Ein Ex-Wirtschaftsminister und zwei Koffer voll Geld
In Moskau wird dem russischen Ex-Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew der Prozess gemacht. Kritiker wittern hinter den erhobenen Korruptionsvorwürfen eine Fehde des einflussreichen Rosneft-Chefs Igor Setschin.
Die Geschichte von Uljukajews Verhaftung klingt nach der Szene eines Hollywood-Streifens: In der Nacht auf den 15. November 2016 wird der damalige Wirtschaftsminister Russlands in der Moskauer Rosneft-Zentrale verhaftet.
Der heute 61-Jährige soll auf frischer Tat ertappt worden sein, als er gerade zwei Millionen Dollar Erpressungsgeld in Empfang nehmen will. Zwei Koffer beinhalten das Objekt seiner Begierde. Der russische Präsident ist in die Ermittlungen gegen sein Kabinett-Mitglied eingeweiht.
Die Festnahme eines amtierenden Ministers stellt eine Premiere in der jüngeren Geschichte Russlands dar. Nun muss sich Uljukajew vor Gericht gegen die erhobenen Korruptionsvorwürfe behaupten. Die Verhandlung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Moskauer Bezirksgericht statt.
Kampf um Bashneft-Anteile
Der Prozess dreht sich um die Übernahme des Öl-Unternehmens Bashneft. Dessen Hauptanteile lagen beim russischen Mischkonzern Sistema, bis im Herbst 2014 der Leiter des Unternehmens, Wladimir Jewtuschenkow, unter Hausarrest gesetzt wurde.
Den Beschuldigungen zufolge sei die Privatisierung von Bashneft nicht rechtens vonstatten gegangen. Jewtuschenkow gab daraufhin die Anteile an den russischen Staat zurück, woraufhin der Arrest aufgehoben wurde.
Damals wurden Vermutungen geäußert, die Setschin und dessen verstaatlichte Firma Rosneft einer Intrige bezichtigten. So solle der Geschäftsführer die Ermittlungen gegen Jewtuschenkow veranlasst haben, um sich selbst des Bashneft-Konzerns, dem sechstgrößten Ölproduzent Russlands, zu bemächtigen.
Schließlich bekam Rosneft 2016 einen in der russischen Regierung umstrittenen Zuschlag, der die Übernahme von 50,1 Prozent der Bashneft-Anteile ermöglichen sollte. In der Vergangenheit hatte Rosneft auch einmal Teile des Ölkonzerns Yukos an sich gebunden, nachdem dessen Chef Michail Chodorkowskij verhaftet worden war.
Zweifel an Rechtsmäßigkeit des Verfahrens
Uljukajews Festnahme folgte in kurzer Zeit nach Verkündung des Zuschlags. Er solle damit gedroht haben, den Deal durch Verweigerung der eigenen Zustimmung platzen zu lassen und habe Geld gefordert.
An einer der zwei Koffer, die mit einer Markierungsflüssigkeit versehen wurden, habe man Spuren des ehemaligen Ministers gefunden. Unklar scheint jedoch, ob Uljukajew wusste, dass es sich bei dem Inhalt des Koffers um Geldsummen handelte.
Unter Berufung auf anonyme Quellen hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Setschin den Ex-Minister persönlich zum Treffen in der Rosneft-Zentrale geleitet habe. Zudem bezweifelt der Chef von Transparency International, dass eine relativ niedrige Summe von zwei Millionen Dollar ein hohes Tier wie Uljukajew in Versuchung hätte führen können.
Die russischen Staatsmedien indes erkennen in der Verhaftung des ehemaligen Ministers einen großen Erfolg im Kampf gegen die Korruption. Der Prozess gegen Uljukajew wird sich wohl über Monate hinziehen. Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren Haft.