dekoder.org: „In Russland gibt es sehr gute Berichterstattung“

Interview mit Martin Krohs und Tamina Kutscher über Russlandberichterstattung und das Projekt dekoder.org

dekoder.org gilt als eines der besten deutschsprachigen Russland-Medien. Die Online-Plattform mit dem Motto „Russland entschlüsseln“ wurde 2016 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Nun ist das journalistische Projekt in einer Umbruchphase. Das Team um Chefredakteurin Tamina Kutscher hat viel Neues vor und erweitert auch die Finanzierungsmodelle. Derzeit wird das Projekt in großen Teilen über die Konvert-Stiftung finanziert, die dekoder-Gründer Martin Krohs aus seiner Erbschaft aufgebaut hat. Auch Ostexperte.de steht wie viele Medien täglich vor der Geldfrage. Ein guter Zeitpunkt also für ein Gespräch unter Kollegen.

Dieses Interview führten Thorsten Gutmann und Eva Lennartz.

Über dekoder.orgMartin KrohsTamina Kutscher
dekoder hat sich zum Ziel gesetzt, in Russland geführte Debatten für deutschsprachige Leser zu erschließen. Das Augenmerk liegt auf unabhängigen, nicht von der Regierung finanzierten oder kontrollierten Medien. Professionell übersetzt werden unter anderem Beiträge von Wedomosti, Nowaja Gaseta, Kommersant, Republic und Meduza.

Zusätzlich bietet dekoder Hintergrundtexte (Gnosen), um Themen durch Kontextualisierung für nicht-russische Leser verständlich zu machen. Dabei stellt die Plattform einen wissenschaftlichen Anspruch.

hat Philosophie und Volkswirtschaft in Berlin und Fribourg (CH) studiert.

Ende der „wilden Neunziger“ führten ihn Zufall und Neugierde nach Russland, wo er für insgesamt zehn Jahre blieb. In Moskau gründete er mit zwei Partnern eine internationale Buchhandlung, die zugleich Galerie und Kulturzentrum war und unter anderem mit dem Goethe-Institut Moskau eng zusammenarbeitete. Später kuratierte er Kulturprojekte und Ausstellungen und schrieb als Journalist für Publikationen wie NZZ, Zenith und Vokrug Sveta. Er lebt weiterhin parallel in beiden Kulturen und ist mit dem innerrussischen Diskurs ebenso detailliert vertraut wie mit dem europäischen Diskurs über Russland.

Als Philosoph beschäftigt sich Martin Krohs mit dem Themen der Wissenschaftstheorie und macht sie allgemein verständlich. Außerdem entwickelt er das Online-Publishing-Tool Pleks.

begann ihren journalistischen Werdegang mit einem Volontariat am Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses, München, mit Stationen bei MDR Figaro und beim Berliner Kurier. Es folgte ein Slawistik-Studium in Regensburg, Kasan (Russland) und Berlin. Als Mitarbeiterin am Goethe-Institut kuratierte sie unter anderem eine Filmreihe in der Ermitage, St. Petersburg. Zurück in Deutschland war sie fünf Jahre Chefin vom Dienst bei den Teletext-Nachrichten der ProSiebenSat1Media AG und außerdem bei diversen Filmfestivals tätig, unter anderem als Presseleiterin bei goEast, Wiesbaden. Von 2010 bis 2016 war sie Redakteurin und Projektleiterin bei n-ost.

Mit Texten beschäftigt sie sich auch abseits der Redaktionsräume gerne, etwa als Jurorin, unter anderem beim Recherchepreis Osteuropa und beim internationalen Journalistenwettbewerb Belarus in Focus; oder als Gastdozentin an der Humboldt-Universität Berlin und der Universität Potsdam.


Martin Krohs ist Gründer und Ex-Herausgeber von dekoder.org.
Martin Krohs ist Gründer und Ex-Herausgeber von dekoder.org. © Maurizio Bustamante

Martin, du hast dekoder 2015 gegründet und zum preisgekrönten Russland-Medium aufgebaut. Wieso hast du Dich nun dazu entschieden, das Projekt zu verlassen?

