Das sagt Deutschlands Wirtschaft über die neuen US-Sanktionen gegen Russland
Energiekonzerne in Deutschland und Europa nehmen die neuen US-Sanktionen als Bedrohung wahr. Wie geht es in Zukunft mit dem Russlandgeschäft weiter?
US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Mittwoch ein umstrittenes Sanktionsgesetz, das Strafmaßnahmen gegen Russland, Nordkorea und den Iran vorsieht. Inzwischen häufen sich in Deutschland kritische Stimmen aus Wirtschaft und Politik – von Wirtschaftsministerin Zypries über die AHK Russland bis hin zum Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft.
Wir haben für Sie aktuelle Meinungen aus Politik und Wirtschaft zusammengefasst.
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Deutsch-Russische Auslandshandelskammer (AHK)
„Die geplanten US-Sanktionen gefährden die deutsche Wirtschaft in Russland: Sie untergraben den Knowhow- und Technologietransfer, verunsichern die Unternehmen, treiben den Protektionismus voran und schaffen neue Konfliktfelder“, geht aus einem Informationsangebot der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) hervor. Die Energiesicherheit und die Energieversorgung Europas liege laut AHK „ausschließlich in der Verantwortung“ der EU.
„Es ist nicht nachvollziehbar, warum die USA erstmals unilateral die Grundlage für neue Sanktionen schaffen“, sagt Rainer Seele, Präsident der AHK Russland. „Die US-Sanktionen gefährden die Energiesicherheit Europas, das auch in Zukunft Gaslieferungen aus Russland brauchen wird, und die deutsche Wirtschaft in Russland“, so der CEO des OMV-Energiekonzerns.
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft
Neue US-Sanktionen gegen Russland könnten den Aufschwung im Ost-Handel bremsen, geht aus einer Presserklärung des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft hervor. „Das Gesetz schwebt nun wie ein Damoklesschwert über europäischen Firmen, die sich im Energiesektor engagieren. Die Verunsicherung ist bereits jetzt mit Händen zu greifen, eines Tages Sanktionen oder zumindest Nachteile auf dem US-Markt zu erleiden“, erklärte Geschäftsführer Michael Harms.
Laut dem Ost-Ausschuss müsse ein Handelskrieg mit den USA „unbedingt vermieden“ werden. Deshalb hoffe man, dass eine „exterritoriale Anwendung“ der US-Sanktionen ausgeschlossen werden könne. Als letztes mögliches Mittel blieben Gegensanktionen aber eine „legitime Option“.
Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK)
Es herrsche „eine große Verunsicherung“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, dem Deutschlandfunk. Ihm zufolge sei das Gesetz „sehr stark innenpolitisch getrieben“. Eine Bedrohung sei der amerikanische Einfluss auf die europäische Energiepolitik: „America first lässt da grüßen.“
In handelspolitischen Fragen hänge viel von der EU ab, betonte Wansleben. „Wenn die EU sich nicht auf eine Position verständigen kann, dann haben wir wirklich ein Problem“, erklärte er in Bezug auf eine mögliche Reaktion der EU. Zuvor kündigte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an, „innerhalb von Tagen adäquat“ auf die amerikanischen Sanktionen zu reagieren.
Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP)
Prof. Dr. Heribert Dieter von der Stiftung Wissenschaft und Politik findet, dass die Verhängung neuer Russland-Sanktionen „keine besonders kluge Politik“ der Amerikaner sei. Man müsse sich die Frage stellen, was mit den Sanktionen erreicht werden soll, sagte er zum Deutschlandfunk. „Amerika möchte darüber entscheiden, wer mit wem Geschäfte macht“, erklärte Dieter.
Der Aussage des russischen Regierungschefs Dmitri Medwedew, dass es bei den US-Sanktionen um einen „Handelskrieg“ der USA gegen Russland gehe, könne er zustimmen: „Die Amerikaner und, wie gesagt, der amerikanische Kongress (…) hat mit überwältigender Mehrheit entschieden, dass Firmen, die mit Russland Geschäfte machen, von Amerikanern sanktioniert werden.“
Sigmar Gabriel und Brigitte Zypries
Der deutsche Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte gegenüber der Rheinischen Post: „Es geht uns um die Überwindung der Ukraine-Krise und den politischen Druck, den Sanktionen in Moskau erzeugen. Das geht nur, wenn wir einig sind und geschlossen agieren. Und gegen eine ‘America First’-Industriepolitik unter dem Vorwand von Sanktionen werden wir uns wehren.“ Kritik äußerte auch die deutsche Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD).