Alexander Neu: „Heiko Maas ist ein unfähiger Außenminister“

Alexander Neu: „Heiko Maas ist ein unfähiger und inkompetenter Außenminister“

Der ehemalige OSZE-Mitarbeiter Alexander Soranto Neu sitzt für die Linkspartei seit 2013 im deutschen Bundestag. Im Ostexperte.de-Interview spricht der Politiker über den neuen Außenminister Heiko Maas (SPD), den Syrien-Konflikt und die deutsche Russlandpolitik.


Herr Neu, beim Raketenangriff auf Syrien haben USA, Großbritannien und Frankreich offenbar nicht viel erreicht. 71 von 103 Raketen wurden von der syrischen Flugabwehr abgeschossen. Was wollten Trump, May und Macron mit diesem Schlag erreichen?

Die USA und ihre beiden Verbündeten haben mit diesem Schlag auf Syrien nur unbedeutende Ziele bombardiert. Eigentlich sollten Standorte der Chemiewaffenproduktion vernichtet werden. Aber ich habe Zweifel, dass dort überhaupt Chemiewaffen produziert wurden.

Wir haben in der letzten Zeit eine enge Zusammenarbeit zwischen Macron und Merkel gesehen. Doch beim Bombenangriff auf Syrien hat sich die deutsche Regierung herausgehalten. Ist das ein Signal an Russland?

Nein, das ist kein Signal nach Russland, überhaupt nicht. Gerade unter dem neuen Außenminister Heiko Maas wird die Situation und das Verhältnis zu Russland noch schlechter und noch schwieriger. Heiko Maas ist leider ein Hardliner. Beim jetzigen Zustand der Bundeswehr könnte Deutschland aber sowieso keinen Beitrag leisten.

Welchen Kurs verfolgt der neue Außenminister?

Sigmar Gabriel hat es verdient, als Außenminister abgelöst zu werden. Er hat die meisten Rüstungsexporte in der Periode zu verantworten. Aber Heiko Maas ist keine Verbesserung in Hinblick auf die Eskalationspolitik gegenüber Russland. Er ist ein Hardliner. Er ist ein unfähiger und inkompetenter Außenminister. Er kennt die Situation einfach nicht. Ich habe den Eindruck, dass er nicht in der Lage ist, Politik zu analysieren. Er nimmt einfach das, was die Amerikaner, Briten und Franzosen ihm sagen. Das übernimmt er kritiklos. Das spricht nicht für ein selbstbewusstes und kompetentes Auftreten.

Ist von der Bundesregierung eine Neuausrichtung in der Außenpolitik zu erwarten?

Deutschland wird weiterhin intensiv das Ziel verfolgen, dass die NATO die primäre Militärallianz bleibt. Mit Blick auf Russland wird sich nichts ändern. Wir haben einen Kalten Krieg 2.0. Insofern sind das verlorene Jahre für die Deeskalationspolitik und für die deutsch-russischen Verhältnisse.

Europäische und vor allem deutsche Politiker sprechen immer häufiger von der Notwendigkeit, eine EU-Armee aufzubauen. Was soll damit erreicht werden?

Es soll eine Parität erreicht werden. Auf der einen Seite ist die NATO das wichtigste Gremium für die militärisch basierten Interessen. Auf der anderen Seite hat die Europäische Union den Anspruch, eine ökonomische und militärische Großmacht zu sein. Die EU möchte ihre Handlungsfreiheit bewahren, um unabhängig agieren zu können. Die EU und die anvisierte Armee sind allerdings keine Verteidigungsunion, sondern ein Instrument, um weltweit mit militärischem Druck andere Völker, andere Gesellschaften und andere Staaten zu erpressen.

Herr Neu, würden Sie sagen, dass Russland sich gegenüber der EU anders verhalten soll?

Russland hat zwischen 2000 und 2007 sehr viele Schritte unternommen, um mit Deutschland und Europa eine Partnerschaft aufzubauen. Das hat auch Präsident Putin 2007 auf der Münchener Sicherheitskonferenz deutlich gemacht und mit dem Georgien-Krieg gezeigt, dass es auch eine rote Linie gibt. Ich glaube, dass Russland sehr viele Angebote unterbreitet hat, aber nicht gehört wurde, was sehr bedauerlich ist. Dennoch ist es notwendig, dass Russland seine Angebote weiter unterbreitet und dies so macht, dass auch die deutsche Öffentlichkeit und die Öffentlichkeit in Europa dies mitbekommt. Die meisten Menschen wissen nicht, dass Russland vielfältige Angebote der Kooperation an Berlin und Brüssel unterbreitet hat. Hier ist die Informationspolitik wichtig, damit wir erkennen, dass es von russischer Seite eine ausgestreckte Hand gibt.

Aufgrund der Entwicklungen in Syrien stellt sich die Frage, ob die Vereinten Nationen überhaupt noch in der Lage sind, komplexe geopolitische Probleme zu lösen.

Ja und nein. Das Problem der Blockade des UN-Sicherheitsrates ist nicht neu. Auch zur Zeit des Kalten Krieges war dies ein Thema. Seitdem erleben wir jedoch eine geopolitische und geoökonomische Verschiebung. Wir sehen, dass wir nicht mehr eine monopolare Weltordnung wie in den 90er-Jahren haben. Wir sehen stattdessen, dass die monopolare Weltordnung in eine multipolare übergeht. Das muss der UN-Sicherheitsrat widerspiegeln können, bisher ist das nicht der Fall. Frankreich und Großbritannien sind keine Weltmächte – und auch keine Großmächte mehr. Das sind Industriestaaten mit gewissem militärischen Potenzial. Deswegen dürfen sie kein Veto-Recht wie Russland, USA oder China besitzen. Man braucht eine UN-Reform, die dazu führt, dass die Macht- und Kraftverhältnisse adäquat widergespiegelt werden.

Vielen Dank für das interessante Interview, Herr Neu.

Dieses Gespräch führte Ostexperte.de-Autor Alexander Sorkin.

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