Russland und der Föderalismus

Historisch bedingt: Russland und der Föderalismus

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In Russland gibt es weit mehr als nur die ethnischen Russen. Mehr als 185 ethnische Gruppen sind fester Bestandteil Russlands. Doch zunehmend ist zu beobachten, wie die Eigenständigkeit schwindet. Für ein Gefühl der Einheit sorgt diese Tatsache aber nicht, im Gegenteil: Die Diskrepanzen nehmen weiter zu, was die Regionen insgesamt zunehmend auseinandertreibt.

Bereits zu Zeiten der Zarenherrschaft ließ sich das Föderalismus-System beobachten. Zwar war der Nationalismus vorherrschend, doch die einzelnen Völker ließen sich weder assimilieren noch vertreiben. So ist es nicht verwunderlich, dass viele der russischen Völker bereits seit vielen hundert Jahren in dem Land leben. Dazu gehören ethnische Gruppen mit externem Herkunftsland, auch als „Mutterland“ bezeichnet. Gleichzeitig dehnte sich das Zarenreich zunehmend aus, was dazu führte, dass einige Völker automatisch unter russischer Herrschaft standen. Dies war etwa in Sibirien oder im Kaukasus zu beobachten und ist für die heutige politische Situation noch immer relevant.

Merkmale des föderalistischen Systems in Russland

Die Verfassung legt fest, dass die föderalistischen Regionen gleichgestellt sind mit der Zentralregierung. Das bedeutet zum Beispiel, dass die offizielle Staatssprache zwar russisch ist, doch in den einzelnen Regionen zusätzlich eigene Sprachen bestimmt werden können. Gleichzeitig haben die Republiken keine eigene Möglichkeit, der Föderation zu entsagen. Grundsätzlich haben die Regionen aber ein Recht der Selbstbestimmung festgelegt, was die einzelnen Nationalitäten und Völker betrifft.

Ebenfalls von Bedeutung ist in Russland in diesem Zuge der Föderationsrat: Dabei handelt es sich um die zweite Kammer des russischen Parlaments. Die einzelnen Republiken sind mit jeweils zwei Mitgliedern in diesem Rat vertreten. Eines ist für die Legislative zuständig, das andere für die Exekutive. Damit hat der Föderationsrat ein offizielles Mitspracherecht, was die Gesetzgebung Russlands betrifft. Aktiv wird der Rat etwa bei Entscheidungen zu Grenzziehungen oder wenn es um wichtige Amtserhebungen geht. Gleichzeitig werden dort auch Themen bezüglich des Bundeshaushalts, der völkerrechtlichen Verträge oder der Steuerregelungen behandelt. Wird in der Duma ein Gesetz beschlossen, kann der Föderationsrat diese an den aktuellen Präsidenten, also Putin, weiterreichen. Ebenso kann der Rat Gesetzesvorlagen ablehnen und an die Duma zurückreichen. Hat die Duma aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit auf ihrer Seite, gilt der Föderationsrat offiziell als überstimmt.

Wie unterschiedlich Gesetze in Russland ausgelegt werden können, zeigt sich zum Beispiel auch im Bereich des Glücksspiels: Präsident Putin hält das Glücksspiel für gefährlich. Das Parlament zieht mit. Deshalb wurde das Glücksspiel im Jahr 2009 in Russland verboten. Putin sagte sogar, er halte Glücksspiel für noch gefährlicher und schädlicher als Alkoholismus. Das neue Gesetz betraf sowohl lokale Spielstätten als auch Online Casinos. Für die Staatskasse war die Entscheidung mit Nachteilen behaftet, denn das Glücksspiel hatte viele Gelder eingebracht. Daran zeigte sich aber auch, wie viele Menschen dem Glücksspiel zugetan waren – das wollten Putin und sein Parlament unterbinden. Während Online Casinos in Europa zum großen Teil mittlerweile legal sind oder zumindest geduldet werden, wäre ein Novoline Online Casino, wie wir es hier in Deutschland kennen, in Russland in den meisten Teilen des Landes undenkbar. Doch das interessante: In Russland gibt es auch weiterhin sogenannte Sonderverwaltungszonen. In diesen ist es nicht verboten, an Glücksspielen teilzunehmen. Etwas Ähnliches konnten wir in Deutschland beobachten, denn in Schleswig-Holstein waren Glücksspiele schon deutlich länger erlaubt als in anderen Bundesländern. In Russland geht es konkret um Städte wie Altaj oder Wladiwostok, in denen noch immer Casinos besucht werden können. Die Spielbanken sind etwas abgelegen und nicht im Zentrum der Städte angesiedelt, aber es gibt sie. Die Duldung ist in Russland umstritten, zeigt aber, dass einzelne Regionen in bestimmten Fällen ihre eigenen Gesetze machen können.

Ein Blick auf die einzelnen Völkergruppen in Russland

Um als eigene Nationalität oder als eigenständiges Volk anerkannt zu werden, müssen bestimmte Bevölkerungsgruppen in Russland verschiedene Kriterien erfüllen. Diese sind mitunter gar nicht so einfach zu erfüllen, aber notwendig, um bestimmte Rechte eingeräumt zu bekommen. Anerkannte ethnische Gruppen gibt es in Russland 185. Die Anzahl stieg mit der Zeit, weil immer weniger Gruppen als Untergruppen galten und Eigenständigkeit zugeschrieben bekamen. Die größten Gruppen in Russland sind die ethnischen Russen, die Tataren, die Baschkiren oder die Armenier. Auch die Tschetschenen und die Tschuwaschen sind anerkannte größere Gruppen.

Kleinere Völkergruppen sind eher in Sibirien und dem Fernen Osten anzutreffen. Die hohe Anzahl an einzelnen Völkergruppen erklärt auch, warum es so viele Minderheitssprachen in Russland gibt. Daraus resultiert, dass es diverse Fernsehsender oder Zeitschriften gibt, die sich verschiedenster Sprachen bedienen.

Trotz des föderalistischen Systems zeichnet sich in Russland insgesamt ein Machtsystem ab, in das die einzelnen Regionen zwar einbezogen werden, das Mitspracherecht in der Realität häufig aber gar nicht so groß ist. Was etwa die Steuerautonomie der einzelnen Republiken betrifft, so ist diese kaum vorhanden. Gleichzeitig geraten einige Regionen in Vergessenheit, was etwa bei den großen Lohnunterschieden sichtbar wird: In vielen ethnischen Regionen gibt es überdurchschnittlich viele Arbeitslose, woraus ärmliche Verhältnisse resultieren. Wachstum ist dagegen in großen Städten wie St. Petersburg oder Moskau zu beobachten. Insgesamt nehmen die sozioökonomischen Unterschiede innerhalb des Landes immer weiter zu. Dies muss die Zentralpolitik anerkennen und gegensteuern.

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Titelbild: invisibleStudio / Shutterstock.com
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