Teil 2: Unachtsame Wahl des Partners für die Suche – Besetzung wichtiger Positionen durch das lokale Management – Wenig attraktive Angebote – Zu langsame Entscheidungen
4. Unachtsame Wahl des Partners
Hat sich ein Unternehmen entschieden, die Suche von Fach- und Führungspersonal an eine Personalagentur oder einen Headhunter zu vergeben, so ist diese Suche nur dann von Erfolg gekrönt, wenn die Auswahl dieses Partners entsprechend sorgfältig betrieben wird. Das Unternehmen und der Personalberater müssen „die gleiche Sprache sprechen“. Der Berater muss in der Lage sein, sich mit der jeweiligen Firmenphilosophie identifizieren zu können.
Es ist zu prüfen, ob der Berater über die nötige Kompetenz im Zielland verfügt (Sprachkenntnisse, Kenntnisse beider Mentalitäten, Präsenz im Zielmarkt). Neben der notwendigen Branchenerfahrung sind Referenzen über bereits in dem betreffenden Markt erfolgreich realisierte Projekte einzuholen.
Ebenso ist von Bedeutung, wer aus dem Personalberatungsunternehmen konkret mit der Durchführung der Suche betraut wird. Wird die Suche an Mitarbeiter nach unten delegiert oder gar nur an einen lokalen Partner vor Ort nach außen und somit an einen Dritten abgegeben? Erhält eine lokale Agentur den Zuschlag, so muss hinterfragt werden, ob und in welchem Ausmaß die mit der Suche betrauten Mitarbeiter auch mit der deutschen Unternehmenskultur vertraut sind.
Vorab sollte auch festgelegt werden, wie die eigentliche Personalsuche abläuft – im Zuge der Direktansprache oder wird über Anzeigen gesucht. Entscheidend sind auch das für die Suche veranschlagte Zeitfenster sowie Garantien für die Besetzung der Position.
5. Besetzung wichtiger Positionen durch das lokale Management
Sind in einer Niederlassung oder Tochtergesellschaft in Osteuropa und Russland wichtige Schlüsselpositionen zu besetzen, so ist – wie die Erfahrung zeigt – davon Abstand zu nehmen, dies in die ausschließliche Verantwortung des lokalen Managements zu legen. Man würde sich der Gefahr aussetzen, dass Seilschaften herangezogen und der Vetternwirtschaft Tür und Tor geöffnet werden.
Über die Personalpolitik konnte sich schon so mancher osteuropäische oder russische Geschäftsführer oder ehemaliger DDR-Bürger in dieser Position zum vermeintlich unersetzbaren Platzhirschen emporschwingen.
Typische russische Direktoren führen gewöhnlich aufgrund der Position, die sie inne haben. Leistung sowie persönliche und fachliche Kompetenz stehen nicht immer im Vordergrund. Fatale Konsequenz ist, dass nicht selten starke Bewerber zugunsten von Kandidaten abgelehnt werden, die der lokale Geschäftsführer für leichter kontrollierbar und formbar hält. Dies liegt in der Angst begründet, eventuell einen „Konkurrenten“ in das Unternehmen zu holen, der aufgrund seines Potentials vielleicht zu einer Herausforderung für die eigene Position werden könnte.
Als die Baubranche in Russland noch mit marktbedingt hohen Zuwachsraten im zweistelligen Bereich aufwarten konnte, fielen solche Mängel kaum ins Gewicht. In wirtschaftlich schwierigeren Situationen aber lässt sich deutlich erkennen, in welchen Unternehmen Management und Vertrieb mit starken Persönlichkeiten besetzt sind und wo man nur mit dem Markt mitgewachsen ist.
6. Wenig attraktive Vertragsangebote
Grundsätzlich gilt: sehr guten Fach- und Führungskräften muss neben einer interessanten Position mit entsprechendem Aufgaben- und Verantwortungsbereich auch ganz klar ein finanziell attraktives Angebot unterbreitet werden. Das Fixgehalt muss der Position angemessen sein, ergänzt um einen interessanten Bonus, gerade in Vertrieb und Management, als zusätzliche Motivation. Jedoch sollte dieser Bonus auch auf realistischen Annahmen basieren, damit er für den Mitarbeiter auch erreichbar ist.
Gerade in größeren Unternehmen ist es Usus, interne Bonusregelungen auf andere Märkte einfach zu übertragen. Dabei wird aber übersehen, dass gerade in Vertriebspositionen in Russland Bonusregelungen in der Höhe von 10 bis 20 % des Jahresgehalts kaum als Herausforderung betrachtet werden. Russische Vertriebsmitarbeiter und Manager bevorzugen Entlohnungssysteme mit der Möglichkeit, das veranschlagte Fixgehalt eventuell noch verdoppeln zu können. In Tschechien hingegen stellt das Verhältnis des Fixgehaltes zum variablen Anteil ein unumgängliches Motivationsinstrument dar, denn hat ein tschechischer Mitarbeiter einmal ein gewisses Gehaltsniveau erreicht, so wird es schwierig, ihn weiter zu motivieren.
Alleine mit einem finanziell guten Angebot ist es aber noch nicht getan. Gerade in Krisenzeiten sind bei Top-Kandidaten auch Kriterien wie das Image des Unternehmens auf dem Markt, die Reputation und die Stabilität des Unternehmens entscheidend. Eine Rolle spielen auch Marktpräsenz, Umsatzentwicklung und Investitionsbereitschaft sowie die allgemeinen Entwicklungsperspektiven der jeweiligen Branche. Und nicht zuletzt werden natürlich auch die eigenen Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten in die Entscheidung über einen Wechsel des Arbeitgebers einbezogen. Aber auch der Ruf des direkten Vorgesetzten vor Ort in der Branche ist von Interesse.
7. Zu langsame Entscheidungen
Gerade in Russland und in Osteuropa spielt die Dauer von Entscheidungsprozessen bei der Besetzung von wichtigen Positionen eine wichtige Rolle.
Es wird nicht berücksichtigt, dass sehr gute Fach- und Führungskräfte in Russland und Osteuropa immer noch Mangelware sind (wenngleich sich die Situation gegenüber den 90er Jahren bereits deutlich gebessert hat). Gewöhnlich bekleiden diese bereits gute Positionen oder ihnen liegen mehrere Angebote vor. Ob die Verhandlungen mit einem Bewerber letztlich von Erfolg gekrönt sind, hängt auch von der Dauer des Entscheidungsprozesses ab.
Man läuft Gefahr, dass Bewerber nicht mehr zur Verfügung stehen, wenn zwischen dem ersten Vorstellungsgespräch und der endgültigen Entscheidung über eine Einstellung mehrere Wochen oder gar Monate.
Zudem sind langsame und umständliche Entscheidungsprozesse schon im Prozess der Stellenbesetzung auch ein Indikator für den Führungsstil und die spätere Kommunikation mit dem Mutterhaus.