Teil 3: Zu schnelle Besetzung von Stellen – Weitere Betreuung der Mitarbeiter vor Ort – Mitarbeiterbindung: Zusagen einhalten, Stabilität vermitteln, Perspektiven bieten
8. Zu schnelle Besetzung von Stellen
In den Jahren eines rasanten Wirtschaftswachstums in Russland und Osteuropa wurde von vielen Unternehmen nicht selten eine geradezu „blinde“ Expansion betrieben. In manchen Fällen konnte von einem „gesunden“ Wachstum keine Rede mehr sein. Die wirtschaftliche Krise offenbarte dann schonungslos die Fehler der Vergangenheit und zeigt, wo zu große und ineffektive Strukturen vorhanden waren und Mitläufer, gerade im Vertrieb, einfach nur mitgezogen wurden.
Unter dem vermeintlich vorhandenen Wachstumsdruck wurden – auch bei wichtigen Positionen in Vertrieb und Management – vielfach Bewerber nach nur einem Vorstellungsgespräch und auf der Grundlage von psychologischen Eignungstests eingestellt.
Aus unserer Erfahrung empfiehlt es sich, jene Kandidaten für wichtige Führungspositionen, die erfolgreich ein erstes Vorstellungsgespräch absolviert haben, nicht nur zu einem zweiten, vertiefenden Gespräch nach Deutschland einzuladen, sondern mit den Bewerbern auch einmal in ein Restaurant zu gehen, um den Betreffenden auch außerhalb von Sitzungsräumen und Büros „beobachten“ zu können. Auf diese Weise gewonnene Eindrücke sind oftmals aussagekräftiger als Eignungstests oder die in Russland und Osteuropa unüblichen Assessmentcenter.
9. Weitere Betreuung der Mitarbeiter vor Ort
Gemeinhin unterschätzt wird die Betreuung der Fach- und Führungskräfte in Osteuropa und Russland durch ihre Vorgesetzten in Deutschland. Nach erfolgter Einstellung und Abschluss der Einarbeitungsphase werden Betreuungsgespräche über die Entwicklung des Bewerbers im Unternehmen– sofern sie überhaupt stattfinden – auf ein Minimum reduziert. Nicht selten beklagen Kandidaten, die erfolgreich vermittelt wurden, dass nach der Einarbeitungsphase kaum noch Kontakt bzw. Informationsaustausch mit den Vorgesetzten aus Deutschland stattfindet.
In der Regel beschränkt sich der Kontakt von deutscher Seite auf den Geschäftsführer und im besten Fall noch auf die Berichte durch einen Controller (soweit vorhanden). Auf diese Weise begibt sich ein Unternehmen in die Abhängigkeit eines lokalen Geschäftsführers und geht das Risiko ein, dass auf eventuelle Missstände oder Fehlentwicklungen in der Niederlassung vor Ort nicht angemessen reagiert wird. Leider sind dies Beispiele aus unserer mehr als 10-jährigen Erfahrung mit westlichen Unternehmen in Osteuropa und Russland.
Eine regelmäßige Kommunikation nicht nur mit dem Geschäftsführer, sondern auch mit den Mitarbeitern auf der zweiten Führungsebene und darunter, vermittelt nicht nur ein besseres und umfassenderes Bild der jeweiligen Niederlassung und des Zielmarktes selbst. Die damit verbundene Anerkennung der Mitarbeiter trägt wesentlich zur Stabilität im Unternehmen bei und erhöht die Möglichkeiten, gegebenenfalls korrigierend einzugreifen.
Eine direkte, offene und regelmäßige Betreuung und Führung durch eine echte Führungspersönlichkeit aus Deutschland ist in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen, in der Realität aber längst nicht überall anzutreffen, wie wir aus unserer Erfahrung leider bestätigen müssen.
10. Mitarbeiterbindung: Zusagen einhalten, Stabilität vermitteln, Perspektiven bieten
Wie bereits erwähnt, sind Stabilität, Image und Reputation gerade in wirtschaftlich schwierigeren Situationen ein wichtiges Kriterium für Bewerber bei der Wahl des Arbeitgebers.
Um einen (neuen) Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden, ist es oftmals ausreichend, in Vorstellungsgesprächen und Vertragsverhandlungen einmal Zugesichertes und Zugesagtes auch einzuhalten. Leider ist dies auch bei Unternehmen aus Deutschland und der Schweiz, insbesondere aber aus Österreich, heute noch nicht überall eine Selbstverständlichkeit, was immer wieder (und leider nicht zu selten) gute Mitarbeiter zu einem Wechsel veranlasst.
Auch die aus der Zentrale vermittelte Stabilität ist hier von Bedeutung. Häufige Wechsel der Vorgesetzten (sowohl vor Ort, als auch in Deutschland) und permanente Änderungen der Strategie eines Unternehmens tragen kaum dazu bei, den Eindruck eines starken Spielers auf dem Markt zu suggerieren.
Nicht selten werden von Bewerbern Vertragsangebote ausgeschlagen, weil bestimmte Punkte wie Verantwortlichkeiten oder Konditionen (Gehalt, Bonusregelung, Wechselkurse, Firmenwagen, etc.) nicht eindeutig geklärt sind. Hier klare Verhältnisse zu schaffen, gelingt bei weitem nicht in jedem Unternehmen, denn dies setzt voraus, dass das Unternehmen auch über klare Ziele und Strategien verfügt und, wie eingangs erwähnt, auch eine klare Vorstellung davon hat, welches Personal gesucht wird.
Für die Personalsuche und die Stellenbesetzung gilt ebenso wie für alle anderen Bereiche auch: wo gearbeitet wird, da werden Fehler gemacht. Viele Fehler aber wären ohne weiteres vermeidbar.