Putins widersprüchlicher Plan für die Wirtschaft

Putins widersprüchlicher Plan für die Wirtschaft

Vor der anstehenden Präsidentschaftswahl zeigt sich Amtsinhaber Wladimir Putin optimistisch in Hinblick auf die wirtschaftliche Zukunft Russlands und verspricht höhere Staatsausgaben in mehreren Sektoren. So soll laut des Nachrichtenportals RBC die Lebensqualität der russischen Bürger signifikant erhöht werden, jedoch ohne dabei an anderen Stellen, insbesondere in der Armee, Ausgaben zu kürzen.

Erhöhung des Wohlstands, mehr Ausgaben für Infrastruktur, den städtischen Raum, den Gesundheits- und Bildungssektor sowie Förderung der technologischen Entwicklung zählten zu den Themen des ersten Teils einer Wahlkampfrede von Wladimir Putin am 1. März 2018 in Moskau. So soll in der nächsten sechsjährigen Amtsperiode die Anzahl an russischen Bürgern unterhalb der Armutsgrenze halbiert werden und das BIP um beachtliche 5% pro Jahr zulegen. Diese Maßnahmen sind ehrgeizig und erfordern eine bedeutende Erhöhung der Staatsausgaben.

Der zweite Teil der Rede konzentrierte sich auf die Entwicklung der russischen Armee mithilfe von Investitionen in Raketensysteme, U-Boote, Laserwaffen und andere „zukunftsträchtige Verteidigungstechnologien“. Wenig überraschend: Nach Angaben des russischen Finanzministers Anton Siluanow soll der Verteidigungsetat nicht gesenkt werden, sondern gemeinsam mit dem Bruttoinlandsprodukt steigen. Die Militärausgaben machten 2017 etwa 17% des jährlichen Budgets aus, womit sich Russland bereits im globalen Spitzenfeld befindet.

Obwohl Putin in seinen Zugeständnissen, die staatliche Finanzierung in zahlreichen Bereichen zu erhöhen, offenbar keine Probleme erkennt, sei die Umsetzung aller Maßnahmen zu bezweifeln, erklärte Andrej Tschernjawskij, Wirtschaftsexperte an der Moskauer Higher School of Economics. Er unterstreicht, dass es unmöglich sei, mehr Ressourcen in die „Erhöhung des Lebensstandards“ und in die „Verbesserung der Infrastruktur“ zu investieren, gleichzeitig aber eine umfassende „Modernisierung des Militärs“ voranzubringen. Zudem könne eine erhöhte Aktivität des staatlichen Sektors langfristig den Mangel an privaten Investitionen nicht kompensieren.

Experten zweifeln an Umsetzung ohne Reformen

Eine merkbare Verbesserung der Lebensqualität gilt nichtsdestotrotz auch in Russland als realistische Zielsetzung. Dazu schlägt die russische Zentralbank einen finanzpolitischen Kurs vor, der eine Erhöhung der Ausgaben für produktive, langfristig lohnende Zwecke wie Bildung und Infrastruktur vorsieht. Zudem schlägt die russische Währungshüterin vor, Finanzmittel für nicht-produktive Zwecke (unter anderem Sicherheit, Militär und Verwaltung) zurückzufahren.

Denn um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu ermöglichen, sei ein aufgeblähtes Verteidigungsbudget keine optimale Ausgangslage, erklärt Alexandra Suslina von der russischen „Expertengruppe für Wirtschaft“, einer unabhängigen Denkfabrik. „Militärtechnologien dienen in der Regel als Impuls, nach dem die zivilen Technologien beginnen, sich zu entfalten. Bei uns [in Russland – Anm. d. Red.] ist das leider nicht so.“ Auch wenn Russland eine weitere Rakete entwickeln werde, blieben zahlreiche Dörfer nach wie vor ohne Gas- und Wasseranschluss.

Darüber hinaus müsse die Produktivität gesteigert werden und der Anteil der Investitionen am BIP erhöht werden, um die versprochene Erhöhung der Renten und andere soziale Ziele zu erreichen. Dies erklärte Jurij Gorlin, Experte der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst (RANEPA). Ihm zufolge muss Russland konsequenter gegen den informellen Sektor vorgehen. Durch Schwarzarbeit entgehen dem russischen Fiskus jährlich 7,2 Milliarden Euro, berichtete das Außenministerium. Rund 28 Milliarden Euro überweist der Staat jährlich an den Rentenfonds. Wie Putin gegen  Schwarzarbeit kämpfen will, bleibt jedoch weiterhin unklar.

Frage nach dem „Wie?“ bleibt ungeklärt

Laut Natalija Akindinowa, Leiterin des Zentrums für Entwicklung an der Moskauer Higher School of Economics, sollte die russische Regierung das Geschäftsklima und den Unternehmerschutz verbessern, um Investoren anzulocken. Dieses Ziel kann nicht mithilfe von Zurschaustellung der „militärischen Stärke“ erreicht werden, beklagte die Wirtschaftsexpertin. Diese wichtigen Themen seien jedoch Putins Ansprache überhaupt nicht angesprochen worden.

Skepsis gegenüber den ambitionierten Zielen äußerte auch Alexandra Suslina. Sie glaubt, dass die angekündigten, im Grunde positiven Pläne mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht umgesetzt werden. In der Ansprache sei den militärischen Ambitionen mehr Bedeutung als der Wirtschaft zugekommen und die Aussagen hätten vielmehr den Charakter von vorgefertigten Phrasen.

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Titelbild: Kremlin.ru
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