Tagesübersicht Russlandgeschäft: 06.06.2016

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft am heutigen Montag, den 6. Juni 2016. Wir hoffen, Sie hatten ein erholsames Wochenende. Mit diesen Themen geht es bei uns weiter:


Yandex und Facebook diskutieren Partnerschaft

Der russische Online-Konzern Yandex und der US-Konzern Facebook diskutieren offenbar Möglichkeiten einer Zusammenarbeit. Darüber berichtet die russische Zeitung Vedomosti und bezieht sich dabei auf eine Quelle in der Nähe des russischen Suchmaschinen-Betreibers.

Überlegt werde etwa, die Yandex-Dienste Yandex.Taxi oder Yandex.Market bei Facebook einzubinden, sodass Facebook-Nutzer sie gleich über das Sozialnetzwerk buchen können. Die Einnahmen aus diesen Transaktionen würden dann geteilt. Auch ein freier Zugang für Yandex.Music für Facebook-Nutzer oder Rabatte für Yandex.Taxi sollen im Gespräch sein. Auch ein Datenaustausch zwischen den Unternehmen solle diskutiert werden – bei Werbe-Targeting und bei Nutzerdaten für den Werbeverkauf.

Die Kooperation könnte für Yandex eine Möglichkeit sein, mehr mobile Nutzer zu erreichen. Zu Facebook gehören neben dem gleichnamigen Sozialnetzwerk wohlgemerkt auch die Dienste Whatsapp und Instagram, die im mobilen Bereich sehr stark sind. Wie Ostexperte.de berichtete, verliert Yandex hier in Russland gegenüber dem Konkurrenten Google. Das liegt vor allem an der starken Marktstellung von Googles mobilem Betriebssystem Android – in Russland läuft es laut Yandex auf 86 Prozent der Geräte.

Das Publikum von Facebook in Russland ist 1,6 Mal geringer als das von Yandex: 12,6 Millionen gegenüber 20,4 Millionen Menschen (TNS-Daten für April 2016; Bevölkerung von 12-64 in den Städten mit 700.000 Einwohnern). Daher könnte Facebook die Partnerschaft nutzen, um seinerseits die Reichweite zu erhöhen.

Einer weiteren Quelle der Zeitung zufolge befänden sich die Gespräche aber noch in einem „frühen Stadium“. Die Unternehmen selbst wollen Verhandlungen nicht bestätigen. Von Yandex heißt es lediglich: Man sei für Gespräche mit verschiedenen Unternehmen immer offen.


Russische Post will sich 45 Millionen Dollar leihen, um eine Flugzeug-Flotte zu kaufen

Die russische Post (Potschta Rossii – hier finden Sie 5 Tipps) plant, drei Milliarden Rubel (45 Millionen US-Dollar) an Geldern einzuwerben, um sich eine Flugflotte zu kaufen. Das berichtete die Nachrichtenwebsite Slon.ru am Freitag.

Potenzielle Investoren seien eingeladen, ihre Angebote von bus zu 2,14 Milliarden Rubel bis zum 23. Juni vorzubringen. Die Ergebnisse würden am 28. Juni verkündet, heißt es.

Kommunikationsminister Nikolaj Nikoforow sagte, dass die Post-Flugzeuge bis zum Sommer im Einsatz seien würden.

Die russische Post kaufe ihr erstes Flugzeug bereits 2012, um Post in entlegene Gebiete der Region Chabarowsk bringen zu können. Spätere Pläne, die Flotte bis 2015 auf zwischen 7 und 10 Flugzeuge und 5 bis 8 Helikopter zu erweitern, scheiterten.


Schaden durch Cyberkriminalität in Russland 2015: mehr als 200 Milliarden Rubel; VKontakte gehackt?

Der Schaden durch digitale Kriminalität in Russland hat 2015 mehr als 200 Milliarden Rubel (rund drei Milliarden US-Dollar) oder 0,25 Prozent des russischen BIPs betragen. Das geht aus einer Untersuchung der Forschungsgruppe Group-IB, dem Internet Initiatives Development Fund und Microsoft hervor, der am vergangenen Mittwoch (1. Juni) präsentiert wurde.

Demnach seien 92 Prozent der russischen Unternehmen 2015 von Cyber-Attacken betroffen gewesen. Nur 50 Prozent hätten Schaden von ihren Unternehmen abwenden können.

Premierminister Dmitrij Medwedew nahm dazu am Freitag bei einem Treffen zu Cyberkriminalität im Bankensektor Stellung: Die Zahl solcher Verbrechen in Russland steige. Alleine sei es fast unmöglich, diese Verbrechen zu bekämpfen, weil es zu teuer sei. Daher seien gemeinsame und internationale Anstrengungen erforderlich, zitierte TASS Medwedew.

Der Chef der VTB-Bank, Andrej Kostin, sagte bei dem Treffen, dass der VTB-Gruppe allein in diesem Jahr bereits 35 Millionen Rubel von Hackern gestohlen worden sein. Er schlug zwei Maßnahmen vor: erstens müsse ein zentrales System geschaffen werden, mit dem Polizei, Bankensystem und Behörden zusammenarbeiten könnten, um Internetkriminalität zu bekämpfen, zweitens forderte er eine Verbesserung der russischen Gesetzgebung. Diese bleibe weit hinter den aktuellen Anforderungen zurück. Es gebe noch kein klares Verständnis in der Gesellschaft, wie gefährlich diese Art der Kriminalität sei, klagte er laut Interfax.

