Krisenfest von Ost nach West

Von China nach Europa: Eurasischer Bahndienstleister erschließt neue Logistiklösungen

Der Schienenverkehr zwischen Asien und Europa nimmt zu, und stellt die Branche vor Herausforderungen im Infrastruktur- und Umweltbereich. Das größte eurasische Bahntransportunternehmen “United Transport and Logistics Company – Eurasian Rail Alliance” (UTLC ERA) spielt dabei eine Schlüsselrolle. Gemeinsam mit europäischen Partnern möchte es Infrastrukturprojekte realisieren und den eurasische Transitverkehr optimieren.

Fortlaufende Störungen und immense Lieferprobleme: die Rede ist nicht vom Schienen-, sondern vom Seeverkehr. Für den Seehandel war das Jahr 2021 geprägt von Rückschlägen. Insbesondere die stark reduzierte Auslastung chinesischer Häfen infolge mehrerer Corona-Ausbrüche setzte dem Logistikzweig zu, hinzu kamen Ereignisse wie die tagelange Sperrung des Suezkanals im März dieses Jahres aufgrund eines festgefahrenen Containerschiffs. Lange georderte Waren kamen so mit oft großer Verspätung bei den europäischen Händlern an.

Die angespannte Lage zu Wasser unterstrich einmal mehr die Bedeutung der Schienentransporte als wichtige Alternative. Das Wachstumspotenzial des Transportsektors ist immens: für 2022 prognostizierte das größte Bahntransportunternehmen Eurasiens eine Zunahme seiner über die Schiene transportierten Güter um 20 Prozent – 2020 nahmen die Warentransporte sogar um 54 Prozent zu. Die “United Transport and Logistics Company – Eurasian Rail Alliance” (UTLC ERA) wurde als Aktiengesellschaft der Staaten Russland, Belarus und Kasachstan gegründet, und nimmt seit einigen Jahren eine Schlüsselrolle ein beim inter- und intraeurasischen Schienenverkehr.

Das Unternehmen transportiert über Russland, Kasachstan und Weißrussland 80 Prozent aller Transitfrachtgüter als Teil regulärer Containerzüge zwischen China und Europa, und umgekehrt. Mitte November lag die Zahl der transportierten Container bei 573.000 Standardcontainern (TEU). Das Ziel für 2021 sind 675.000 TEU, 2020 waren es 547.000 TEU.

Der Wert der 2020 transportierten Waren beläuft sich auf 31,5 Milliarden US-Dollar, was 5,5 Prozent des Handels zwischen Europa und China entspricht. Für 2021 rechnet man bei UTCL mit einem Wert von rund 45 Milliarden Dollar. Die wichtigsten von Ost nach West transportierten Gütern sind Elektroartikel, Maschinenbauerzeugnisse und Autoteile. Dazu gehören zunehmend auch Plasteteile, Holz, Textilien, Optikprodukte und Kautschukwaren.

Dringend gesucht: Neue Umschlagplätze und Terminals

„Wir sind unseren Wachstumsprognosen um zwei Jahre voraus. Wir müssen schnell handeln, zügig neue Durchlaufreserven erschließen und neue Technologien einführen“, erklärte CEO Alexey Grom Ende November im Gespräch mit internationalen Journalisten per Videokonferenz. Natürlich gehe es dabei nicht nur um die von seinem Unternehmen betreuten Zugabschnitte auf der Breitspur 1520 mm, sondern auch um Kapazitäten auf der in Europa üblichen Spurbreite 1435 mm.

In Kasachstan sind deshalb bereits neue Umschlagterminals in Betrieb. Zudem würden, so Grom, neben dem bislang wichtigsten Grenzübergang bei Brest, zwischen Polen und Belarus neue Grenzübergänge getestet, um eine Diversifizierung der Transportwege zu erreichen. Bereits seit 2019 gibt es neue Verbindungen über die Häfen Mukran und Rostock nach Kaliningrad, wovon vor allem auch deutsche Kunden profitieren.

Krisenfestes Transportmittel

Die vergangenen zwei Jahre stellten den Transport- und Logistiksektor auf den Prüfstand, die Corona-Pandemie und internationale Sanktionen bremsten den Handel. Alexei Grom zeigt sich aber optimistisch: “Einer der wichtigsten Wettbewerbsvorteile der Bahn gegenüber anderen Verkehrsträgern ist ihre Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten stabil zu bleiben. Während der Pandemie traten die besten Wettbewerbsmerkmale des Schienenverkehrs besonders deutlich zutage: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Umweltfreundlichkeit und natürlich stabile Tarife”.

Heute überwinden die Züge von UTLC ERA auf der 1520-Millimeter-Spur mehr als 1.000 Kilometer pro Tag und bewältigen die Strecke von der chinesischen bis zur polnischen Grenze in fünfeinhalb Tagen. Grom betont, dass die Breitspur noch mehr Potential hat, wenn die Grenzinfrastruktur kontinuierlich ausgebaut wird.

So arbeite man daran, die Züge energiesparender zu machen, die Abfertigung an den Grenzübergängen zwischen Europa und China sowie die Umladungen auf Grund der verschiedenen Spurbreiten, von 1520 mm in Kasachstan, Russland und Belarus, auf 1435 mm in Europa, zu beschleunigen.

Eine wichtige Rolle spielt die Zusammenarbeit der drei an der AG beteiligten Staaten. Der Regierungsrat der Eurasischen Wirtschaftsunion beschloss im August 2021, den effizienten Containerverkehr zwischen Europa und China durch die Eisenbahngesellschaften Russlands, Kasachstans und Weißrusslands weiter voranzubringen. Dabei wurden auch wichtige Impulse zur Dekarbonisierung des eurasischen Eisenbahnkorridors gegeben. Zudem wurde ein Maßnahmenplan zur Digitalisierung des Schienengüterverkehrs beschlossen.

Titelbild
Kaiser Communication / UTLC ERA