Tagesübersicht Russlandgeschäft: 14.07.2016

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft an diesem Donnerstag, den 14. Juli 2016. Das sind heute unsere Themen:


Heute beginnt der Petersburger Dialog

Der 15. Petersburger Dialog findet heute bis zum 16. Juli erstmals seit 2012 wieder in Russland statt – in der namensgebenden Stadt an der Newa.

In diesem Jahr werden über 250 hochrangige deutsche und russische Teilnehmer aus Kultur, Wissenschaft, Politik, Religion, Wirtschaft und weiteren gesellschaftlichen Bereichen zusammenkommen, darunter viele Vertreter aus dem NGO-Bereich. In diesem Jahr ist das Thema: „Russland und Deutschland im Angesicht globaler Herausforderungen“.

Von deutscher Seite werden unter anderem der Co-Vorsitzende des Petersburger Dialogs, Roland Pofalla, der Russland-Beauftragte der Bundesregierung Gernot Erler, Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz und der deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, erwartet, von russischer Seite Parlamentspräsident Sergej Naryschkin.

Das Diskussionsforum gilt als einer der wichtigsten Gesprächskanäle zwischen Deutschland und Russland und war im Zuge der Ukraine-Krise stark kritisiert worden und wurde 2014 sogar abgesagt. Eine Verbesserung der Beziehungen der Länder steht daher auch im Mittelpunkt.

Der Petersburger Dialog wurde 2001 vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gegründet.

Hier geht es zum Programm. 


IWF verbessert in aktuellem Länderbericht die Aussichten für die russische Wirtschaft

Der Internationale Währungsfonds (IWF oder IMF) hat gestern seinen aktuellen Länderbericht für Russland veröffentlicht. Die russische Wirtschaft wird demnach 2016 noch um 1,2 Prozent zurückgehen. Im kommenden Jahr kann Russland dann wieder mit Wachstum rechnen. Ein BIP-Wachstum um rund einen Prozent erwartet die Organisation.

Bei seinem letzten Bericht im April hatte der IWF noch mit einer schlechteren Entwicklung gerechnet – mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,8 Prozent in diesem und einem Plus von 0,8 Prozent im nächsten Jahr.

Die Maßnahmen der russischen Regierung hätten dabei geholfen, die Auswirkungen der Schocks durch niedrigen Ölpreise und Sanktionen abzufangen. Dazu gehörten etwa die flexible Wechselkurspolitik, Kapitalhilfen für Banken und finanzpolitische Impulse.

Mittelfristig hält der Fonds im rohstoffreichen Russland Wachstumsraten um eineinhalb Prozent für möglich.

Trotzdem sieht der IWF noch einen massiven Reform- und Anpassungsbedarf. Das Land müsse seine Wirtschaft breiter aufstellen und vor allem die Abhängigkeit von Öl- und Energieexporten mittelfristig reduzieren. Die russische Wirtschaft müsse sich an die niedrigen Rohstoffpreise anpassen. Strukturreformen seien essentiell, um den derzeit vorteilhaften Wechselkurs für langfristiges Wachstum zu nutzen.

Zudem müsse mehr für die Verbesserung des Geschäftsklimas getan werden, Eigentumsrechte gestärkt werden sowie mehr in Innovationen und Infrastruktur investiert werden.

Die Direktoren des IWF ermutigten die russischen Behörden weiter, notwendige finanzielle Anpassungen in einem glaubwürdigen mittelfristigen Plan zu verankern. In dieser Hinsicht sähen sie bereits die großen finanzpolitischen Bemühungen für 2016. Eine Anpassung basierend auf qualitativen und permanenten Maßnahmen, die wachstumssteigernde Ausgaben schützen wäre aber zu bevorzugen gewesen, so die Experten des IWF.

Die Wiedereinführung eines Dreijahres-Budgetrahmens für den Haushalt für 2017 sei nötig, um die politische Unsicherheit zu reduzieren und um mehr Klarheit für zukünftige Haushaltsmaßnahmen zu schaffen. Auch eine Pensionsreform sei wichtig, um das Budget bis 2020 auszubalancieren, betonten die Direktoren. Das Rentenalter müsse angehoben werden und mehr Anreize geboten werden, weiter zu arbeiten, so der IWF. Das würde den bestehenden demografischen Druck abschwächen.

Auch empfahlen sie den russischen Behörden, weitere Schritte zu ergreifen, die die Inflation zu senken. Man halte eine Normalisierung der Geldpolitik für angemessen. Das müsse jedoch vorsichtig und schrittweise erfolgen, rieten sie, und verwiesen auf die starke Verbindung von volatilen Ölpreisen, dem Wechselkurs und der Inflation.

Man begrüße gleichzeitig den Erfolg der Behörden bei der Stabilisierung des Finanzsystems und auch das Kapitalhilfe-Programm der Regierung. Weiter betonten die Direktoren die Notwendigkeit, den Finanzsektor zu diversifizieren, indem man das Privatisierungsprogramm fortsetze, mehr schwache Banken schließe und die Einbindung des Privatsektors in die Bankenabwicklung fördere.

„Russland hat nun die Möglichkeit, seine Wirtschaft zu diversifizieren – als Resultat eines vorteilhafteren Wechselkurses“, heißt es im Bericht. Dafür müsse es aber unter anderem Reformen geben, die die Re-Allokation von Ressourcen in den Nicht-Energiesektor vereinfachen.

Weiter geht der IWF davon aus, dass die Haushaltsverschuldung 2016 bei 3,2 Prozent des BIP liegen wird – das sind mehr die 3 Prozent, die Finanzminister Anton Siluanow einplant – und 2017 noch bei 1,5 Prozent.

2016 liege die Inflation bei durchschnittlich 7,5 Prozent, 2017 bei 5,7 Prozent.


Anti-Terror-Gesetz kostet russische Logistiker Milliarden

Russlands neues Anti-Terror-Gesetz könnte russische Logistik-Unternehmen rund 180 Milliarden Rubel (2,8 Milliarden Dollar) kosten, berichtete die russische Wirtschaftszeitung Vedomosti am gestrigen Mittwoch. Die Zeitung berief sich dabei auf den russischen Verband der Langstrecken-Händler.

Das Gesetz sieht nämlich vor, dass Post-Dienstleister am dem 1. Juli 2018 Röntgen-Geräte, Gas- und Metall-Detektoren und weiteres Equipment anbringen müssen, um Sendungen auf Waffen, explosive Stoffe und andere illegale Inhalte untersuchen.

Die russische Post, die einen Marktanteil von 70 Prozent hat, schätzt dem Bericht zufolge, dass der Kauf der Ausrüstung für alle ihre 42.000 Filialen mindestens 500 Milliarden Rubel (7,8 Milliarden Dollar) kosten wird. Dazu kämen noch einmal 100 Milliarden (1,5 Millionen Dollar) für die Wartung.

Der Verbandspräsident Alexander Iwanow schätzt zudem, dass diese Regeln die Kosten für Lieferungen für Online-Stores verdoppeln könnten und zu 30 bis 40 Prozent weniger Online-Bestellungen führe. „Die Konsumenten werden keine Güter kaufen, deren Lieferung so viel kostet wie die Güter selbst.


Lesetipp: Mittelstand am Niederrhein leidet unter Russland-Sanktionen

Unser heutiger Lesetipp stammt aus der nordrhein-westfälischen Zeitung WAZ. Es ist ein Bericht von einem Treffen von NRW-Mittelstand und Politikern zu den Russland-Sanktionen.

Der Mittelstand wehrt sich auch in NRW gegen die Sanktionspolitik, die ihr deutlich schadet.

“Das Embargo hat das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt war“, sagt etwa Clemens Backhaus, Geschäftsführer von A-Tec, einem mittelständischen Anlagentechnik-Unternehmen aus Moers. Die Russen investierten derzeit massiv in den Ausbau ihrer landwirtschaftlichen Produktion und in den Landmaschinenbau, um unabhängiger vom Westen zu werden: „Der Vorteil, den wir bis jetzt hatten, den haben wir verspielt“, sagt der Mittelständler laut dem Bericht von der Veranstaltung beim Landmaschinenhersteller Lemken mit Produktion in Russland.