Tagesübersicht Russlandgeschäft: 12.02.2016

Deutscher Botschafter in Moskau zu deutschen Investitionen, Handelsblatt mit Medwedew-Interview, The Moscow Times mit Fokus auf Online und AEB-Kooperation

Willkommen zur Tagesübersicht Russlandgeschäft am Freitag, den 12. Februar 2016. Das sind heute unsere Themen für Sie. Wir wünschen Ihnen ein angenehmes Wochenende!


Interview mit dem deutschen Botschafter in Russland

Der deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger Freiherr von Fritsch hat der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti ein ausführliches Interview (auf Russisch) gegeben. Darin ging es unter anderem um die Möglichkeit einer Rückkehr Russlands in die G8, den Petersburger Dialog in diesem Jahr, die Münchner Sicherheitskonferenz, eine mögliche Aufhebung der Sanktionen und die Flüchtlingskrise. Wir schrieben ja: ausführlich.

Und von Fritsch sprach über die Position deutscher Unternehmen in Russland. Diese seien am großen Potenzial des russischen Marktes interessiert.

Dem Botschafter wurde dabei etwa die Frage gestellt, ob es eine Sorge in der deutschen Wirtschaft gebe, dass, wenn die Sanktionen aufgehoben würden, die alten Nischen auf dem russischen Markt schon belegt sein könnten.

Darauf antwortete er, dass auch die russische Regierung betone, dass die Sanktionen nur einen geringen Teil der derzeitigen wirtschaftlichen Herausforderungen in Russland ausmachen. Russlands Handel mit China und Korea sei in einem ähnlichen Maß eingebrochen wie der mit Deutschland. Es gebe also keine Verschiebung „zugunsten“ von jemandem. Betrachte man die deutschen Direktinvestitionen nach Russland, so lägen diese weit über denen Chinas.

Er erinnerte daran, dass in Russland 5500 Unternehmen mit deutschem Kapital tätig seien. “Im vergangenen Jahr hat eine ganze Reihe von Konzernen aus Deutschland mit bekannten Namen ihre Fabriken in Russland eröffnet: Volkswagen, Claas, Gildemeister, Bosch. All diese Unternehmen haben in Russland eine Produktion eröffnet. Das heißt, sie folgen dem Prinzip der Lokalisierung. ”

Auch zu Russlands Fernbleiben bei der diesjährigen Grünen Woche in Berlin (Ostexperte.de berichtete) äußerte sich der Botschafter: Es sei kein Antrag für die Ausstellung eines Visums für den russischen Landwirtschaftsminister gestellt worden, daher könne man nicht davon reden, dass das Visum „verweigert“ worden sei.

Russland hatte seine Teilnahme an der Landwirtschaftsmesse Mitte Januar unter Verweis auf ein Einreiseverbot für Landwirtschaftsminister Tkatschow abgesagt.


Münchner Sicherheitskonferenz hat begonnen

Heute hat die Münchner Sicherheitskonferenz begonnen. Sie dauert nun bis zum 14. Februar. An der Spitze der russischen Delegation ist Russlands Ministerpräsident Dmitrij Medwedew nach Bayern gereist. Auch Außenminister Sergej Lawrow wird an der nicht-öffentlichen Konferenz teilnehmen.


Medwedew gibt Handelsblatt ein Interview

Und noch ein weiteres Interview. Im Vorfeld der Münchner Sicherheitskonferenz hat Russlands Premier Dmitrij Medwedew dem Handelsblatt ein sehr langes Interview gegeben (kostenpflichtig Handelsblatt; auf Blendle). Auf der Website der russischen Regierung findet sich ein Transkript auf Englisch.

In dem Interview geht es nicht nur, aber vor allem um die russische Wirtschaft (Mittelteil). Angesprochen wird etwa Russlands Abhängigkeit von Öl- und Gasexporten: “Ich werde oft gefragt – Sie und Wladimir Putin sind doch schon so lange an der Macht, warum ändert sich nicht die Wirtschaftsstruktur? Doch man kann sie innerhalb von 15 Jahren nicht ändern. Sie wurde im Laufe von 50 bis 60 Jahren geschaffen. So geht das nicht, zumal in einer Periode, in der wir de facto zwei Krisen erleben. Doch diese Struktur ändert sich.”

Auch der Anti-Krisenplan ist ein Thema: “Wir müssen beim Erhalt der Kredite helfen, damit die laufenden Projekte nicht gestoppt werden und die Menschen nicht auf der Straße landen.”

Genau wie eine Abschottung Russlands: “Doch es waren nicht wir, die sich abschotteten. […] Wir sind doch nicht die Demokratische Volksrepublik Korea. Aber warum sollten wir polnische Äpfel kaufen?”. Man hätte in Russland dieselben Gärten. In diesem Sinne sei Importersatz gerechtfertigt.

Zur Zuwendung nach Osten Richtung China sagte Medwedew: “Es gibt wohl kein Land, das gerade keine Probleme hat. China hat Wirtschaftsprobleme, die Europäische Union hat welche und auch wir. Die Frage ist nicht, wohin wir uns wenden.”

