Wie man in Russland einen Bauernhof gründet – auch als Ausländer
Seitdem das Lebensmittelembargo gilt, wächst in Russland die Zahl der Bauernhöfe. Damit dies auch weiterhin der Fall ist, unterstützt die Regierung Landwirte mit Subventionen – selbst wenn diese aus dem Ausland kommen. RBTH erklärt, wie auch Sie zum russischen Bauern werden können.
Von Kira Kalinina, RBTH
Nachdem Moskau 2014 ein Lebensmittelembargo gegen Europa verhängt hat, ist in Russland ein Anstieg der Zahl neuer Bauernhöfe zu beobachten, die auf die Produktion von Biolebensmitteln ausgerichtet sind. Diese sind in den Metropolen des Landes sehr gefragt. Profitieren können die Bauern dabei nicht nur von der fehlenden Konkurrenz aus Europa sondern auch von Gesetzen, die viele Subventionen für Landwirte vorsehen – selbst wenn sie keine russische Staatsbürgerschaft haben.
Was sind die größten Vorteile für einen Landwirt in Russland?
Russland zieht ausländische Bauern vor allem durch günstiges Agrarland an. Der US-Amerikaner Justice Walker, der vor über zehn Jahren nach Russland zog, unterhält heute mit seiner Familie einen Hof in der Altai-Region, wo er Ziegen züchtet und Käse herstellt. „Die wichtigste Infrastruktur für einen Landwirt ist der Boden. Selbst nach südamerikanischen Maßstäben, vom Weltmaßstab ganz zu schweigen, ist der Boden in Russland spottbillig“, sagt der Bauer.
„Der Boden in Russland ist sehr fruchtbar. Man kann hier alles anbauen, wenn nur der Wille dazu da ist. Selbst der Winter ist kein Hindernis, man kann ja Gewächshauswirtschaft betreiben“, sagt Sim Oira, ein russischer Landwirt koreanischer Abstammung. Er baut in Baschkirien Honig- und Wassermelonen an.
Die fehlende Konkurrenz ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. „Unsere Generation der Landwirte sind Pioniere neuer Anbaumethoden, weshalb der Markt praktisch nicht besetzt ist. Das gibt einen bestimmten Wettbewerbsvorteil“, sagt Olga Karogodina, Mitbegründerin der Gewächshausanlage SuperfoodFarm nahe Moskau.
Welche Subventionen erhalten Landwirte in Russland?
„Landwirte dürfen im Jahr 2017 Subventionen beantragen“, sagt David Kapianidse, Chef der Steuerkanzlei BMS Law Firm, gegenüber RBTH. „Außerdem läuft gerade ein spezielles Förderungsprogramm für Jungunternehmer in der Landwirtschaft. Es werden Beihilfen vergeben, um ein Unternehmen im Agrarsektor zu gründen“, erklärt der Spezialist.
Zudem gälten für Landwirte eine Reihe von Subventionen für kleine und mittelständische Unternehmen, wie Kapianidse ausführt. „Kleinere Unternehmer haben eine vereinfachte Buchhaltung und werden bevorzugt, wenn sie staatliche Immobilien kaufen, die sie bislang gepachtet haben.“
Auch ein dritter Weg der Förderung existiert: Erstgründer können in Russland für bis zu zwei Jahre mit einer Stundung aller Steuerabgaben rechnen. „Dann wird keine Mehrwertsteuer auf den Samen von Zuchtschweinen, Rindern, Schafen, Ziegenböcken und Hengsten, sowie auf die Embryos dieser Tiere erhoben“, erklärt der Experte.
Wer erhält diese Subventionen?
Die Gelder und Förderprogramme werden Firmen bereitgestellt, wenn ausländische Investoren nicht mehr als 49 Prozent des Gründungskapitals ausmachen. Derzeit wird geprüft, diesen Anteil zu erhöhen. Ausländische Bürger sollten sich dennoch auf die Suche nach einem Partner mit russischem Pass begeben.
