vereinigten Staaten, anders als Europa, nicht an einem starken Russland interessiert. Zudem betonte Schröder seine Freundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Rothschild-Kontakte und Rosneft-Nominierung

Ende August 2017 hatte der Stern einen Beitrag veröffentlicht, nach dem Schröder einen „offensichtlich finanziellen Nutzen“ aus seiner Freundschaft zu Wladimir Putin gezogen haben soll. Das Finanzhaus Rothschild soll mit „einmaligem“ Zugang geworben haben, den man dank Gerhard Schröder zu Moskaus Polit-Elite anbieten könne. Der Altkanzler arbeitete von 2006, im Jahr nach dem Ausscheiden als Kanzler, bis März 2016 als bezahlter Rothschild-Berater.

Am 29. September 2017 soll Schröder voraussichtlich zum Leiter des Rosneft-Aufsichtsrats ernannt werden. Laut eines Berichts der russischen Regierung sei er ein „weltweit angesehener Politiker“, der sich im Energiebereich für „strategische Kooperationen zwischen Deutschland und Europa mit Russland“ engagiere, zitiert die Nachrichtenagentur Interfax. Für die Nominierung in den Rosneft-Aufsichtsrat musste der Altkanzler viel Kritik einstecken. „Ich finde das, was Herr Schröder macht, nicht in Ordnung“, sagte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel.


BildquelleCampus Symposium GmbH, Gerhard Schroeder CS, Size changed to 1040×585 px., CC BY-SA 3.0 DE