Kommunale Signale: Deutsch-Russischer Austausch in Kaluga

16. Deutsch-Russische Städtepartnerkonferenz in Kaluga

Auf dem Tiefpunkt der Beziehungen angelangt, diplomatische Krise und keine Gespräche miteinander – so sehen aktuell die deutsch-russischen Beziehungen aus – oder? Die Zivilgesellschaft bewies in den letzten Tagen das Gegenteil: auf der Deutsch-Russischen Städtepartnerkonferenz in Kaluga zeigte sich das deutsch-russische Verhältnis von einer außerordentlich guten Seite. 

Wieder einmal erschwert durch Corona und Reisebeschränkungen, aber trotzdem ein voller Erfolg. Der Ausrichter der Städtepartnerschaftskonferenz, das Deutsch-Russische Forum, zeigte sich begeistert von der Veranstaltung, die in Kaluga zum 16. Mal stattfand.

An drei Tagen trafen sich vom 28. Bis zum 30. Juni mehr als 350 Vertreter aus deutschen und russischen Kommunen und Städten in der Gastgeberstadt Kaluga, der diesjährige Titel des Städtetreffens: „Kommunale und Regionale Verbindungen stärken – Horizonte erweitern“. Gestärkte Verbindungen und erweiterte Horizonte versprach auch das Programm: in Plenarsitzungen und Arbeitsgruppen arbeiteten die Teilnehmer zu Themen wie einem intensiveren Austausch im Gesundheitswesen, stärkerer wirtschaftlicher Kooperation oder auch gemeinsamen Tandemprogrammen in der beruflichen Ausbildung. Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei, der Rahmen lässt es vermuten, auf der kommunalen Zusammenarbeit, die von Bürgerinnen und Bürgern in beiden Ländern vorangetrieben wird.

Der vielleicht am dringlichsten geäußerten Wunsch der Teilnehmenden an die Politik: Visaerleichterungen! Den äußerten auch die Jugendlichen, welche an der parallel laufenden Konferenz des Deutsch-Russischen Jugendforums teilnahmen. Aus der Zivilgesellschaft ist schon länger der Wunsch zu vernehmen nach mehr deutsch-russischer Zusammenarbeit auf allen Ebenen.  Die politisch festgefahrenen Beziehungen begleitend, und allen voran vom Deutsch-Russischen Forum gefordert, besteht der zentrale und dringliche Wunsch, keinen Beziehungsabbruch zwischen den Menschen herbeizuführen. Die Städtepartnerschaftskonferenz in Kaluga zeigte nun, dass auf staatlicher Ebene auch der kommunalen Zusammenarbeit verstärkt Gehör geschenkt wird – oder dass dies zumindest ein neues Ziel der deutschen Regierung ist.

Kommunal statt National

In einer Videogrußbotschaft sagte Deutschlands Außenminister Heiko Maas dazu: „Aus meiner Sicht ist die Antwort auf die Turbulenzen in unseren Beziehungen nicht weniger, sondern mehr Dialog zwischen Deutschland und Russland.“ Dies bedeute, einen offenen Austausch zuzulassen, insbesondere zwischen den Zivilgesellschaften. So gebe es bereits mehr als 100 Partnerschaften zwischen Städten in Deutschland und Russland.

Etwas deutlicher formulierte es der deutschen Botschafter in Moskau, Géza Andreas von Geyr. In der Podiumsdiskussion zum Veranstaltungsauftakt bezeichnete der Diplomat es als „kostbar“, dass heute die Menschen in Deutschland und Russland wieder einander zugewandt seien. Außerdem „schreie“ nicht nur die Pandemie nach gemeinsamem Handeln, auch Klimaschutz, neue Energien und gerade der Jugendaustausch seien wichtige Bereiche für die zukünftigen Beziehungen. Und dies lässt sich – ungeachtet internationaler Widrigkeiten – auch gut auf kommunaler Ebene realisieren. Matthias Platzeck, Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, betonte den Stellenwert der deutsch-russischen Städtepartnerschaften: In Zeiten, in denen es auf der politischen Ebene schwierig wird, können die Beziehungen zwischen Städten und Gemeinden über manche Hindernisse hinweghelfen. Kommunale und regionale Partnerschaften sind Botschafter der Verständigung”.

Die Botschaften von Politikern und Personen des öffentlichen Lebens haben Tragweite. Doch auch die Teilnehmer der Konferenz sprachen sich für einen Ausbau der kommunalen und Städtebeziehungen aus. Neben kommunalen Vertretern waren unter Ihnen auch Wirtschaftsvertreter und Unternehmer. „Einen großen Dank an das Deutsch-Russische Forum für die Organisation – und dafür, dass die Veranstaltung nicht abgesagt wurde“ sagte Philipp Rowe, deutscher Geschäftsmann in Moskau und langjähriges Mitglied beim Deutsch-Russischen Forum. Der Unternehmensberater nahm über drei Tage an vielen Veranstaltungen teil und ist sich sicher: „Das was das Forum macht, ist was wir derzeit wirklich brauchen. Und jeder kann dazu seinen Beitrag leisten – zum Beispiel mit einer Mitgliedschaft.“ Rowe plädiert für eine breite Beteiligung: „Letztendlich kommt aus diesen Organisationen und Netzwerken so viel raus, wie man selbst bereit ist da reinzustecken und zu investieren. Ich kann es in den heutigen Zeiten nur wärmstens empfehlen.“.

Auch wenn es auf bilateraler Ebene schwierig ist, zwischen deutschen und russischen Städten gibt es regen Austausch. Ein gemeinsames Signal: die Grundlage der deutsch-russischen Beziehungen bildet letztendlich die Zivilgesellschaft.