David Lawrence hat es vorgemacht: 2014 gründete er mit seiner russischen Partnerin Olga Korogodina SuperfoodFarm, eine Gewächshauswirtschaft in der Oblast Moskau. „Wir haben uns nicht als Bauernhof angemeldet, weil dafür strenge Anforderungen erfüllt sein müssen. Wir haben eine GmbH gegründet und einen Gesellschaftervertrag geschlossen“, erzählt Olga. Derzeit profitiert das Unternehmen von der vereinfachten Besteuerungsform.
Mit den Subventionen können Sie rechnen, sobald Sie ein russisches Unternehmen gründen. So macht es auch der Franzose Patrick Hoffmann: Eine russische Staatsbürgerschaft hat er nicht, aber seit zehn Jahren schon züchtet er in Russland Zuchtschweine und besitzt einen Hof in der Oblast Lipezk – „Otrada“ heißt sein Unternehmen.
„Wie jedes andere russische Unternehmen ist auch Otrada berechtigt, Zinssubventionen zu erhalten. Uns werden diese Subventionen seit zehn Jahren in Folge bezahlt“, sagt er gegenüber RBTH. „Und angesichts der Erfolge, die wir in der Schweinezucht erzielt haben, haben wir jüngst erst eine einmalige Subventionsspritze in Höhe von 3,3 Millionen Euro vom russischen Landwirtschaftsministerium erhalten.“
Welche Kredite erhalten Landwirte in Russland?
Die vom Staat bezuschussten Finanzierungen steigen in Russland: Im Jahr 2016 hätten kleine und mittelständische Unternehmen im Agrarsektor 9.200 Kredite in Höhe von knapp drei Milliarden Euro erhalten, im Vorjahr seien es 2,7 Milliarden Euro gewesen, hieß es auf RBTH-Anfrage bei Rosselchosbank. Das Geldhaus zählt zu den vier größten Banken des Landes und arbeitet mit dem russischen Landwirtschaftsministerium zusammen.
Die Bank bietet unter dem Titel „Werde Landwirt“ ein spezielles Finanzierungsprodukt an. Das Programm bietet einen maximalen Kreditbetrag von 15 Millionen Rubel, umgerechnet 215 000 Euro, mit einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren. Zudem bekommen die Unternehmen einen Teil ihrer Investitionsausgaben erstattet, wie die Bank erklärt.
Gibt es weitere Hürden?
Trotz des billigen Bodens bleibe die Infrastruktur in Russland unterentwickelt, betont Korogodina. Ein weiterer Minuspunkt ist der Fachkräftemangel: Qualifizierte und Fleißige Arbeitskräfte seien nicht zu finden.
Auch ein weiteres Problem besteht: „Einen Markt für lokale Agrarprodukte gibt es als solchen noch nicht, weil die Verbraucher den Unterschied zwischen heimischen und importierten Lebensmitteln noch nicht verstehen“, sagt Korogodina.
Auch die Bürokratie mache russischen Landwirten zu schaffen, findet Oira. „Sie stellen selbst nichts her, aber legen einem gerne Steine in den Weg“, sagt der Unternehmer. „Der Boden ist für sie eine Quelle der Bereicherung: Grundstücke kann man ja teuer verkaufen und zubauen.“
Und Justice Walker ist überzeugt: Wenn man in Russland etwas Eigenes auf die Beine stellen wolle, sollte man nicht auf die Unterstützung des Staates hoffen. Er selbst habe keine Zuschüsse, keine Subventionen bekommen, weil sie fast ausschließlich für Russen gedacht seien.
„Ein mittelgroßer Landwirt kann Lebensmittel zu einem Preis herstellen, der unwesentlich höher ist als der Supermarktpreis“, sagt Walker. „Die Produkte werden nachgefragt und haben einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz von großen Agrokonzernen. Wichtig ist nur, dass der Staat nicht stört.“
Dieser Artikel entstand mit Unterstützung von Maria Karnauch und Stanislaw Schachow. Er ist zuerst bei RBTH erschienen.