Martin Krohs: Dieser Schritt ist schon immer geplant gewesen. Ich habe mich als Initiator gesehen und wollte damals, dass es ein Projekt wie dekoder gibt, da so etwas schmerzhaft im deutschen Mediensektor fehlte. Deshalb habe ich es mit den Möglichkeiten, die ich als Quereinsteiger hatte, auf die Beine gestellt. Ich habe mir damals schon gedacht, dass nach ungefähr zwei Jahren der Zeitpunkt gekommen sein wird, an dem sich dekoder bewiesen haben muss.

Es funktioniert gut und daher ist der Zeitpunkt für den freien Flug gekommen. Ich habe dem Team vorgeschlagen, dass alle Gesellschafter werden sollen: „Nehmt diese Sache richtig in die Hand, auch von der Business-Seite her“.

Tamina Kutscher ist die aktuelle Chefredakteurin von dekoder.org.
Tamina Kutscher ist Chefredakteurin von dekoder.org.

Welches Finanzierungs- und Eigentumsmodell habt ihr als Lösung gefunden?

Tamina Kutscher: Wir überlegen weiter, wie wir dekoder finanzieren können, vor allem langfristig. Dabei geht es uns wie vielen anderen Online-Angeboten auch: Die goldene Lösung haben wir bislang nicht gefunden.

Eine Idee war es jetzt, für unsere Community den dekoder-Klub zu gründen. Das ist für uns ein guter Weg, um noch näher an unsere Leser zu kommen und gleichzeitig zu signalisieren, Qualitätsjournalismus, so wie ihn dekoder macht, ist nicht umsonst. Unterstützt uns dabei.

Wir sind glücklich, weil uns bereits sehr viele Leser unterstützt haben. In den wenigen Tagen, die es den Klub jetzt gibt, ist er sehr schnell gewachsen.

Der Klubpreis ist mit 2 Euro pro Monat relativ niedrig. Werdet ihr weiterhin professionelle Übersetzer bezahlen können?

Tamina Kutscher: Wir wollen eher wachsen, als reduzieren. Der Klub-Beitrag ist ab 2 Euro angesetzt und die meisten Klubmitglieder zahlen sogar netterweise mehr. Es ist auch nicht so, dass der Klub dekoder finanzieren soll. Wir stellen verschiedene Finanzierungsfässer auf, in die es reinregnen kann. Wir sind weiter im Gespräch mit Stiftungen, das ist sehr wichtig. Einzelprojekte bei dekoder sind auch schon von Stiftungen finanziert und gefördert, aber es wird darauf hinauslaufen, mehrere unterschiedliche Finanzmodelle zu haben. Wir freuen uns auch über Mäzene, da sind wir ebenfalls auf der Suche. Das ist nicht leicht, da jemanden zu finden.

Eine russische Besucherin in eurer Redaktion sagte einmal: „Ach, ihr übersetzt ja nur die Texte der Intelligenzija“. Welches sind die Kriterien für die Medienauswahl?

Martin Krohs: Der kleine Unterschied ist, dass diese Besucherin nicht „nur“ gesagt hat, sondern sie fand das positiv. Sie sagte, das sind genau die Medien der Intelligenzija, die ihr übersetzt.

Wie es dazu kommt, hängt auch mit der Gründungsgeschichte zusammen. Ich habe in Russland gelebt und bin auch weiterhin in beiden Welten zu Hause. Auch seitdem ich wieder in Deutschland bin, habe ich sogar mehr russische als deutsche Medien gelesen. Dabei vor allem die unabhängigen Medien, die dekoder jetzt übersetzt.

2014 im Zuge des Ukraine-Kriegs und all den Schwierigkeiten, die in der Presseberichterstattung damit verbunden waren, hatte ich das Gefühl, dass diese Stimmen, die ich jeden Tag lese, und die für mich die russische Geisteswelt ausmachen, hier nur sehr tröpfelnd ankommen.

Es gibt also eine sehr gute Berichterstattung, aber es fehlte diese eigene Stimme. Daher ist dekoder in erster Linie ein Kanal, um diese Stimmen hierher zu bekommen.

