Umweltschutz: Top 10 der schmutzigsten Städte in Russland
Das russische Ministerium für Naturressourcen hat einen Bericht zu den schmutzigsten Städten in Russland veröffentlicht. In den Top 20 leben mehr als 4,1 Millionen Bürger. Zu den Spitzenreitern des Rankings zählen wichtige Industriestandorte. Insgesamt seien die Emissionen 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 1,1 Prozent auf 31,6 Millionen Tonnen angestiegen.
Das Umweltministerium hat eine Liste der am stärksten verschmutzen Gebiete Russlands veröffentlicht. Darüber berichtet die Regierungszeitung Rossijskaja Gaseta. Bis Ende des Jahres der Ökologie in Russland 2017 solle ein Umweltranking der russischen Regionen ausgearbeitet werden, erklärte Minister Sergej Donskoj. Dabei solle auch das Umwelt-Management der Regionen bewertet werden.
Hier nun eine Liste der 10 „schmutzigsten“ Städte in Russland.
1) Norilsk (russisch: Норильск)
Die Industriestadt Norilsk hat 175.365 Einwohner und liegt im sibirischen Bergland, unweit der Küste des Nordpolarmeeres. Der Winter dauert hier von August bis Mai, die durchschnittliche Jahrestemperatur liegt bei -10 Grad Celcius. Die Stadt ist bekannt als nördlichste Großstadt der Welt. Norilsk wurde als moderne Planstadt entworfen, doch heute sind die Plattenbauten in marodem Zustand. Viele Einwohner der Stadt sind beim Konzern Norilsk Nickel angestellt, der Weltmarktführer bei der Herstellung von Nickel und Paladium ist.
Die Nickel-Produktion verursacht eine starke Umweltverschmutzung und hat gesundheitliche Folgen für die Bevölkerung: Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt zehn Jahre unter der anderer Regionen Russlands. Die Krebsrate ist hier doppelt so hoch und Atemwegserkrankungen sind weit verbreitet.
2) Lipezk (russisch: Липецк)
In der Stadt Lipezk, die etwa 375 km südöstlich von Moskau bei Woronesch liegt, leben 508.887 Menschen. Lipezk ist Zentrum eines Eisenerzabbaugebietes mit Stahlwerken, Maschinenbau und chemischer Industrie. Das 1992 privatisierte Stahlwerk „Nowolipezker Metallurgisches Kombinat“ (heute: „OJSC Novolipetsk Steel“) ist einer der größten Arbeitgeber der Region.
Seit 1805 ist Lipezk aber auch eine Kurort mit Mineralheilquellen. Heute ist das Mineralwasser überall in Russland erhältlich.
3) Tscherepowez (russisch: Череповец)
Tscherepowez ist eine Stadt in Nordwestrussland und mit 312.310 Einwohnern die größte Stadt der Oblast Wologda. In der Stadt sind Eisenhütten, Stahlwerke, Werften und Chemiebetriebe ansässig.
Unter anderem betreibt der Stahlerzeuger Severstal in Tscherepowez eines der weltgrößten integrierten Hüttenwerke. Die hohe Rohstahlproduktion führt zu beträchtlichen Staubemissionen. Severstal ist allerdings darum bemüht, diese zu mindern und hat 2012 im Rahmen eines Umweltprogramms in eine neue Sekundärentstaubung von Siemens investiert.
4) Nowokusnezk (russisch: Новокузнецк)
Nowokusnezk ist eine Großstadt in einem Steinkohlerevier in der Oblast Kemerowo am Fluss Tom im Südwesten Sibiriens. Die Stadt zählt 547.904 Einwohner.
Nowokusnezk ist eines der größten Industriezentren Westsibiriens. In der Stadt sind die Metallurgiekombinate „Kusnezk” und „Westsibirien” angesiedelt, die zu den größten russischen Herstellern von Eisenbahnschienen gehören.
Außerdem befindet sich in Nowokusnezk ein Aluminiumwerk, die Nowokusnezker Fabrik für Eisenlegierungen, mehrere Steinkohlebergwerke, Maschinenbaubetriebe, Nahrungsmittelfabriken und zwei Heizkraftwerke. Diese große Anzahl an Industrieobjekten und die damit verbundenen Schadstoffausstoße beeinträchtigen die Umwelt von Nowokusnezk erheblich.
In Nowokusnezk ereigneten sich 2007 zwei Grubenunglücke: Am 19. März 2007 gab es in der Uljanowskaja-Mine eine schwere Methangas-Explosion, bei der 110 Bergarbeiter zu Tode kamen. Am 24. Mai 2007 ereignete sich eine weitere Methangas-Explosion, der 38 Bergarbeiter zum Opfer fielen.
5) Nischni Tagil (russisch: Нижний Тагил)
Nischni Tagil liegt in der Oblast Swerdlowsk am Fluss Tagil im Ural nördlich von Jekaterinburg. Die Stadt hat 361.811 Einwohner.
Nischni Tagil ist bekannt durch Eisengewinnung und -verarbeitung. Weitere Industriezweige sind Maschinenbau, Metallverarbeitung und Chemie. An der Reorganisation des Metallkombinate waren deutsche Unternehmen wie Thyssenkrupp beteiligt. In Nischni Tagil hat auch das Stahlwerk NTMK seinen Hauptsitz. Ein weiteres in der Stadt ansässiges Unternehmen ist der weltgrößte Panzerfahrzeughersteller Uralwagonsawod.