Dazu passt auch der Bericht, dass die Datenbank des populärsten Sozialnetzwerks Russlands, VKontakte, gehackt worden sei. Medienberichten zufolge seien mehr als 100 Millionen Nutzer-Konten davon betroffen. Das US-Online-Magazin „Motherboard“ berichtete am Sonntag, dass die Accounts im digitalen Untergrund gehandelt würden: Ein Hacker namens „Peace“ habe die Daten mit Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Passwörtern für einen Bitcoin, eine Digitalwährung, die momentan rund 570 Dollar wert ist, zum Verkauf angeboten.

Der Pressedienst VKs widersprach: Das sei eine alte Datenbank mit Logins und Passwörtern, die zwischen 2011 und 2012 gestohlen wurde. Später seien alle Nutzer dazu gezwungen worden, ihre Passwörter zu ändern, um Zugang zu ihren Seiten zu erhalten. Wirklich beruhigend ist das jedoch auch nicht.


Gewinn von Lukoil um das 2,4-fache zurückgegangen

Der Nettogewinn des russischen Ölkonzerns Lukoil ist für das erste Quartal 2016 nach IFRS auf 42,8 Milliarden Rubel zurückgegangen, berichtet Interfax. Im Vorjahreszeitraum betrug er noch 104 Milliarden Rubel.

Der Gewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen auf Sachanlagen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände (EBITDA) für das Quartal belief sich auf 145,5 Milliarden Rubel. Das ist 32,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.

Der Umsatz des Unternehmens von Januar bis März belief sich auf 1,177 Billion Rubel – ein Rückgang um 18,2 Prozent.


Lesetipp: Wirtschaftsentwicklungsminister Uljukajew im Interview mit der FAZ

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat heute ein Interview mit dem russischen Minister für Wirtschaftsentwicklung, Alexej Uljukajew veröffentlicht. Es ist offenbar im Rahmen des Deutschland-Besuchs des Ministers vergangene Woche entstanden. Wesentliche Aussage: Die Sanktionen haben keine großen makroökonomischen Folgen mehr. Man sei dennoch nicht glücklich damit.

Uljukajew begrüßt in dem Interview die zunehmenden Forderungen in Deutschland, die Sanktionen zurückzufahren. Zu einer Aufhebung der Gegensanktionen sagte er: „Wenn es auf der einen Seite guten Willen gibt, dann wird es den auch auf der anderen Seite geben.”

Im Interview zeigt sich Uljukajew darüber hinaus optimistisch über die russische Wirtschaft: Der Tiefpunkt sei Mitte 2015 überwunden worden. Die Nulllinie werde im August 2016 erreicht. Dann kehre man zu Wachstum auf monatlicher Basis zurück. Es sei eine „sehr langsame, aber positive Dynamik“. Auf das gesamte Jahr umgerechnet werde man wohl einen leichten Rückgang um 0,2 Prozent sehen – vielleicht lande man sogar knapp oberhalb der Null.

Insbesondere am Anfang hätten die Finanzmarkt-Einschränkungen durch die Sanktionen große Auswirkungen gehabt. “Das tat den Unternehmen weh, vor allem in den Jahren 2014 und Anfang 2015. Denn sie hatten, anders als der russische Staat, hohe Auslandsschulden. Die mussten bedient werden, ohne dass die Unternehmen sich am Kapitalmarkt refinanzieren konnten. Das Ergebnis war ein großer Kapitalabfluss von mehr als 150 Milliarden Dollar 2014 und nochmals 57 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr.”

Als Konsequenz habe das die Zahlungsbilanz beeinflusst mit einer ganze Reihe von Schwierigkeiten: Abwertung des Rubels, Inflation, Budgetproblemen. Jetzt sei die Lage besser, auch wegen des steigenden Ölpreises. Die Inflation sei deutlich gesunken.

Uljukajew bestritt erstaunlicherweise, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Gegensanktionen und Importsubstitution gebe: “Die Substitution hat wenig mit den Gegensanktionen zu tun. Sie ist vor allem eine Folge der weltwirtschaftlichen Lage und der Rubel-Abwertung. Dadurch wurde die Einfuhr viel teurer, die Nachfrage verschob sich zu heimischen Gütern.” Man helfe nun den russischen Unternehmen die Produktion anzukurbeln. Am Anfang sei eine Folge gewesen, dass die Lebensmittelpreise stark anzogen. Das sei inzwischen Geschichte.

Es sei zudem nicht schwer, guten Käse in russischen Geschäften zu kaufen, wie oft geschrieben werde. Spezialitäten wie Parmesan zu finden, sei jedoch kompliziert, räumte er ein.

Sein Werben um deutsche Investoren begründete er damit, dass die Unternehmen in Russland derzeit wirklich preiswert sein. “Unsere Arbeitskosten sind niedriger als in China, die Aktienpreise sind gesunken, alles ist billig.” Wenn man zu Niedrigpreisen kaufe, bedeute das, dass man große Gewinne machen könne. “Jeder investierte Euro wird sich in wenigen Jahren vervielfachen”, stellte er in Aussicht. Russland profitiere davon, weil Technologie transferiert werde und die Belegschaften qualifiziert würden. “Aber wir tun etwas dazu: Wir haben in vielen Bereichen der Energie- und Transportinfrastruktur Kosten gedeckelt. Wir gehen gegen Bürokratie vor und bekämpfen die Korruption“, behaupte Uljukajew.

Insbesondere im Bereich der Infrastrukutur seien deutsche Unternehmen eingeladen zu investieren.