Russland kündigt familienfreundliche Reformen an

Russland: Wladimir Putin schlägt Programm zur Geburtenförderung vor

Die russische Regierung will ein Programm zur Förderung der Geburtenrate starten. Unter anderem sollen künftig einkommensschwache Familien mit erstgeborenen Kindern unterstützt werden. Doch Kritiker wittern eine Besänftigungsstrategie Putins. Dies berichtet die Tageszeitung Wedomosti.

Vor den anstehenden Wahlen im nächsten Jahr hat Präsident Wladimir Putin ein neues Reformprogramm angekündigt, mit dem russische Familien unterstützt werden sollen. Das Paket sieht vor, ab Januar 2018 einkommensschwache Familien bei der Geburt ihres ersten Kindes zusätzlich finanziell zu unterstützen. Der durchschnittliche Betrag wird monatlich 10.500 Rubel betragen und bis zum Kindesalter von eineinhalb Jahren ausgezahlt werden.

Reformen sollen die demographische Situation verbessern

„Ich denke es ist fair, zuallererst jene zu unterstützen, die es wirklich brauchen“, erklärte Putin am Dienstag. Mit der Maßnahme beabsichtige er, die sinkende Geburtenrate im Land wieder anzuheben. Die demographische Situation habe sich wegen einschneidenden Rezessionen zur Nachkriegszeit und in den frühen 90er-Jahren entscheidend verschärft.

Neben der Förderung für Erstgeborene will der Staat bei einem zweiten oder dritten Kind über 6% der beim Kauf einer Immobilie anfallenden Hypothekenzinsen übernehmen. Dieses soll laut den Angaben des Bauministeriums in den nächsten fünf Jahren mehr als 500.000 Familien erreichen. Außerdem plane man, das staatliche Mutterschaftsprogramm bis Ende 2021 zu verlängern. Hier sollen mittellose Familien monatliche Mutterschaftszahlungen erhalten.

Nur 14,4% der Bevölkerung von Begünstigungen betroffen

All diese Sozialmaßnahmen werden voraussichtlich über 200 Milliarden Rubel kosten. Die geplanten Ausgaben wurden bereits im Haushaltsentwurf für die Jahre 2018 bis 2020 berücksichtigt. Die bisherige Unterstützung von Drittkindern in Regionen mit einer besonders unausgewogenen Demographie soll jedoch bestehen bleiben. Für das nächste Jahr könnte die Liste der betroffenen Regionen sogar auf 60 erhöht werden.

Tatjana Malewa, die Direktorin des Instituts für Sozialanalyse und Prognose an der russischen Akademie der Wissenschaften, relativiert gegenüber Wedomosti jedoch das Ausmaß der vermeintlichen Wohltaten. So sei die Messlatte für den Erhalt der sozialen Leistungen zu tief gelegt und betreffe gerade einmal 14,4% der gesamten Bevölkerung.

Politikwissenschaftler vermutet Besänftigungsmanöver Putins

Zudem erkennt der russische Politikwissenschaftler Grigori Golosow in den angekündigten Reformen eine taktische Überlegung Putins für die kommende Wahl. Die Maßnahmen dienten hauptsächlich dazu, im Vorfeld Unmut vorzubeugen. Es solle nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Staat sich nicht um seine Bevölkerung kümmere.

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Bildquelle: Kremlin.ru (CC BY 4.0)