Ölpreiseinbruch: Urals ist nicht mehr teurer als Ende 2017

Preis für ein Barrel Urals fällt um ein Fünftel

Seit Oktober 2018 fällt der Preis für ein Barrel Urals kontinuierlich. Innerhalb von sechs Wochen verliert das Barrel mehr als ein Fünftel an Wert und liegt nun auf dem Preisniveau vom Vorjahr.

Überschüsse in Handels- und Leistungsbilanz steigen 2018 trotzdem kräftig

Nach seinem tiefen Einbruch in den Jahren 2014 bis 2016 erholte sich der Preis für russisches Urals-Öl bis Ende 2017 auf rund 64 Dollar/Barrel. Bis Anfang Oktober 2018 stieg er weiter auf rund 82 Dollar/Barrel. Dann fiel er in nur rund sechs Wochen bis Mitte November um rund ein Fünftel wieder auf das Niveau vom Jahresende 2017 zurück (Urals-Preis-Chart von Oilprice.com).

Likka Korhonen, Leiter des Forschungsinstituts der finnischen Zentralbank BOFIT, hat die Ölpreisentwicklung mit der Wechselkursentwicklung Rubel/US-Dollar seit Anfang 2015 verglichen. In den Jahren 2015 und 2016 waren Anstiege des Ölpreises noch von Aufwertungen des Rubels begleitet. Im laufenden Jahr wertete der Rubel gegenüber dem Dollar jedoch ab, obwohl der Ölpreis vom Frühjahr bis Anfang Oktober kräftig stieg.

Ölpreise und Wechselkurs
Quelle: Twitter-Meldung von Likka Korhonen vom 16.11.2018

Trotz des Einbruchs des Urals-Preises seit Anfang Oktober war er im Durchschnitt der ersten zehn Monate nach Mitteilung des russischen Finanzministeriums vom 01. November mit 71,55 Dollar/Barrel rund 40 Prozent höher als im entsprechenden Vorjahreszeitraum (51,15 Dollar/Barrel).

Anstieg der Ölpreise bis Oktober trieb Ausfuhrerlöse nach oben

Die kräftige Erholung der Ölpreise schlägt sich im Anstieg des Wertes der gesamten Warenexporte nieder. BOFIT hat dazu folgende Abbildung veröffentlicht. Sie zeigt die wertmäßige Entwicklung der Exporte und der Importe als Summe der jeweils letzten zwölf Monatswerte in Milliarden Dollar. Saisonal bedingte Schwankungen der Monatswerte der Exporte und Importe werden so ausgeblendet.

Russlands Warenhandel und der real effektive Wechselkurs des Rubels

Quelle: BOFIT (Bank of Finland): As the ruble weakens, Russian import spending growth lags export earnings growth; 16.11.2018; Twitter-Meldung

Erkennbar ist:

  • Der Wert der Exporte (blaue Linie) ist seit Ende 2016 kontinuierlich gestiegen.
  • Der Anstieg des Wertes der Importe (rote Linie) setzte sich seit dem Frühjahr 2018 hingegen nicht mehr fort.
  • Die Differenz von Exporten und Importen, der Handelsbilanzüberschuss, hat sich vergrößert.

Warenimporte sanken zuletzt im Vorjahresvergleich

Wie unterschiedlich sich die Ausfuhren und Einfuhren seit dem Frühjahr 2018 entwickelten, macht die folgende Abbildung der Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahresmonat besonders deutlich. Likka Korhonen twitterte sie. Während die Zuwachsrate der Exporte im Trend auf die 30-Prozent-Marke stieg, sank die Veränderungsrate der Importe fast kontinuierlich und war zuletzt negativ.

Russian Merchandise Trade
Quelle: Twitter-Meldung  von Likka Korhonen; 15.11.2018:

Für das dritte Quartal ergaben sich so folgende Veränderungsraten: Die russischen Warenexporte waren 30,4 Prozent höher als im dritten Quartal 2017. Der Wert der Importe unterschritt hingegen das Vorjahresniveau um 1,9 Prozent.

Sanktionen und ihre Androhung drückten den Rubelkurs und die Importe

Das Forschungsinstitut BOFIT verweist als Grund für die gegensätzliche Entwicklung von Aus- und Einfuhren im Verlauf des Jahres 2018 auf die Wechselkursentwicklung.

Die Wechselkursstatistik der Zentralbank zeigt: Im Jahresvergleich 2017 gegenüber 2016 führten die steigenden Ölpreise zu einer nominalen Aufwertung des Rubels gegenüber einem Korb von Währungen um 15,5 Prozent. Das verbilligte die Einfuhr von Waren aus dem Ausland und ließ sie wachsen. Im Vergleich September 2018 gegenüber Dezember 2017 hat der Rubel gegenüber einem Korb von Währungen jedoch um rund 9 Prozent abgewertet.

Wichtigster Grund dafür sind, so BOFIT, die Sanktionen der USA. Die Abwertung des Rubels verteuerte die Importe. Das dämpfte die Nachfrage nach Einfuhren.

Gestiegene Energiepreise lassen Anteil der Energieexporte merklich wachsen

Zur Entwicklung der Exporte von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas in den ersten drei Quartalen hat die russische Zentralbank am 09. Oktober eine erste Schätzung veröffentlicht. Bei einem rund 40 Prozent höheren Urals-Preis war der Wert der Exporte von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas in den ersten neun Monaten um rund 35 Prozent höher als vor einem Jahr. Der Wert der sonstigen Exporte wuchs nur etwa halb so stark. Der Anteil von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas an den gesamten Exporten erhöhte sich auf 59,8 Prozent (1. bis 3. Quartal 2017: 56,5 Prozent).