Sein Statement zu den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen: “Diese Beziehungen sind krank, können allerdings behandelt werden. Die Behandlung ist in der Tat sehr einfach – Wiederherstellung des Dialogs und des Vertrauens. Das Business vertraut einander.” Die Zahl der Gemeinschaftsunternehmen sei fast nicht gesunken – der Handelsumsatz sei zurückgegangen, doch die Zahl der Gemeinschaftsunternehmen nicht.

“Das Business will arbeiten – sowohl das russische als auch das deutsche.


Umfrage: Mehrheit der Russen denkt, dass die Inflation zu hoch ist

Die Mehrheit der russischen Bürger denkt, dass die derzeitige Inflation sehr hoch ist und versucht, große und teure Ausgaben zu vermeiden, während die Preise so hoch sind. Das ergab eine Umfrage des staatlichen russischen Meinungsforschungsinstitut WZIOM, wie Interfax am gestrigen Donnerstag berichtete.

Die Anzahl der Menschen in Russland, die sich wegen der steigenden Preise sorgen ist seit Dezember um fünf Prozent gestiegen und liegt nun laut Umfrage bei 70 Prozent der Bevölkerung. 23 Prozent nannten die Inflationsrate „moderat“, vier Prozent „nicht signifikant“.

64 Prozent, also etwa zwei von drei Bürgern, gaben an, größere und teurere Käufe zu verschieben, während die Preise so hoch seien. 85 Prozent sagten zudem, dass nun eine schlechte Zeit sei, Bankdarlehen aufzunehmen.

Die Umfrage wurde am 30. und 31. Januar unter 1.600 Personen in 130 russischen Städten durchgeführt.


The Moscow Times: Fokus mehr auf Website als auf die Zeitung, Relaunch im April

Die englischsprachige Moskauer Zeitung „The Moscow Times“ (MT) hat heute bei einem Treffen mit der AEB bekanntgegeben, sich mehr auf die Website und den Online-Bereich konzentrieren zu wollen, als auf die Print-Ausgabe. Einen Relaunch der Website soll es im April geben.

Seit November 2015 erscheint die englischsprachige Zeitung nicht mehr täglich, sondern wöchentlich donnerstags.

Auf dem Treffen von Michail Fishman, dem neuen Chefredakteur der Moscow Times, mit dem europäischen Unternehmerverband in Russland, AEB, wurde auch eine Kooperation für den Meinungsteil besprochen. Dort sollen künftig AEB-Mitglieder verstärkt Kolumnen und Beiträge schreiben, gab der AEB auf seiner Facebook-Seite bekannt.


GTAI: Landmaschinenhersteller bauen Produktion in Russland aus

Drei deutsche Firmen starten 2016 neue Projekte in Russland im Bereich Landmaschinenbau, berichtet heute Germany Trade and Invest (GTAI) in einem ausführlichen Beitrag.

Die Entwicklung der russischen Landwirtschaft ist durch das russische Embargo für Lebensmittel-Importe gefragt. Dabei kommen auch die in- und ausländischen Landmaschinenhersteller zum Zug. Im vergangenen Jahr hatte bereits das Unternehmen Claas in Krasnodar eine neue Fabrik im südrussischen Krasnodar eröffnet.

Die drei Firmen, die dieses Jahr neue Projekte in Russland beginnen, sind:

  • Horsch Maschinen GmbH
  • ROPA Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH
  • AMAZONEN-Werke H. Dreyer GmbH & Co. KG

Die deutsche Horsch Maschinen GmbH will ihre Produktion im Gebiet Lipezk für 500 Millionen Rubel erweitern. Im April 2016 beginnt der Bau einer neuen Werkshalle in der Sonderwirtschaftszone “Tschaplyginskaja” im Gebiet Lipezk. Horsch stellt Scheibeneggen, Grubber und Sämaschinen für den Ackerbau her.

Die ROPA Fahrzeug- und Maschinenbau GmbH plant, ihre Fertigung von Landmaschinen im Gebiet Lipezk bis 2017 auszubauen. ROPA produziert Technik für die Zuckerrübenernte.

Amazone investiert 2016 rund 200 Millionen Rubel in eine neue Werkshalle für ihre russische Tochterfirma Evrotechnika im Gebiet Samara. Im Januar wurde der Grundstein gelegt.

Angelockt werden die Unternehmen wohl auch davon, dass die russische Regierung die einheimischen Hersteller von Landtechnik mit einem Absatzförderprogramm (Regierungsverordnung Nr. 1432) unterstützt. Claas hatte diesen Status nach einigem Hin und Her im vergangenen Jahr erhalten. Hersteller, die einen Vertrag mit dem Landwirtschaftsministerium unterzeichnen, können den Käufern ihrer Landtechnik dann einen 25-prozentigen Rabatt anbieten. Den Differenzbetrag erhalten sie vom Ministerium erstattet.

“Mit dieser Unterstützung können die russischen Bauern mehr als 20.000 Einheiten Landtechnik kaufen”, erläutert Landwirtschaftsminister Alexander Tkatschov.