Firmengründung in Russland: „OOO“ – Die russische GmbH Teil 1 von 2

Firmengründung in Russland: „OOO“ – Die russische GmbH Teil 1 von 2

Wer ins Russlandgeschäft einsteigen will, muss sich Gedanken darüber machen, wie er mit seinem Unternehmen am russischen Markt präsent werden will. Die Möglichkeiten sind recht vielfältig, weisen aber wichtige Unterschiede auf.

Eine ausländische Firma ist berechtigt, eine Repräsentanz zu eröffnen. Die Repräsentanz darf allerdings nicht kommerziell tätig werden und muss sich daher meistens auf Marketing oder Marktanalyse für das Unternehmen beschränken. Die Filiale dagegen bietet darüber hinaus auch die Möglichkeit, am Geschäftsleben teilzunehmen. Allerdings fehlt ihr die eigenständige Rechtspersönlichkeit. Alle Handlungen der Filiale werden also stellvertretend für die juristische Person ausgeübt, welche die Filiale gegründet hat. Daraus ergibt sich aber auch, dass die ausländische juristische Person für die Filiale in vollem Umfang haftet. Der russischen Aktiengesellschaft kommt praktische Bedeutung nur für große ausländische Unternehmen zu. Fast 85% der Markteinsteiger in Russland entscheiden sich hingegen für die Gründung einer „OOO“ – einer russischen GmbH Form. Und das aus gutem Grund.

Warum eine Firmengründung als „OOO“

Das Russlandgeschäft über eine „OOO“ – also eine russische GmbH – zu betreiben bietet viele Vorteile. Einer der Hauptgründe, warum sich diese Gesellschaftsform auch bei ausländischen Unternehmen größter Beliebtheit erfreut, ist natürlich die Haftungsbeschränkung. Wie auch bei der deutschen oder österreichischen GmbH haften die Gesellschafter nur mit ihren Einlagen für Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Das Mindeststammkapital liegt allerdings bei der „OOO“ mit 10.000 Rubel  weit unter dem Mindeststammkapital der GmbH von 25.000€ in Deutschland bzw. 35.000€ in Österreich (Herabsetzung neuerdings möglich). Anders als die Filiale oder Repräsentanz, darf die „OOO“ uneingeschränkt kommerziell tätig werden und wie die GmbH jeder erlaubten Tätigkeit nachgehen.

Die Gründung der „OOO“

Die „OOO“ gilt als gegründet, sobald sie ins staatliche Register juristischer Personen (Pendant zum österr. Firmenbuch und dt. Handelsregister) eingetragen wurde. Zwar wird die GmbH auch erst mit der Eintragung offiziell gegründet, jedoch gehen sowohl das österreichische als auch das deutsche Recht mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages bereits von einer Vor-GmbH aus. Eine solche ist dem russischen Recht unbekannt. Daher hat für die Gesellschaftsgründung einzig die Eintragung Bedeutung.

Vom Gründungsbeschluss zur Eintragung ins staatliche Register

Bevor eine „OOO“ ins staatliche Register juristischer Personen eingetragen werden kann, sind noch einige Schritte bei der Firmengründung zu beachten. Zunächst wird der Beschluss zur Gesellschaftsgründung einstimmig gefasst. Dieser muss Informationen wie z.B. den Firmennamen oder die Höhe des Stammkapitals enthalten. Die vorgeschriebenen Informationen können durch zusätzliche nicht geforderte, aber von den Gesellschaftern gewünschte Informationen ergänzt werden.

Eine ausländische juristische Person, die alleiniger Gesellschafter einer „OOO“ ist, muss selbst mehr als einen Gesellschafter aufweisen. (Das sogenannte Enkelverbot).

