Schwedische Nordea-Bank will Russland verlassen

Wieder will eine ausländische Bank Russland verlassen

Ein Vertreter der größten Industriebetriebe Russlands sagte gegenüber Wedemosti, dass die schwedische Nordea-Bank erwägt, sich vom russischen Markt zurückzuziehen. Auch zwei Banker aus dem M&A-Sektor bestätigten die Gerüchte.

Eine Wedomosti-Quelle sagte, dass seit Anfang 2017 Verhandlungen über den Verkauf der russischen Nordea-Tochter liefen. Es sei aber schwierig, ein solch großes Vermögen unter Berücksichtigung aller Aktionäre zu verkaufen. Seiner Meinung nach erlaube die Gruppe auch den Verkauf des Kreditportfolios anstelle des gesamten Geschäfts. Am 1. August 2017 betrugen die Darlehen der Nordea-Bank schätzungsweise 116,3 Milliarden Rubel (ca. 1,6 Mrd. Euro).

Zu den möglichen Käufern, mit denen die Nordea-Gruppe verhandelt, zählen laut Wedomosti die Kreditinstitute „Loko-Bank“ (russisch: «Локо-банк») und „Sowkombank“ (russisch: «Совкомбанк»). Mit einem Gesamtvermögen von 210,7 Milliarden Rubel (ca. 3,06 Mrd. Euro) belegte Nordea in der 2. Jahreshälfte 2017 in einem CEA-Ranking, das Banken in Russland nach dem Vermögen bewertet, den 39. Platz. Verantwortlich für das Ranking ist das „Interfax Center for Economic Analysis“, das von der gleichnamigen Nachrichtenagentur ins Leben gerufen wurde.

Seit 2006 in Russland aktiv

Nordea ist seit 2006 auf dem russischen Markt aktiv. Damals erwarb die skandinavische Unternehmensgruppe eine Mehrheitsbeteiligung (75,01%) an der russischen Orgresbank (russisch: „Оргрэсбанк“) für 313,7 Millionen US-Dollar. Die Nordea-Gruppe war eine der wenigen Banken, die nach Beginn der Wirtschaftskrise nicht die Absicht bekundet hatte, den russischen Markt zu verlassen.

Im Januar dieses Jahres verkaufte die Nordea-Bank ihr Privatkunden-Portfolio für 16 Milliarden Rubel an die Sowkombank. 97 Prozent der Darlehen waren Hypotheken, der Rest Auto- und Konsumentenkredite. Ab 2015 hat Nordea in Russland damit begonnen, aus dem Handel im Privatkunden-Sektor auszusteigen. Diese Entscheidung traf die Bank unter anderem aufgrund der Währungsabwertung, der Inflation und der steigenden Arbeitslosenquote.

„Für Nordea ist der Verkauf des Privatkunden-Portfolios ein wichtiger Schritt“, sagte damals Michail Poljakow, der seit 2016 als Generaldirektor die russische Nordea-Bank leitet. Laut eines Mitarbeiters, mit dem Wedemosti gesprochen hat, habe die Nordea-Gruppe schon seit drei Jahren die Absicht, ihr Russlandgeschäft zu verkaufen. Bislang sei aber noch kein Käufer gefunden worden.

Loko-Bank will Geschäft durch Zukauf erweitern

Der Vorstandsvorsitzende der Sowkombank, Dmitri Gusjew, leugnete Verhandlungen über einen möglichen Kauf der Nordea-Bank. Ein Vertreter der Loko-Bank dagegen gab bekannt, dass das Unternehmen schon seit zwei Jahren nach einer Möglichkeit suche, sein Geschäft durch einen Zukauf zu erweitern:

„Bei allen Käufen, die in den vergangenen zwei Jahren mit ausländischen Tochtergesellschaften stattgefunden haben, nahmen wir als Bieter teil. Wir können keine konkreten Namen der Banken nennen, aber wir haben ausschließlich ausländische Banken in Betracht gezogen.“

Schwierigkeit für mögliche Käufer

Alexander Danilow, Analyst der Ratingagentur Fitch, erklärte zu den Gerüchten:

„Die Nordea-Bank ist im Besitz qualitativ hochwertiger Vermögenswerte, jedoch wurden eine große Anzahl von Darlehen – etwa die Hälfte des Portfolios – von der Mutterbank garantiert. Dies ermöglicht es der russischen Tochter, Kredite zu vergeben, die 25 Prozent ihres Kapitals übersteigen. Auch wird die überwiegende Finanzierung von der Mutterbank getragen.

Wenn es wirklich einen Verkauf geben sollte, dann bestehen für einen potenziellen russischen Käufer zwei Schwierigkeiten: Zum einen benötigt der Käufer ohne die Garantien der Mutterbank viel mehr Kapital, um das Kreditrisiko der Kreditnehmer nicht zu gefährden, und zum anderen eine Ersatzfinanzierung.”

Auf Fragen von Wedomosti, ob ein Verkauf der Bank geplant sei und ob andere Optionen für den Rückzug aus dem russischen Markt in Betracht gezogen werden, wollte ein Vertreter der Nordea-Gruppe nicht antworten.

Diese ausländischen Banken haben in den letzten Jahren den russischen Markt verlassen:

  • Morgan Stanely (Juli 2017)
  • Santander (Dezember 2010)
  • Barclays; Rabobank (Oktober 2011)
  • WestLB (Juli 2012)
  • Handelsbanken (September 2012)
  • KBC (November 2012)
  • Swedbank (August 2013)
  • GE Money (April 2014)
  • ICICI Bank (Dezember 2014)
  • RBS – The Royal Bank of Scotland (April 2016)
  • Garanti (Oktober 2016)

Quelle des Titelbilds: Arto Alanenpää0661 Nordea Helsinki, Size changed to 1040×585 px., CC BY-SA 4.0