Deutsche Behörden: Wahlmanipulation durch Russland eher unwahrscheinlich
Eigentlich waren sich die deutschen Behörden sicher, dass Russland zur Bundestagswahl versuchen würde, die Wähler manipulativ zu beeinflussen. Nun rudert man allmählich zurück. Dies berichtet die Süddeutsche Zeitung.
Noch Ende des letzten Jahres war sich Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), sicher: “Wir erwarten einen weiteren Anstieg von Cyberangriffen im Vorfeld der Bundestagswahl 2017.” Anschließend warnten die deutschen Medien vor möglichen Wahlmanipulationen aus Russland. In der Welt am Sonntag schlägt Maaßen nun jedoch andere Töne an. So sei es unwahrscheinlich, dass entsprechende Eingriffe “in die aktuelle politische Agenda des Kreml passen” würden.
Verunsicherung durch vergangene Hackerangriffe
Vor allem wegen Cyberattacken auf den Bundestag vor zwei Jahren sowie auf die Wahlkampagne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron sind deutsche Behörden in Alarmbereitschaft. Westliche Geheimdienste halten für beide Angriffe dieselbe Hacker-Gruppe verantwortlich und bringen diese in Zusammenhang mit dem russischen Militärnachrichtendienst GRU.
Für die anstehende Bundestagswahl wurde erwogen, dass eine Abwahl der amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel und ein Machtwechsel zu russlandfreundlicheren Kräften im Interesse Moskaus liege. Inzwischen geht Maaßen allerdings davon aus, dass der Kreml die Beziehungen zu Deutschland nicht weiter belasten wolle.
Cyberattacken auf Deutschland nicht im Interesse Russlands
Die Beamten des BND und Verfassungsschutzes wollen außerdem erkennen, dass Russland mit den Folgen seiner vermeintlichen Manipulationsversuche der US-Wahlen nicht zufrieden sein könne. So habe man mit Donald Trump jemanden unterstützt, der sich in seiner Unberechenbarkeit mit Sanktionen und anderen Maßnahmen nun doch gegen den Kreml wende.
Wie die Süddeutsche Zeitung bemerkt, gebe es für die Russland unterstellten Cyberattacken, welche die Grundlage solcher Überlegungen bilden, jedoch nach wie vor keine konkreten Beweise. Lediglich einzelne Fährten führten nach Russland. Ein von Merkel veranlasster Bericht über den möglichen Einfluss des Kremls auf den öffentlichen Diskurs in Deutschland stehe noch unter Verschluss. Allerdings soll auch dieser keine wirklichen Belege enthalten.
Deutsche Parteien entdecken IT-Sicherheit für sich
Trotz der teilweisen Entwarnung durch die Behörden ist man in der deutschen Politik nach wie vor aufmerksam und angespannt. Da der Hackerangriff auf Macron kurz vor dem Wahltermin veröffentlicht wurde, befürchtet man unter den Parteien, dasselbe Schicksal zu erleiden.
Um dem vorzubeugen, nimmt man die Hilfe von IT-Experten in Anspruch, um Computersysteme auf deren Anfälligkeit hin zu prüfen. Insgesamt wollen die Parteien im Wahlkampf vermehrt auf das Internet setzen, um von dessen Einflussmöglichkeiten auch einmal selbst zu profitieren.