6) Magnitogorsk (russisch: Магнитогорск)
Magnitogorsk bedeutet wörtlich übersetzt „die Stadt am magnetischen Berg“. Die Stadt liegt in der Oblast Tscheljabinsk im Südural zu den Ufern des gleichnamigen Flusses.
Die Stadt ist ein Zentrum der Stahlerzeugung: 1930 wurde hier eines der größten russischen Stahl- und Eisenwerke errichtet, das Stahl für russische Panzer während des zweiten Weltkrieges lieferte. Heute hat die Firma „Magnitogorsk Iron and Steel Works“ ihren Hauptsitz in der Stadt.
Laut der NGO Blacksmith Institute liegen hohe Konzentrationen von Blei, Schwefeldioxid und weiteren Schwermetallen in Luft und Trinkwasser und sorgen für hohe Krebsraten. Die Luftverschmutzung sei derart hoch, dass es in der Stadt schwierig sei, ein Kind lebend zu gebären. Das örtliche Krankenhaus schätzt, dass nur 1 Prozent der Kinder in Magnitogorsk in einem guten gesundheitlichen Zustand seien.
7) Krasnojarsk (russisch: Красноярск)
Krasnojarsk liegt am Fluss Jenissei und an der Strecke der Transsibirischen Eisenbahn. Mit 973.826 Einwohnern ist die Stadt die drittgrößte in Sibirien.
In Krasnojarsk liegt das heute zu RUSAL gehörende zweitgrößte Aluminiumwerk der Welt „Krasnojarski aljuminijewy sawod” (KrAS, russisch: Красноярский алюминиевый завод). Um den Energiebedarf des Aluminiumwerks zu decken, wurde 1967 rund 30 Kilometer westlich von Krasnojarsk ein Wasserkraftwerk am Krasnojarsker Stausee gebaut.
Laut des Umweltaktivisten Roman Pukalow stößt das Aluminiumwerk von Krasnojarsk 290 mal mehr Benzopyren aus als zulässig. Die Belastung durch das besonders gefährliche Fluor, das bei der Aluminiumproduktion anfällt, sei beträchtlich.
Zu den weiteren Industriezweigen in Krasnojarsk gehören Bergbau, Maschinenbau, Chemie und Metallverarbeitung. In der Nähe der Stadt befindet sich einer der größten unterirdischen Industriekomplexe der Welt, das „Bergbau- und Chemiekombinat Schelesnogorsk“, ein ehemals geheimer und bis heute abgeschirmter Betrieb, in dem seit den 1950er-Jahren Material für das russische Kernwaffenprogramm erzeugt wird.
8) Omsk (russisch: Омск)
Omsk ist eine Großstadt in Sibirien und Hauptstadt der gleichnamigen Oblast. Mit 1,1 Millionen Einwohnern ist Omsk die siebtgrößte Stadt Russlands. Sie liegt am Zusammenfluss von Om und Irtysch.
In den 1950er- und 1960er-Jahren entwickelte sich Omsk zu einem großen Zentrum der erdölverarbeitenden und der erdölchemischen Industrie. Der Erdölkonzern Gazprom Neft ist hier ansässig. Neben der Erdölindustrie sind Maschinenbau, Gerätebau, Elektronik, Leicht- und Nahrungsmittelindustrie und holzbearbeitende Industrie vertreten.
9) Tscheljabinsk (russisch: Челябинск)
Tscheljabinsk ist eine Großstadt am Ural, in der 1,1 Millionen Menschen leben. Sie ist Verwaltungssitz der Oblast Tscheljabinsk und neuntgrößte Stadt Russlands.
Die in Tscheljabinsk ansässigen metallurgischen Kombinate gehören zu den größten Russlands und Europas. Zu weiteren Wirtschaftssektoren zählen Metallverarbeitung, Maschinenbau, Nahrungsmittelindustrie und die Herstellung von Baumaterialien. Ein mit der großen Konzentration der Schwerindustrie einhergehendes Problem ist die exorbitante Umweltverschmutzung in Tscheljabinsk. Dazu gehören insbesondere eine hohe Luftverschmutzung und vielfach unkontrollierte riesige Mülldeponien.
In der Umgebung existieren Lagerstätten von Braunkohle, weißem Marmor und Mineralien, aus denen Metalle der Seltenen Erden gewonnen werden.
In der Nähe von Tscheljabinsk befindet sich die geheime Atomtestsperrzone „Tscheljabinsk 70“. Seit 1948 ist hier der Kernwaffenkomplex Majak in Betrieb. 1957 kam es zu einem Atomunfall: ein Stahltank mit hoch radioaktiver Flüssigkeit explodierte. Mit etwa 750 Millionen Gigabecquerel gelangten mehr strahlende Substanzen in die Umwelt als 1986 bei der Katastrophe in Tschernobyl. Etwa 17.500 Einwohner wurden daraufhin umgesiedelt und über 30 Dörfer von der Landkarte gestrichen.
10) Bratsk (russisch: Братск)
Bratsk liegt in der Oblast Irkutsk und hat 246.319 Einwohner. Die Wirtschaft der Stadt ist von Aluminium- und Chemiefrabriken abhängig. RUSAL betreibt hier eine der größten Aluminiumfabriken Russlands.
Laut Blacksmith Institute soll die Aluminiumfabrik ihre Umwelt zu einem so hohen Grad belastet haben, dass eine nahegelegene Stadt 2001 evakuiert werden musste.
1952 wurde bei Bratsk ein großer Stausee angelegt und ein 4.500-MW-Kraftwerk errichtet.