Wird die „OOO“ von mehreren Gesellschaftern gegründet, ist ein Gründungsvertrag abzuschließen. Dieser hat zwar gewisse Ähnlichkeiten zum deutschen/österreichischen Gesellschaftervertrag, ist aber im Gegensatz zu diesemverpflichtend aufzusetzen. Er unterliegt allerdings keinen Formerfordernissen (z.B. Notariatsaktform). Dennoch ist der Inhalt des Gründungsvertrages vorgegeben. Folgende Punkte müssen behandelt werden:

  • Die Namen der Gesellschafter
  • Die Höhe des Satzungskapitals
  • Die Höhe der Gesellschafteranteile
  • Der Nominalwert der Gesellschafteranteile
  • Die Höhe der Einlagen in das Stammkapital, sowie in welcher Art sie geleistet werden
  • Wann und wie die Einzahlung der Einlagen erfolgt

Als Gründungsdokument einer „OOO“ gilt seit der Reform 2009 nur noch die Satzung. Sie muss bestimmte Informationen unbedingt enthalten. Dabei handelt es sich unter anderem um Name und Tätigkeitsfelder der „OOO“ sowie den Sitz (Ortsangabe) des Unternehmens. Der Sitz muss also schon vor der Registrierung angegeben werden. Nicht ratsam ist es eine reine Briefkastenfirma als juristische Adresse anzugeben da der Generaldirektor oder der Hauptbuchhalter der Firma unter der Adresse für die russischen Behörden erreichbar sein muss.

Die Bestandteile der Satzung im Einzelnen sind:

  • Name der „OOO“
  • Ort des Sitzes der “OOO”
  • Höhe des Satzungskapitals
  • Kompetenzen und Pflichten der Organe
  • Abstimmungsverfahren und Regelung über erforderliche Mehrheiten
  • Rechte und Pflichten der Gesellschafter
  • Regeln zur Anteilsübertragung
  • Lagerung von Gesellschaftsunterlagen und Einsichtsrechte
  • Amtszeit des Generaldirektors
  • Regelung von Umstrukturierung oder Abwicklung

Informationen über die Gesellschaftsanteile (Höhe und Nominalwert) werden seit 2009 nicht mehr in der Satzung niedergeschrieben. Für sie muss ein eigenes Dokument, die Gesellschafterliste, von der Gesellschaft selbst erstellt und auf aktuellem Stand gehalten werden.

Seit den letzten Gesetzesänderungen darf und muss das Stammkapital erst nach der Registrierung und den Kontoeröffnungen eingezahlt werden. Die Frist zur Einzahlung beträgt vier Monate nach der Registrierung. Diese Frist kann durch Satzung verkürzt werden.

Ein spezielles Problem für ausländische Firmengründungen in Russland stellt die gesellschaftsrechtliche Henne – Ei – Diskussion dar, welche für ausländische Firmengründungen obligatorisch anfällt. „Was war zuerst da? Der Generaldirektor oder die Firma?“ – Nach russischem Recht benötigt man bereits einen Generaldirektor, um die „OOO“ eintragen lassen zu können. Soll ein Ausländer diesen Posten übernehmen, braucht er eine Arbeitserlaubnis. Die Arbeitserlaubnis muss von der neuen Gesellschaft beantragt werden, welche jedoch ohne Generaldirektor nicht gegründet werden kann. Um nicht in eine philosophische Diskussion abzuschweifen: Die gängige Lösung dieses Problems ist die Bestellung eines Interimdirektors. Dabei übernimmt zum Beispiel ein Anwalt mit russischer Staatsbürgerschaft die Position des Generaldirektors auf dem Papier, bis die Firmengründung vollendet ist und nach ausgestellter Arbeitserlaubnis der Geschäftsführerwechsel eingeleitet wird.

Nach den letzten Gesetzesänderungen, die am 01. September 2014 in Kraft getreten sind, ist es nun möglich zwei Geschäftsführer einsetzen zu lassen. Damit findet auch ein Vier-Augen-Prinzip in Russland Anwendung.

Die Eintragung ins staatliche Register juristischer Personen erfolgt schließlich durch die zuständige Steuerbehörde innerhalb von kürzester Zeit. Im Vorfeld sollte man sicher sein, dass alle Schritte erledigt sind und alle notwendigen Dokumente vorhanden sind. Fehlt ein Dokument bei der Einreichung des Antrags, wird dieser meistens grundlos abgelehnt. Es ist zu empfehlen, die Gründungsdokumente danach persönlich oder durch einen Stellvertreter abzuholen, da es ansonsten passieren kann, dass diese in den Untiefen des russischen Postweges verloren gehen.

Hier geht es weiter zu Teil 2 von “OOO – die russische GmbH”.

Titelbild
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