Tamina Kutscher: In unseren Debattenschauen bilden wir auch die staatlichen oder staatsnahen Medien ab. Zum Beispiel hatten wir kürzlich eine Debattenschau zu Katalonien, die ich sehr interessant und spannend finde. Was wir aber auch merken, wenn wir sagen, wir machen es zum dekoder-Prinzip, auch die staatlichen oder staatsnahen Medien abzubilden, dann haben wir eine Schwierigkeit bei der Einordnung. Es bräuchte manchmal schon fast eine eigene Recherche, um solche Texte und die Art und Weise, wie sie entstanden sind, warum sie entstanden sind, richtig einordnen zu können. Das ist, was uns davon abhält.

 

Aber dekoder hat es sich zur Aufgabe gesetzt, Russland zu „entschlüsseln“. Daher wäre es nicht verkehrt, auch staatsnahe Medien näher zu betrachten.

Tamina Kutscher: Natürlich, genau das machen wir in der Debattenschau. Wir haben auch ein Mediendossier, das wird weiterhin wachsen und bald werden auch die staatsnahen Medien vorgestellt.

Gerade bei den staatsnahen Medien haben wir gemerkt, wenn man diese einfach neutral in einem kurzen Medienporträt darstellt, ist es für den Leser sehr irreführend: „Ist ja alles schön, hört sich ja alles gut an.“ Aber gerade, wenn es um diese Medien geht, ist es ganz wichtig, diese einzuordnen. Allein um das Medium vorzustellen, braucht es schon einen viel größeren Aufwand. Bei den unabhängigen Medien ist es leichter, die Eigentumsstrukturen zu erklären.

Martin Krohs: Der Beruf des Journalisten ist in Russland ganz anders konnotiert als in Westeuropa. Viele aus dem russischen Publikum glauben tatsächlich, Journalisten sind Leute, die bestellte Messages verteilen müssen. So war es in der Zeit des Sozialismus und dieses Journalismusbild ist ganz unterschiedlich von dem, was jetzt gute unabhängige Medien machen.

Man muss also nicht nur den Inhalt von solchen Staatsmedien vermitteln, sondern auch die Rezeptionserwartung, auf die diese Medien treffen.

Wir kennen alle das vernichtende Urteil der Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit in Russland. Ist die russische Medienlandschaft wirklich so wenig diversifiziert?

Tamina Kutscher: Nein. Ich weiß nicht genau, wie dieser Index zusammengesetzt ist, aber ich glaube nicht, dass bei Reporter ohne Grenzen behauptet wird, es gäbe keine unabhängigen Medien. Die Fragen sind vielmehr: Wie frei können sie arbeiten? Wie viel Druck spüren solche Medien? Da darf man nichts beschönigen. Es wird massiver Druck ausgeübt. Die Mediengesetzgebung in Russland verschärft sich – und das spüren vor allem unabhängige Medien.

Welche Themen werden in Russland derzeit besonders stark diskutiert?

Tamina Kutscher: Was für uns manchmal schwierig ist: Über viele Themen, die hier sehr brennend sind, wird in den unabhängigen Medien kaum berichtet. Ein Beispiel ist Syrien.

Ähnlich war das nach der Bundestagswahl. Wir wollten eine Debattenschau dazu machen. In deutschen Medien wurde eine mögliche russische Wahlmanipulation aufgeregt diskutiert. Wir mussten aber feststellen, dass das in den russischen Medien überhaupt kein großes Thema war.

Das liegt auch daran, dass viele unabhängige Medien kaum oder keine festen Auslandskorrespondenten vor Ort haben, weder hier in Deutschland noch in anderen Ländern, schon gar nicht in Syrien, und dass solche Auslandsthemen oft kaum beleuchtet werden. Das liegt auch daran, dass es an der Finanzierung mangelt.

Welche Beiträge bei dekoder sind besonders erfolgreich?