Russlands Warenexport: Energieanteil steigt wieder

 1.-3. Quartal 20171.-3. Quartal 2018
Mrd. $ Mrd. $% ggü. 1.-3. Quartal 2017
Erdöl68,393,6+37,0
Mineralölprodukte44,258,1+31,4
Erdgas insgesamt29,239,6+35,6
- Pipeline-Exporte26,935,4+31,6
- LNG-Exporte2,34,2+82,6
Erdöl, Produkte, Erdgas insgesamt141,7191,3+35,0
Sonstige Exporte109,3128,7+17,7
Export insgesamt251,0320,1+27,5
Anteil von Öl und Gas am Export in %56,559,8

Quelle: Russische Zentralbank: External Sector Statistics; Balance of Payments of the Russian Federation for January-September of 2018, Schätzung vom 09.10.2018

Nach der Express-Information vom 08. November der russischen Zollstatistik, die auch weitere Energieexporte umfasst (zum Beispiel Kohle), ist der Anteil der Exporte von Brennstoffen und Energie an den gesamten Warenexporten in den ersten drei Quartalen auf 64,6 Prozent gestiegen (1.-3. Quartal 2017: 61,0 Prozent). Der Wert der Brennstoff- und Energieexporte wuchs weitgehend preisbedingt um 35,4 Prozent. Mengenmäßig stiegen sie um 4,6 Prozent.

Das russische Wirtschaftsministerium hat die quartalsweise Entwicklung des Urals-Ölpreises und der Exporte von Erdöl, Mineralölprodukten und Erdgas seit 2015 in seinem Oktober-Monatsbericht „Bild der Wirtschaft“ in folgender Abbildung dargestellt.

Bild der Wirtschaft Oktober 2018
Quelle: Wirtschaftsministerium: Bild der Wirtschaft – Oktober 2018; S. 13; 09.11.2018

Die jährliche Entwicklung der Energieausfuhren und der gesamten Warenexporte von 2011 bis 2017 zeigt die folgende Abbildung aus dem Jahrbuch 2017 der russischen Zentralbank zur Entwicklung der russischen Leistungsbilanz. 2017 begann die Erholung des Wertes der Warenexporte. Mit dem Ölpreiseinbruch von 2014 bis 2016 hatten sie sich fast halbiert.

Merchandise Exports in 2011-2017
Quelle: Russische Zentralbank: 2017 Balance of Payments, International Investment Position and External Debt of the Russian Federation; Seite 7; 2018

Zentralbank: 2018 steigen die Warenexporte erneut um rund ein Viertel

Ende Oktober veröffentlichte die russische Zentralbank ihre jährlich fortgeschriebenen „Leitlinien für die Geldpolitik“. Sie enthalten auch aktualisierte Tabellen zu den Szenarien der Zentralbank für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der Handels- und Leistungsbilanz.

Die Zentralbank geht in ihrem Basisszenario jetzt davon aus, dass der Urals-Ölpreis im laufenden Jahr um rund 36 Prozent höher ist als im Vorjahr und auf 72 Dollar/Barrel steigt (2017: 53 Dollar/Barrel).

Die russische Warenausfuhr dürfte nach den Erwartungen der Zentralbank bei diesem Ölpreis 2018 um rund 25 Prozent auf 444 Milliarden Dollar zunehmen. Der Wert der Wareneinfuhr wird voraussichtlich hingegen nur um 5 bis 6 Prozent auf 251 Milliarden Dollar zunehmen.

Zentralbank-Prognose:
Russlands Handels- und Leistungsbilanz 2018

 20172018
Zentralbank-Prognose
Mrd. $Mrd. $% ggü. 2017
Warenausfuhr354444+ 25,4
Wareneinfuhr238251+ 5,5
Handelsbilanzüberschuss 115 193 + 67,8
% vom BIP7,3
Leistungsbilanzüberschuss 33111 + 236,4
% vom BIP2,1
BIP, Mrd. US-Dollar1.579

Quelle: Russische Zentralbank: External Sector Statistics; Balance of Payments of the Russian Federation for January-September of 2018, Schätzung vom 09.10.2018

Überschüsse in der Handels- und Leistungsbilanz steigen 2018 kräftig

Der Überschuss in der Handelsbilanz dürfte laut Zentralbank 2018 um gut zwei Drittel auf 193 Milliarden Dollar steigen (2017: 115 Milliarden Dollar).

Der Überschuss in der Leistungsbilanz wird sich nach ihrer Einschätzung voraussichtlich sogar mehr als verdreifachen und von 33 Milliarden Dollar auf 111 Milliarden Dollar steigen.

Nach dem Einbruch des Urals-Ölpreises seit Anfang Oktober auf rund 65 Dollar/Barrel ist allerdings fraglich, ob der Ölpreis wie von der Zentralbank angenommen nicht nur in den ersten 10 Monaten, sondern auch im gesamten Jahr auf rund 72 Dollar/Barrel steigt.

Quellen und Lesetipps:

Titelbild
[toggle title=”Fotoquelle” open=”yes”]Titelbild: Zbynek Burival / unsplash.com