Wie ich nach Russland gekommen bin und mein Business gefunden habe

Dass ich mich nach dem Studium im Russlandgeschäft selbständig machen wollte, stand für mich schon seit meinem ersten Russlandaufenthalt fest. Nur was genau mein Geschäft sein würde, das war mir damals noch nicht klar. Ein Jahr ist es jetzt her, dass ich die Firma „RUFIL CONSULTING“ in Moskau gegründet habe. Seitdem berate und unterstütze ich deutsche Unternehmen beim Markteinstieg in Russland.

Es war im Juni 2001, ein paar Monate vor Beginn meines Studiums, als ich ohne ein einziges Wort Russisch, dafür aber mit allen gängigen Vorurteilen im Kopf mein erstes Russlandabenteuer startete. Vom Bahnhof Berlin-Lichtenberg aus ging es per Zug nach Osten. Man hatte mir die Ratschläge mitgegeben, mein Abteil nachts von innen zu verriegeln und ja nicht den Zug an den Haltebahnhöfen zu verlassen. So würde ich dann nach 32 Stunden am Ziel sein. Mein Ziel war eine russische Provinzstadt, deren Namen ich vorher nie gehört hatte. Dort sollte ich an der Universität einen Russisch-Intensivkurs besuchen und bei der Familie eines Professors wohnen.

Wegen Visumsformalitäten kam ich jedoch nur bis zur polnisch-weißrussischen Grenze, wo die Grenzsoldaten mich in den nächsten Bummelzug zurück nach Warschau setzten. Meine Russlandreise wollte ich eigentlich schon aufgeben, doch nach einer Nacht in Warschau kam ich zu dem Entschluss, dass ich mein Abenteuer nicht auf so eine unrühmliche Art beenden könnte und nach einer mehrtägigen Odyssee mit Flugzeug, Auto und Zug erreichte ich mit ein paar Tagen Verspätung die Stadt Tambov. Zwei wichtige Lektionen für das Leben in Russland hatte ich gelernt: erstens gibt es immer mehrere Wege zum Ziel und zweitens gibt man niemals auf.

Die Umstände vor Ort waren für mich sehr gewöhnungsbedürftig. Es war ein regelrechter Kulturschock, über den ich ein ganzes Buch schreiben könnte. Mit der Zeit gewöhnte ich mich jedoch daran und begann die Schwierigkeiten als Herausforderungen zu sehen. Jeder Tag meines Aufenthaltes war höchst interessant und beeindruckend, ich lernte Land und Leute kennen und blieb schließlich drei Monate länger als geplant in Tambov. Freiwillig.

Als ich wieder nach Deutschland zurückkehrte hatte sich mein Russlandbild völlig verändert. Fast nichts von dem, was ich vorher über dieses Land gehört hatte, stimmte mit dem überein, was ich jetzt selbst gesehen und erlebt hatte. Dies und die Tatsache, dass es in diesem Land noch so viel zu tun gab, überzeugte mich davon, dass in Russland meine Zukunft liegt. Ich wollte unbedingt wieder dorthin zurück und mehr über dieses für westliche Augen so fremde Land erfahren.

An der Uni Potsdam begann ich dann das Studium der Volkswirtschaftslehre. Natürlich interessierte ich mich besonders für die russische Wirtschaft und die deutsch-russischen Handelsbeziehungen. Als Wahlpflichtfach belegte ich Wirtschaftsrussisch. Da außer mir lediglich zwei russische Studenten diesen Kurs gebucht hatten, kam ich in den Genuss eines sehr individuellen und effektiven Russischunterrichts, von dem ich noch heute sehr profitiere. Während meiner Studienzeit studierte ich ein Semester in St. Petersburg und absolvierte Praktika in Moskau. Meine Diplomarbeit habe ich während meiner Tätigkeit als Assistent des Chefs der Russlandzentrale der deutschen Logistikfirma Kühne+Nagel in Moskau geschrieben.

Nach einem Jahr bei Kühne+Nagel in Moskau entschied ich mich dann, meine eigene Firma zu gründen. Mein Wissen über Russland und meine Kontakte in Moskau wollte ich nutzen, um deutsche mittelständische Unternehmen beim Markteinstieg und Geschäftsaufbau in Russland zu beraten. Etwa drei Monate brauchte ich, um eine GmbH nach russischem Recht zu gründen und eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Heute beschäftigt die RUFIL CONSULTING vier Buchhalterinnen und einen Qualitätsmanager.

Die Geschäftsaussichten schätze ich weiterhin sehr gut ein. Russland bietet gerade für deutsche Mittelständler große Chancen. Deutsche Produkte genießen einen sehr guten Ruf und der Nachholbedarf dieses riesigen Landes ist weiterhin enorm, in einigen Bereichen steigt er sogar noch. Wo Chancen sind, da sind auch Risiken. Zu diesen Risiken gehören beispielsweise unübersichtliche und komplizierte Buchhaltungs- und Steuerrichtlinien, welche bei Nichteinhaltung auch mal zu kurzfristig eingefrorenen Bankkonten oder Hausbesuchen durch die Steuerpolizei führen können. Außerdem unterscheidet sich die russische Geschäftskultur, sowie die Einstellung zu Arbeit und Qualität sehr von der deutschen. Meine Firma setzt genau dort an und erledigt für deutschen Repräsentanzen und Tochtergesellschaften in Moskau die russischen Buchhaltung und die russische Bürokratie.

Jemand, der sich entschieden hat, sein eigenes Unternehmen aufzubauen, braucht eine starke innere Motivation. Geldverdienen allein reicht meiner Meinung nach als solch eine Motivation nicht aus. Besonders zu Beginn der Unternehmerkarriere muss man sehr viel arbeiten, verdient jedoch weniger, als beispielsweise als Angestellter. Da braucht man ein Ziel oder einen Grund, warum man sich das alles antut. Meine Motivation war und ist es, mit meiner Firma einen Beitrag für die Verbesserung und Festigung der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen zu leisten.

Außerdem fördere ich den Studenten- und Absolventenaustausch zwischen Deutschland und Russland. Seit den letzten zehn Jahren haben sich in Russland sowohl die Lebensbedingungen der Bevölkerung, als auch die Bedingungen für ausländische Investoren enorm verbessert. Die wirtschaftliche Entwicklung geht ununterbrochen voran. Deutsche Studenten und Absolventen mit Russisch- oder Englischkenntnissen sind in Moskau sehr gefragt. Jeder Student, der sich für Russland interessiert kann sich gern an mich wenden.


Autor: Philipp Rowe, RUFIL CONSULTING