Tamina Kutscher: Alltagsthemen kommen immer sehr gut bei unseren Lesern an. Das merken wir auf Facebook, aber auch an den Zugriffszahlen. Unsere Gnose über Tscheburaschka ist der Renner. Wir hatten auch mal eine Gnose zur Kommunalka und eine Reportage über Lehrerinnen in Sibirien. All diese Alltagsthemen und die Themen aus den Regionen, die man typischerweise nicht häufig in etablierten oder anderen deutschen Medien liest, kommen wirklich gut bei unseren Lesern an.

Zum Beispiel haben wir auch eine sehr gute Reportage über Juri Dmitrijew veröffentlicht. Ein Fall, der hier in den deutschen Medien kaum beleuchtet wird. Das ist dieser Memorial-Mitarbeiter aus Karelien, dem Kinderpornografie vorgeworfen wird. Auch da haben wir Zuspruch und Lob bekommen: „Endlich ist hier in Deutschland mal was darüber zu lesen“.

Wie sieht es mit Politik- und Wirtschaftsthemen aus?

Tamina Kutscher: Wir bilden viel Politik ab, Themen, die auch hier in Deutschland und in Europa wichtig sind. Diese Themen werden auch in russischen Medien stark diskutiert. Außerdem bilden wir immer wieder Wirtschaftsthemen ab, zum Beispiel haben wir zu den Siemens-Gasturbinen auf der Krim berichtet.

Wir merken aber auch, es wird über so viel berichtet, das hier keiner kennt, sozusagen randständige Themen. Zum Beispiel haben wir neulich einen jungen Hip-Hopper porträtiert, der Millionen Aufrufe auf YouTube hat. Ihn kennt in Deutschland kein Mensch und in Russland ist er ein Star. Für solche Themen, die sonst hinten runterfallen, haben wir Platz und die bilden wir ab.

 

Martin, wieso hast du dekoder damals gegründet? Gab es einen Mangel an guter Russlandberichterstattung?

Martin Krohs: Man muss das wirklich vor dem Jahr 2014 sehen. Seit dem Beginn der Ukrainekrise hat mich die Frage beschäftigt, was man machen kann, um die Russlandkompetenz in eine breitere Öffentlichkeit zu bringen.

Die Berichterstattung in den etablierten Medien war überhaupt nicht schlecht. Es gibt sehr gute Journalisten, die eine hohe Kompetenz mitbringen. Sie war aber durchwachsen und sehr polarisiert, sodass die Leser, die nicht Spezialisten sind, nur darin verloren gehen konnten.

Ich vergleiche das gerne mit den USA. Von dort bekommen wir einen unheimlichen Informationsstrom an politischen Interna. Jeder auf der Straße weiß, dass es Demokraten und Republikaner gibt. Diese Selbstverständlichkeiten, den direkten Informationsstrom aus dem Land aufzubauen, um die Kompetenz stärker in die Öffentlichkeit hineinzubringen, das war der Hauptpunkt für dekoder.

Was ist euer Eindruck von der aktuellen Russlandberichterstattung in Deutschland?

Tamina Kutscher: Soweit ich das beobachte, leisten viele Medien eine hervorragende Arbeit. Man muss aber immer sagen, dass dekoder sich nicht als Ersatz für Medienberichterstattung versteht, sondern als Ergänzung. Was können solche Medien leisten? Der Platz ist begrenzt und das Geld ist begrenzt. In manchen Redaktionen, eher Regionalzeitungen, gibt es wenig Osteuropa- oder Russlandkompetenz. Manchmal wundert man sich über ein „Stoppt Putin jetzt!“. Natürlich kann man sich darüber streiten, wie sinnvoll solche Titelbilder sind. Insofern stehen wir für einen differenzierten, wissenschaftlichen und faktenbasierten Zugang zu Russland.

In politisch rechten und linken Lagern wird die Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt stark kritisiert. Wie seht ihr das?

Tamina Kutscher: 2014 war es schlimm, dass immer sehr viel über die Ukraine gesprochen wurde, aber vor allem die Ukraine selbst in der Berichterstattung viel zu kurz kam. Die deutschen Medien sind auch alle erschrocken, dass sie gar keinen festen Korrespondenten in der Ukraine haben, also keinen in Kiew. Das hat alles der Korrespondent aus Moskau gemacht. Die Ukraine also war der „Blind Spot“.

