Russland: Stellenangebote steigen, Löhne aber nicht
Wie die Tageszeitung Kommersant berichtet, hatte der russische Arbeitsmarkt 2017 mehr Stellen anzubieten als im Vorjahr. An den niedrigen Löhnen hat sich jedoch nichts geändert.
Es ist ein ambivalentes Bild, das jüngste Studien zum Zustand des russischen Arbeitsmarkts zeichnen. Während es für die russische Bevölkerung zwar bedeutend leichter geworden sei, neue Jobs zu finden, scheint die Höhe der Einkommen weiterhin auf einem Niedrigniveau zu liegen.
Die Analysten des Personalberaters Unity kommen in ihren Untersuchungen zu dem Schluss, dass sich das Stellenangebot des russischen Arbeitsmarkts 2017 gegenüber dem Vorjahr deutlich verbessert hat. Ihre Einschätzungen belaufen sich auf einen Zuwachs von angebotenen Jobs um 10 bis 15 Prozent. Hauptverantwortlich sei die steigende Nachfrage nach spezialisierten Arbeitskräften. So suchten Personalverwalter zunehmend nach Fachkräften wie beispielsweise Produktionsmanager oder IT-Experten. Auch für 2018 sagt Unity einen wachsenden Mangel an Spezialisten für die meisten Wirtschaftssektoren voraus.
Neben den Einschätzungen von Unity deuten Ergebnisse des Forschungsinstituts Romir auf einen weiteren positiven Trend auf dem russischen Arbeitsmarkt hin. Einer Umfrage zufolge soll 2017 der Anteil jener Menschen, die aus freien Stücken oder gezwungenermaßen ihre Arbeit wechselten, von 23 auf 9 Prozent gesunken sein. Außerdem hätten die meisten der entlassenen Russen binnen kürzester einen neuen Job gefunden: Vier von fünf Gekündigten brauchten laut Romir maximal eineinhalb Monate, um wieder in Lohn und Brot zu gelangen. Wie das Unternehmen in seinem Bericht vermerkt, stelle dieser Umstand eine bemerkenswerte Verbesserung im Vergleich zu den vorigen Jahren dar.
Kaum Veränderung bei Löhnen unter Existenzminimum
Was jedoch die Höhe der russischen Gehälter betrifft, gibt es keinen Anlass zur Freude. Zwar hat sich laut der Romir-Umfrage die Anzahl der Unternehmen, bei denen die Gehälter gesenkt wurden, von 18 auf 9 Prozent halbiert. Doch ebenso sei der Prozentteil der gestiegenen Löhne von 13 Prozent im Vorjahr auf nun 8 Prozent gesunken. Somit tritt das Einkommensniveau vorerst mehr oder weniger auf der Stelle. Die Russische Akademie der Wissenschaften schätzt, dass es noch gut drei Jahre brauchen wird, um die Wachstumsrate der Reallöhne auf das Vorkrisenniveau von 2013 (6 Prozent) zu bringen.
Besonders niedrige Einkommen könne man ihrzufolge im Bildungs- und Gesundheitswesen vorfinden. In ersterem erhalte ein Fünftel der Beschäftigten eine Bezahlung unter dem Existenzminimum, in zweiterem ein Zehntel. In beiden komme mehr als die Hälfte der Angestellten nicht über die Höhe zweier Niedrigstlöhne hinaus. In so gut wie keinem Wirtschaftssektor habe man eine bedeutende Abnahme der unter Existenzminimum bezahlten Arbeitskräfte feststellen können.