Insgesamt tat sich in der Gesellschaft eine Polarisierung auf. Es zeigte sich aber auch, wie wenig Russlandwissen vorhanden ist. Die wenigsten Leute in Deutschland sprechen Russisch, die wenigsten waren überhaupt schon mal dort. Jeder hatte aber sofort eine Meinung. Meine These ist, dass diese Einstellung zu Russland bei manchen damit zusammenhängt, wie sie zu den USA stehen. Wenn man die USA mag, dann mag man Russland nicht oder hält es für gefährlich. Wenn man die USA hasst, dann findet man Russland ganz toll, dann ist es die Projektionsfläche für alles, was im Westen schiefläuft. Mit Russland selbst hat beides wenig zu tun.

Martin Krohs: Ja, diese Kritik hängt mit zwei grundsätzlichen weltanschaulichen Lagern zusammen. Das linke und das rechte Lager, die verbinden sich zurzeit auf eine ganz spezifische Weise. Das sehen wir nicht nur in der Russlandthematik, das sehen wir in allen Fragen, die Globalisierung angehen, die Nationalismen angehen, und in vielen andern auch.

Die generelle Kritik an der Berichterstattung der etablierten Medien teile ich nicht. Es ist aber klar, dass Leute, die aus weltanschaulichen Gründen, wenn sie zum Beispiel vom linken Rand des Spektrums kommen und daher dem liberalen Modell westlicher Prägung nicht zugeneigt sind, die eigentlich eher sozialistisch denken, die sich Projektionen machen, Hoffnungen, was für sie die Sowjetunion vielleicht einmal war und was für sie vielleicht jetzt auch Russland verkörpert, den Akzent in der Interpretation der Ereignisse anders setzen, als jemand, der als überzeugter Westeuropäer mit dem enstprechenden politischen Modell dahinter ist.

Man muss es vielleicht von der anderen Seite sehen. Die Ereignisse bieten einen gewaltigen Spielraum, sie auf verschiedene Matrizen, auf verschiedene Verständnismuster zu übertragen. Da gibt es diese linken, rechten Verständnismuster, die zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Das ist keine Frage, die direkt mit der Berichterstattung zu tun hat. Das ist wirklich etwas, was in den Köpfen der Menschen vorgeht, die diese Ereignisse interpretieren.

Kritik gibt es aber auch aus anderen Kreisen.

Tamina Kutscher: Es gibt eine ganz interessante Studie von Fabian Burkhardt, ein junger Wissenschaftler, der auch für uns Gnosen schreibt. Er hat damals verschiedene deutsche TV-Talkshows untersucht und festgestellt, dass für Russland fast nur staatliche oder staatsnahe Vertreter gesprochen haben. Der unabhängige Diskurs, den wir auf dekoder abbilden, der kam absolut zu kurz. Man hört immer nur die offizielle Sicht die der Dinge, aber nicht die Vielstimmigkeit.

Martin Krohs: Nehmen wir zum Beispiel den Fall, wie eine Wahl funktioniert. Wir, die hier sitzen, wissen, wie das russische politische System aufgebaut ist und wie es funktioniert. Wenn ich jetzt aber Freunden etwas über russische Wahlen erzähle, die nie mit Russland Kontakt hatten, dann nehmen diese ihr Konzept von demokratischer Wahl, wie wir es im Westen kennen und stülpen es auf das, was aus Russland gemeldet wird.

Von daher ist eine reine Meldung, die nach Deutschland und Westeuropa hineinkommt, dass eine Partei eine bestimmte Prozentzahl bei einer Wahl in Russland gewonnen hat, erst einmal nicht verständlich. Da muss ein richtiger Hintergrund geschaffen werden. Da gab es auf dekoder im letzten Jahr ein großes Wahldossier, was ein Riesenerfolg war und auch gefördert wurde. Für solche Aufgaben müssen Foren da sein, die  entschlüsseln helfen. So ein Forum sollte dekoder sein und ist es auch geworden.

Vielen Dank für das Gespräch, Tamina und Martin!

Dieses Interview führten Thorsten Gutmann und Eva Lennartz.